Wir Menschenfreunde
Über Philanthropie im Zeitalter des Rechts- und Sozialstaats
«Seit der Jahrtausendwende erlebt das Schweizer Stiftungswesen eine historisch einmalige Dynamisierung. Immer mehr Menschen spüren: Geben macht glücklich. Klar ist aber auch: bei unbedachtem oder unbedarftem Vorgehen bleiben Philanthropinnen und Philanthropen nicht nur ohne Wirkung, sondern können sogar Schaden anrichten.» Thomas Sprecher, Stiftungsratspräsident der Fondation des Fondateurs
Auf den ersten Blick sind es grossartige Zeiten für die Zivilgesellschaft: Zwar stiften und spenden in der Schweiz seit der Jahrtausendwende immer mehr Menschen für gemeinnützige Zwecke – die jeweiligen Philanthropinnen und Philanthropen sehen sich aber auch immer öfter Vorurteilen und öffentlicher Kritik ausgesetzt, die das jeweilige Engagement als Ausdruck leistungsloser Privilegien diffamieren, eine hidden agenda im Eigeninteresse der Geber vermuten oder sogar vorschlagen, freiwilliges Engagement weitgehend durch staatliches Engagement zu ersetzen, da dieses immerhin «demokratisch legitimiert» sei.
Der Kulturkampf um die Philanthropie ist so alt wie die Menschenfreundlichkeit selbst, mit dem Ausbau staatlicher Vorsorge- und Sicherungssysteme in den letzten 100 Jahren entstand allerdings eine Art Legitimationszwang, dem sich Stifterinnen und Stifter heute ebenso ausgesetzt sehen wie öffentliche Einrichtungen. Nicht selten stehen sich die verschiedenen Akteure bei der Bewältigung dessen selbst im Weg, etwa wenn es darum geht, die eigene Rolle richtig zu definieren, zum richtigen Zeitpunkt «Nein» zu sagen, oder zu lange zu zaudern, wenn erkannte Synergien genutzt werden könnten, dafür aber die eigene Autonomie auf dem Spiel steht.
Wie reagiert man also als Geber richtig, wenn der Handlungsbedarf gross, der Spielraum eher klein ist? Wo wären Reformen im Stiftungswesen tatsächlich angezeigt? Muss auch die Philanthropie effizienter werden? Und wenn ja: wie gelingt das? Auf den folgenden Seiten lesen Sie Antworten zu obigen Fragen, die die Fallstricke des Gebens im Alltag ebenso thematisieren wie den Reformstau im Philanthropiebereich – und vieles dazwischen.
Die Redaktion
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