The End of…
Prinzipien
Prinzipien können auf zweierlei Arten verletzt werden: notwendigerweise oder fahrlässigerweise. In beiden Fällen wird stets argumentiert mit besonderen Situationen, die pragmatisches Handeln entgegen eigenen Prinzipien notwendig machten. Hier die in den letzten Jahren aufgekommenen, populären Varianten des Prinzipienverrats:
LINO (Liberals in Name only) sind Liberale, die in Parlamenten immer wieder für Subventionen stimmen, so wie in der Schweiz bei Tourismusförderung oder Landwirtschaft. Die Begründung ist immer, dass dies eine wirkliche Ausnahme sei, eigentlich sei man generell dagegen. Merkwürdigerweise ist bei LINOs immer gerade Ausnahme.
LIPE (linke Perfide) sind Linke, die asymmetrische Moralstandards haben. Beispiel: Linker Filz und Korruption in den Städten werden als «ungeschickt» oder «nicht so gut» bezeichnet, während Schmutzeleien von einzelnen Unternehmen als Beweis der perversen Systemlogik des Kapitalismus gebrandmarkt werden. Eigene, gutverdienende Klientel in grossen, billigen Sozialwohnungen? «Das sind blöde Einzelfälle, das muss man nicht gross aufbauschen», so ein Originalkommentar.
K-HEU (konservative Heuchler): Christliche Politiker propagieren die Familie als Idealmodell – und werden oft mit unehelichen Kindern erwischt (Darbellay, Seehofer). Der italienische Philosoph Maurizio Ferraris hat sich zu Recht darüber gewundert, dass die christdemokratischen Regierungen in den 1980er-Jahren das (kernkonservative) Sublime durch Pornoprivatsender und Affirmation von Gewaltvisualisierungen ersetzt haben.
NAKO (nationalkonservative Opportunisten): Autarkieprediger, die selber globale Geschäfte machen und Pässe von Karibikinseln besitzen. Dazu gehören die Rechtsaussenaufwiegler, die an Eliteunis studiert haben und sich als erste impfen lassen, und die Nein-zu-allem-Sager, die in von Ausgleichszahlungen und Staatsprojekten finanzierten, «freien» Landstrichen wohnen.
Heuchelei, Relativismus und Prinzipienverrat überall. Ist es einfach das Erfolgsmodell des Westens?