«Umdenken ist das Gebot der Stunde»
Dringliche Warnung: Gemeinsam mit dem Historiker Gregor Schöllgen legt der deutsche Altbundeskanzler Gerhard Schröder eine geopolitische Auslegeordnung vor.
«Der Westen hatte seine Zeit. Sie war gut. Sie war politisch erfolgreich. Aber sie ist vorbei.»
Das schreibt der deutsche Altbundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) gemeinsam mit seinem Biografen, dem Historiker Gregor Schöllgen, im neuen Buch «Letzte Chance: Warum wir jetzt eine neue Weltordnung brauchen».
Das Buch befasst sich mit dem sinkenden Einfluss Europas und Nordamerikas, der EU und der Nato, auf der Bühne der Weltpolitik. Der Westen habe jetzt eine letzte Chance, sich neu auszurichten. Sonst falle er vollends in die Bedeutungslosigkeit.
Schröder und Schöllgen plädieren für eine europäische Armee mit eigenen Ressourcen. Und sie fordern eine Vergemeinschaftung der Schulden innerhalb der EU, was eine Neuformulierung des gesamten Vertragswerks nötig mache. Natürlich sei dies mit grossen Risiken verbunden. «Aber wer das scheut, sollte sich erst gar nicht an den Neubau Europas machen.»
Europa habe letztlich keine Wahl. «Wenn es nicht unwiderruflich scheitern will, müssen einige Staaten, darunter zwingend die Wirtschaftsmacht Deutschland und die Nuklearmacht Frankreich, zur Tat schreiten.»
Dabei warnen die Autoren vor Überheblichkeit. Das gelte im Verhältnis zu Russland und zur Türkei, für die Staaten der südlichen Halbkugel und nicht zuletzt auch in bezug auf China, das in einer Kapitelüberschrift treffenderweise als «Dynamik pur» beschrieben wird.
Das 242seitige Buch versucht, die Entwicklungen an verschiedenen Enden des Globus mit der Zukunft Europas in Verbindung zu setzen. Schröder, der oft als Putin-Versteher kritisiert wurde, zeigt im Buch eindringlich auf, dass die Vorherrschaft des Westens keineswegs selbstverständlich ist. (dj)