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Thomas Sevcik, zvg

The End of…
Staatsarmee

Manche Überlegungen lassen das Herz eines jeden Liberalen und Libertären höherschlagen: so etwa die Privatisierung der Verteidigung. Die riesigen Diskussionen um Kampfjets oder den Frauenanteil in der Schweizer Armee oder die Materialqualität bei der Deutschen Bundeswehr zeigen, dass eine Privatisierung der Verteidigung klare Vorteile haben könnte – wie dazumal bei der Telefonie oder der kommerziellen Fliegerei.

Genaugenommen handelt es sich bei der militärischen Verteidigung um eine Art gigantische Versicherung gegen Kriegsniederlage und Unterjochung. Gleichzeitig gibt es viele kleine, tägliche Verteidigungsaufgaben wie Luftpolizei, Cyberabwehr, Sicherung von vulnerablen Personen oder Gebäuden sowie Katastrophenhilfe.

Diese Versicherung könnte zusammen mit einem ­klaren Anforderungskatalog analog einer Long-Tail-Investmentstrategie* konstruiert werden. Ein nach ­einer weltweiten Ausschreibung siegreicher privater Anbieter bekommt eine jährliche Zahlung einerseits für Alltagsaufgaben, andererseits für eine Verteidigungsleistung im Krisenfall. Die Zahlung wird teils für Alltagskosten verwendet, teils in ein Long-Tail-Vehikel investiert. Im Krisenfall erzeugt dieses eine extreme Rendite – das viele Geld wird dann für die laufenden (hohen) Verteidigungs­ausgaben in eben jener Krise verwendet. Ein gigantischer, aktiver Special-­Situations-Hedgefund, sozusagen.

Der Clou dabei: Der Staat hat Kostensicherheit, während der Anbieter als Totalunternehmer nicht nur ein potentiell grosses finanzielles Upside hat, sondern eben komplett frei entscheiden kann, wie er die Verteidigung organisiert. Wetten, dass dann sinnvolle Jets und Informatiksysteme beschafft werden? Wetten, dass dann etwa der Anteil von Soldaten und Soldatinnen näher bei 50:50 liegen wird? Marktwirtschaft erledigt automatisch die kulturtraditionellen oder organisationskomplexen Probleme von Theoriearmeen wie jene der Schweiz.

Eine offene Frage bleibt allerdings: Was passiert, wenn der Anbieter in guter Hedgefund-Manier hintenrum aktiv eine Verteidigungskrise für die Schweiz oder Deutschland schafft, indem er Österreich einen Teil der Long-Tail-Rendite verspricht? Perfides Austria. Darauf habe ich keine Antwort.


* Long-Tail-Investmentstrategien sind konträre Investments in ­Assets, die im Normalfall leicht verlieren, in einem Katastrophenfall (Kriege, Konflikte, Finanzkrisen oder ­andere «Black Swans») jedoch massiv an Wert gewinnen und riesige Renditen liefern.

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