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(0) Ungarn 1956/2006

Zum Schwerpunkt dieses Hefts gehören nicht nur die hier versammelten Beiträge, sondern auch die Kommentare zur Aussen-, Innen- und Wirtschaftspolitik weiter vorne. Dort wie in den Artikeln am Ende dieses Dossiers geht es um «Ungarn 2006» – um objektive Verhältnisse und subjektive Befindlichkeiten eines Landes, das seit 1989 viele Facetten europäischer Normalität zurückgewonnen hat, gleichzeitig […]

Zum Schwerpunkt dieses Hefts gehören nicht nur die hier versammelten Beiträge, sondern auch die Kommentare zur Aussen-, Innen- und Wirtschaftspolitik weiter vorne. Dort wie in den Artikeln am Ende dieses Dossiers geht es um «Ungarn 2006» – um objektive Verhältnisse und subjektive Befindlichkeiten eines Landes, das seit 1989 viele Facetten europäischer Normalität zurückgewonnen hat, gleichzeitig aber unglücklich gefangen bleibt in der eigenen, schwierigen Geschichte. Deren dunkelste Stunde ist noch immer schmerzhaft präsent: Trianon, 1920. Im Rahmen eines als Diktat empfundenen und traumatisch erlebten Vertrags büsste Ungarn rund zwei Drittel seines Territoriums und über die Hälfte seiner rund 20 Millionen Einwohner ein. Ungefähr drei Millionen Magyaren blieben – fortan als Minderheiten – jenseits der neuen Grenzen. Die Folgen dieser «Verstümmelung» machen der Nation bis heute zu schaffen. Umgekehrt eröffnet die Mitgliedschaft in der Europäischen Union gerade in dieser Hinsicht neue und gute Perspektiven.

Erstes Anliegen unseres Dossiers ist indessen, mit dem hilfreichen Abstand eines halben Jahrhunderts an «Ungarn 1956» zu erinnern – an einen grossen, gescheiterten Volksaufstand, an seine Bedingungen, seinen Verlauf, seine wichtigsten Folgen. Und daran, was er in der Schweiz auslöste. Dass die einmalige Welle der Solidarität und Hilfsbereitschaft, dass eine eigentliche Ungarn-Begeisterung damals zumindest in Teilen auf einem Missverständnis beruhte, wird man als Ironie der Geschichte bezeichnen dürfen. In der Schweiz wurde der Aufstand auch und gerade als antikommunistische Erhebung wahrgenommen und als solche moralisch nach Kräften unterstützt, während es den allermeisten Aufständischen in Wirklichkeit und zumindest am Anfang nicht darum ging, den Kommunismus zugunsten des Kapitalismus abzuschaffen, sondern ersteren unter sozialen, nationalen und demokratischen Vorzeichen zu reformieren. Auf einer anderen Ebene aber traf Schweizer Wahrnehmung und Sympathie (im Wortsinn) wohl doch den Kern dessen, was in Ungarn vor sich ging. Dort nämlich, wo ein in der Volksseele tief verankerter Freiheitsmythos – das Aufbegehren gegen Fremdbestimmung – ein leuchtendes Beispiel in der Gegenwart fand.

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(6) Solidarität und Ausgrenzung – die Ungarnhilfe

Die Solidarität der Schweizer Bevölkerung mit den ungarischen «Freiheitskämpfern» war gross: es gab eine Spendenwelle bisher unerreichten Ausmasses, unzählige Sympathiekundgebungen und politische Appelle. Nach der gewaltsamen Niederschlagung des Aufstandes durch die sowjetische Armee entlud sich die Wut der Menschen vereinzelt gegen die Kommunisten, die «Russen» im eigenen Land.

(5) Um elf Uhr forderten wir die Einführung der Demokratie

12 Tage Aufstand, erst Hoffnung und Euphorie, dann der Einmarsch der Sowjets, schliesslich die Flucht nach Österreich, Aufnahme als politische Flüchtlinge in der Schweiz. Ausbildung, Heirat, Einbürgerung, Berufs- und Familienleben. Eszter Berger-Bone und Mátyás Gödrös, beide1956 in die Schweiz geflohen, sowie Béla Batthyány, ein Sohn der Flüchtlingsgeneration, erzählen von der Zeit zwischen 1956 und 2006.

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