Stiftungen als digitale Change Agents?
Warum Stiftungen die Digitalisierung als Chance und nicht als Problem begreifen sollten.
Eine Szene in einer rasch wachsenden Stadt in Ostafrika: Ein Jugendlicher betritt eine Apotheke und schildert die Bauchschmerzen, die er seit mehreren Tagen spürt. Die Apothekerin kann sich darauf zuerst keinen Reim machen. Sie nimmt ein Mobiltelefon und öffnet eine App, die ihr Zugang zu einem digitalisierten Gesundheitssystem gibt. Dieses unterstützt sie mit medizinischen Informationen und verknüpft sie bei Bedarf auch mit lokalen Gesundheitshelferinnen, die den Fall danach begleiten können – zum Beispiel über den Austausch von Textmessages mit dem Jugendlichen. Zukunftsmusik? Mitnichten! Ein solches digitales Gesundheitssystem wird in den nächsten Jahren mit Unterstützung von Fondation Botnar konkret erprobt. Das Projekt ist ein Beispiel dafür, wie die digitale Revolution seit dem Ausgang des 20. Jahrhunderts einen Wandel nahezu aller Lebensbereiche bewirkt. Davon erfasst worden sind auch die Tätigkeitsfelder der philanthropischen Stiftungen: Positive gesellschaftliche Wirkung lässt sich je länger, desto mehr nur erzielen, wenn die Digitalisierung und ihre «realwirtschaftliche» Zwillingsschwester, die Globalisierung, mitgedacht werden.
Allerdings: Oft ist der Nutzen von digitalen Innovationen ungleich verteilt. Um ihn breit zugänglich zu machen, braucht es meist eine Weiterentwicklung der ursprünglichen Innovationsidee und den konsequenten Einbezug sozioökonomischer und gesellschaftlicher Rahmenbedingungen. Basiert eine Idee zum Beispiel auf dem Zugang von Jugendlichen zum Internet, muss dieser sichergestellt werden. Dabei kommt Stiftungen eine entscheidende Rolle als Change Agent zu: Dank ihrer Unabhängigkeit können sie neue Wege beschreiten und Risiken eingehen, die für Unternehmen oder staatliche Institutionen zu gross wären. Dank ihrer Neutralität können sie als Katalysator unterschiedliche Partner aus Staat, Wirtschaft und Zivilgesellschaft zusammenbringen.
Genau diesen Ansatz verfolgt Fondation Botnar. Sie fördert die Gesundheit und das Wohlbefinden von Kindern und Jugendlichen weltweit, insbesondere in städtischen Umfeldern. Ihre Fördermittel richtet sie auf Lösungen aus, die das Potenzial von digitalen Innovationen und Artificial Intelligence verstärken – etwa wenn es darum geht, auf Haushalts-, Gemeinde- oder Stadtebene datengesteuert bessere Entscheidungen zu ermöglichen. Ein Beispiel dafür ist die Ada Health App, die ihre Nutzer bei der Ferndiagnose medizinischer Probleme niederschwellig unterstützt: Die Stiftung finanziert den Einbau zusätzlicher Sprachen wie Swahili.
Einfluss auf digitale Entwicklungen können Stiftungen auch über Forschungsinvestitionen nehmen. Fondation Botnar unterstützt dazu seit 2018 das von der Universität Basel und der ETH Zürich gegründete Botnar Research Centre for Child Health.
Parallel dazu sollten Stiftungen, die sich in diesem Feld bewegen, auch die Meinungsbildung rund um digitale Themen im Auge behalten.
Der Grund: Wie die Gesellschaft mit Daten, dem wichtigsten Anlagegut im digitalen Zeitalter, und mit dem Eigentum an Daten umgeht, wird ihre Entwicklung in den nächsten Jahrzehnten massgeblich prägen. Der Historiker Yuval Noah Harari sagt: «Wenn wir die Konzentration von Reichtum und Macht in den Händen einer kleinen Elite vermeiden wollen, ist der Schlüssel dazu die Regulierung des Eigentums an Daten.» Im Fall der Fondation Botnar stehen heikle Gesundheitsdaten im Vordergrund. Sie setzt sich für eine globale Datengovernance ein und propagiert dabei eine führende Rolle der Schweiz, denn: Das Land ist mit seiner humanitären Tradition, starken Institutionen, einer exzellenten Forschung und Genf als Standort internationaler Organisationen prädestiniert dafür, eine führende Rolle beim Aufbau eines Systems für einen sicheren und gerechten Umgang mit Gesundheitsdaten zu gewährleisten – um unter anderem das nachhaltige Wohlbefinden von Kindern und Jugendlichen weltweit sicherzustellen.