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(5) Stiftungen in Liechtenstein

Auch die liechtensteinischen Stiftungen haben zum Ziel, einen dem Stiftungszweck entsprechenden Einsatz finanzieller Mittel dauerhaft zu gewährleisten. Durch den Willen des Stifters werden private und gemeinnützige Anliegen vielfältig verknüpft; der Staat wird dadurch unterstützt, aber auch entlastet.

Das liberale Stiftungsrecht in Liechtenstein ermöglicht verschiedenste Stiftungstypen, beispielsweise die öffentlich-rechtliche Stiftung, die kirchliche Stiftung, die reine Familienstiftung, die gemischte Familienstiftung, die Unternehmensstiftung und die Personalfürsorgestiftung. Über 9 Milliarden Schweizer Franken, die von den liechtensteinischen Banken verwaltet werden, sind reinen oder gemischten Familienstiftungen zuzuordnen. Rund eine Milliarde Franken wird von etwa 6 als gemeinnützig deklarierten Stiftungen gehalten, von denen aber nur wenige auch den steuerlichen Status einer «Gemeinnützigen Stiftung» geniessen. Da die meisten Stiftungen in Liechtenstein ohnehin steuerlich privilegiert sind, ergeben sich durch die Steuerbefreiung allerdings nur wenige zusätzliche Vorteile.

Wer eine Stiftung gründet, will meistens gemeinnützige Zwecke erfüllen, entweder ausschliesslich oder in Verbindung mit anderen Zwecken. Die neuen liechtensteinischen Vorschriften bezüglich Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismus gelten selbstverständlich auch für die Stiftungen, und auch die gemeinnützigen sind davon nicht ausgenommen. Die Vorschriften sind sehr streng und werden von den Behörden sorgfältig und kontinuierlich überwacht. Die Bestimmung, den Kunden und Vertragspartner jederzeit kennen zu müssen (know your customer), führt dazu, dass sich niemand hinter einer Stiftung verstecken kann. Die Liechtensteinische Stiftung ist also kein Instrument, das zur Finanzierung von dubiosen Gruppierungen oder internationalem Verbrechen missbraucht werden kann.

Die Wurzeln des Stiftungsrechtes gehen auf römisches Recht, byzantinisches Zivilrecht und Kirchenrecht zurück. In Europa konnten Familienoberhäupter ihr Vermögen den Nachkommen durch sogenannte Fideikommisse zuwenden. In England und Wales gab es ein ähnliches Rechtsinstitut, den Trust. Die Fideikommisse wurden in Deutschland in den zwanziger Jahren des 2 . Jahrhunderts durch das Rechtsinstitut der Stiftung ersetzt. Bei diesem Konzept wird das Vermögen nicht durch eine natürliche Person (trustee) gehalten, sondern durch eine juristische Person, die Stiftung, die wie eine Gesellschaft verwaltet wird. Die Schweiz führte mit dem Zivilgesetzbuch ebenfalls das Institut der Stiftung ein, und Liechtenstein folgte dem schweizerischen Vorbild, als es 1926 das Personen- und Gesellschaftsrecht einführte.

Die Stiftung wird dort als ein von einem oder mehreren Stiftern in einer Urkunde bekundeter Wille umschrieben, zur Verwirklichung eines bestimmten Zweckes eine Stiftung für eine bestimmte Dauer zu errichten, diese mit Vermögenswerten auszustatten und mit einer Organisation zu versehen. Dieses Vermögen erlangt normalerweise erst mit der Eintragung ins Öffentlichkeitsregister Rechtspersönlichkeit, in wenigen Ausnahmefällen bereits mit der Errichtung. Reine oder gemischte Familienstiftungen, kirchliche Stiftungen und Stiftungen, deren Genussberechtigte bestimmt oder bestimmbar sind, müssen nicht ins Öffentlichkeitsregister eingetragen werden, sind aber dort zu hinterlegen. Der Trend geht heute dahin, gemeinnützige Stiftungen auch dann ins Öffentlichkeitsregister eintragen zu lassen, wenn die Begünstigten bestimmt oder bestimmbar sind und eine Eintragung also nicht notwendig wäre. Dies bringt erhöhte Publizität, damit auch höhere Akzeptanz mit sich.

Der Begriff der «Gemeinnützigkeit» entstammt nicht dem Stiftungsrecht, sondern dem Steuerrecht. Als «gemeinnützig» im steuerrechtlichen Sinn gelten nur Stiftungen, deren Tätigkeit der Fürsorge für Arme und Kranke oder der Förderung des Kultus, der Wissenschaft, des Unterrichts oder anderen gemeinnützigen oder sozialen Zwecken dient (Art. 32 Abs. 1 lit. e Steuergesetz).

Die Stiftung schafft ein Netzwerk von Beteiligten und Betroffenen. Im Zentrum steht der Stifter, der als Gründer den Zweck formuliert und die Vermögenswerte zur Verfügung stellt. Der Stiftungsrat soll diese nach dem Willen des Stifters verwalten und die sogenannten Protektoren sollen ihrerseits den Stiftungsrat überwachen. Diesen Protektoren können die verschiedensten Rechte eingeräumt werden, etwa das Zustimmungsrecht zu Beschlüssen des Stiftungsrates, Vetorechte oder auch das Recht, den Rücktritt des Stiftungsrats zu verlangen. Die Personen, denen Stiftungsmittel zugewendet werden, nennt man Begünstigte. Der Stifter kann ihnen ein klagbares Recht auf Begünstigung einräumen oder auch nur ein Anwartschaftsrecht im freien Ermessen des Stiftungsrates.

