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Staatsschulden & Infrastruktur

Kann Europa sich (s)eine Zukunft leisten?

 

Allen Unkenrufen des vergangenen Jahres zum Trotz: Die europäische Wirtschaft brummte, die europäischen Börsen waren auf Allzeithochs, entsprechend sprudelten in vielen Ländern die Steuergelder – Europa war stabil. Dann passierte etwas: Am 14. August stürzte ein fast 250 Meter langes Teilstück des Polcevera-Viadukts in Genua ein. 43 Menschen kamen ums Leben.

Die Schrägseilbrücke von Riccardo Morandi war von Beginn an schwierig im Unterhalt. Da ihre tragenden Seile in Beton gegossen waren, mussten stets verschiedene Messverfahren angewendet werden, um festzustellen, ob – und wenn ja: wie stark – der eingefasste Stahl korrodiert war. Die Folgen: enorme Kosten bei Prüfung und Instandsetzung und eine darauffolgende lange Kette von geäusserten Sicherheitsbedenken und aufgeschobenen oder gar sistierten Reparaturvorhaben. Experten benannten schliesslich «Verfallserscheinungen» als Grund für den fürchterlichen Einsturz. Allerdings sind die im August gerissenen, weil offenbar stark beschädigten Stahlseile nur der technische Grund für das Versagen. Als «Verfallserscheinung» lässt sich auch das kaum durchschaubare Geflecht zwischen staatlicher Aufsicht, privaten Betreibern und supranationalen Sicherheitsvorgaben beschreiben: Bis zu 1000 Lastwagen pro Stunde und mehr als 25,5 Millionen Autos jedes Jahr fuhren bis zuletzt über die Brücke – ein Vielfaches dessen, wofür sie 1967 freigegeben wurde, und das obwohl die Schäden bereits vermutet wurden. Gehandelt wurde nicht. Kein Einzelfall: In Italien sind laut «Spiegel» Infrastrukturprojekte in Höhe von 21 Milliarden Euro blockiert. Es herrscht politische Hybris, selbst die enormen Unterstützungssummen der EU kommen nicht da an, wo sie hinsollen.

Seit 2018 ist nun also klar, dass auch in Europa tragende Infrastrukturen kollabieren können – und das in wirtschaftlichen Hochzeiten, in den Hochburgen der Innovation. Dass derzeit fast alle europäischen Länder mehr Geld in den Schuldendienst als in die eigene Infrastruktur stecken müssen, stimmt zusätzlich bedenklich. Experten warnen schon lange, dass dieser Umstand davon abhält, die wichtigen Weichen für die Infrastruktur der Zukunft zu stellen und notwendige Investitionen zu tätigen. Wer kann, soll, muss das bezahlen? Antworten auf den folgenden Seiten.

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Die 1,1 Kilometer lange Europabrücke in Zürich wurde 1961/62 gebaut. Ihre Lebensdauer, wie die aller Brücken, beträgt 50 bis 100 Jahre. Laufende Investitionen können ihre Nutzung aber erheblich verlängern. Bild: Baugeschichtliches Archiv / Wolf-Bender Heinrich & Wolf-Benders Erben / CC BY-SA 4.0.
Als gäbe es kein Morgen

Trotz guter Konjunktur haben sich die meisten westlichen Länder in den letzten Jahren weiter verschuldet. Das ist gefährlich, denn mit den Schulden wird blosser Konsum finanziert – und nicht langfristige Infrastrukturprojekte.

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