Neuerdings gibt es das Bestreben, das Stiftungsrecht auf europäischer Ebene zu vereinheitlichen und das Rechtsinstitut einer «Europäischen Stiftung» zu schaffen. Im Hinblick auf dieses Ziel bestehen verschiedene Projekte, die die unterschiedlichen Stiftungskonzeptionen europäischer Staaten historisch und rechtsvergleichend, aber auch im Hinblick auf neue Erfordernisse und Visionen erforschen und darstellen. Erwähnt sei hier die Publikation «Foundations in Europe», die von der Bertelsmann Foundation in Zusammenarbeit mit der London School of Economics herausgegeben wird und zu der der Autor dieses Beitrags das Kapitel über Liechtenstein verfasst hat.

Die entscheidende Frage, ob die liechtensteinischen Stiftungen überhaupt einem öffentlichen Zweck (public purpose) dienen und damit einem wesentlichen Merkmal bei der Definition der europäischen Stiftung entsprechen, wird immer wieder diskutiert. Unbestritten ist dies bei der «Gemeinnützigen Stiftung», umstritten bei der Familienstiftung. In vielen Staaten steht heute nicht mehr die öffentliche Daseinsvorsorge im Vordergrund, sondern die Eigenverantwortlichkeit: Der mündigen Person wird zugetraut, vermehrt für sich selbst zu sorgen und etwa auch die Beanspruchung von Dienstleistungen des Gesundheits- und Bildungswesens selbst zu finanzieren. Je mehr sich der Staat aus diesen Bereichen zurückzieht, desto wichtiger werden Stiftungen. Sie sollen den Begünstigten über Generationen hinweg die Kosten für eine qualifizierte Erziehung tragen helfen oder im Fall von Krankheit und Not Unterstützung bieten. Dass derartige Stiftungen, selbst wenn sie sich als Familienstiftungen auf einen beschränkten Personenkreis beziehen, auch einem öffentlichen Zweck dienen, steht ausser Zweifel.

Es gehört zu einer fachmännischen Beratung, potentiellen Stiftern jene Stiftungsform zu empfehlen, die der Vision am besten entspricht. Etwa 9 Prozent der in Liechtenstein eingetragenen Stiftungen sind Familienstiftungen oder gemischte Stiftungen, deren Zwecke durch entsprechende Ideen, Ideale, Visionen und Rollen spezifiziert werden. Die Visionen können durchaus auch unternehmerische oder politische Ziele betreffen. Letztere sind vor allem für Stifter aktuell, die aus Staaten stammen, die die individuelle Freiheit einschränken und nicht dem Ideal einer offenen Gesellschaft entsprechen. Bei Familienstiftungen steht das künftige Wohl der Familienmitglieder im Zentrum. Die Stiftung soll das Vermögen wahren und mehren, um Kinder und Kindeskinder vor Not zu bewahren und für ihr Wohl zu sorgen, und zwar unabhängig von erb- und eherechtlichen Beschränkungen.

Weitere Stiftungstypen betreffen Ziele, die staatliche Dienstleistungen im Bereich von Kunst, Kultur, Sport, Erziehung, Gesundheit und Altersvorsorge ergänzen oder sich ihnen substituieren. Je mehr der Staat sich aus diesen Bereichen zurückzieht, desto wichtiger werden Stiftungen. Noch bedeutsamer dürften in Zukunft Stiftungen werden, die Bereichen wie Wirtschaftsförderung, Forschung, Sozialpolitik (im weitesten Sinn), Friedensförderung sowie Schutz, Erhaltung und Weiterentwicklung von Kultur und Tradition zudienen.

Generell kann gesagt werden, dass den Stiftungen in einer pluralistischen Zivilgesellschaft eine zentrale Funktion zukommt. Der Staat ebenso wie die Staatengemeinschaft sollten diese Rolle anerkennen und es akzeptieren, dass Stiftungen, wie früher auch Trusts und Fideikommisse, den Staat unterstützen und entlasten. In den Vereinigten Staaten von Amerika nehmen reich dotierte Stiftungen grossen Einfluss auf die Gesellschaft und auf das Gemeinwohl. Auch in Europa gibt es Stiftungen, die durchaus in der Lage sind, das Gemeinwohl zu fördern, zu unterstützen und zu sichern. Manche der grössten Familienvermögen Europas sind in Stiftungen oder Trusts über Generationen hinweg gesichert – und so in der Lage, ihrer Rolle gerecht zu werden und die Visionen ihrer Stifter umzusetzen.

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(1) Die Stiftung: Eine Idee mit Tradition und Zukunft

Stiftungen haben eine weit zurückreichende Tradition. Einer breiten Öffentlichkeit sind sie dennoch unvertraut. Der folgende Beitrag zeigt charakteristische Merkmale dieser Institution auf und leitet daraus jene praktischen Konsequenzen ab, die zu beachten sind, will man die Grundidee des Stiftens für die Allgemeinheit bewahren und weiterentwickeln.

(3) Problematische Aspekte des schweizerischen Stiftungsrechts

In der Schweiz ist die Stiftung als Organisationsform nicht nur für gemeinnützige, sondern auch für wirtschaftliche Zwecke zulässig. Während ein gewisser Spielraum innerhalb des Rahmens der Gemeinnützigkeit sinnvoll ist, macht diese Flexibilität im Spannungsfed zwischen «wirtschaftlich» und «gemeinnützig» auch Missbräuche möglich.

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