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Spürhunde in den Kommentarspalten

Wenn Medien Fehler passieren, geht es darum, sie rasch zu erkennen und zu korrigieren. Die Leser können dabei eine wertvolle Hilfe sein.

Spürhunde in den Kommentarspalten

Fehler passieren – auch den professionellsten Journalisten. In den vergangenen Jahren diskutierte die Öffentlichkeit viel über die sich beschleunigende Verbreitung von Falschmeldungen. Die sozialen Medien verbreiteten vermehrt «Fake News» und stellten damit eine wachsende Gefahr dar, so die allgemeine Meinung. Was dabei aber vergessen geht: Obschon Falschmeldungen sich rasch verbreiten, entdecken und melden Leserinnen und Leser sie oft innert weniger Stunden.

Diese Erfahrung hat Eva Wenaweser, Online-Redaktorin beim «St. Galler Tagblatt», gemacht. Anfang des vergangenen Jahres, als ein Hund einer älteren Frau in Flawil einen Teil ihres Ohres abbiss, berichtete sie über die Handhabung gefährlicher Hunde in der Ostschweiz. Dabei unterlief ihr bei der ­Recherche ein Fehler: «Ich habe die Handhabung aus vier ­verschiedenen Kantonen verglichen und dann beim Kanton St. Gallen etwas vertauscht», erzählt Wenaweser. Im Artikel schrieb sie: «Allerdings existiert eine Regelung, wonach Hundehalterinnen und -halter von Tieren, die schwerer werden als 15 Kilogramm, einen Kurs absolvieren müssen.»

Innerhalb weniger Stunden wies eine Leserin Eva Wenaweser in einem Kommentar zum Online-Artikel darauf hin, dass diese Aussage nicht korrekt sei. Wenaweser korrigierte den Satz umgehend: «Auch die Regelung, wonach Hundehalterinnen und -halter von Tieren, die schwerer werden als 15 Kilogramm, einen Kurs absolvieren müssen, gilt nicht.»

Die Leserschaft reagiert rasant auf Fehler

Leser würden sich ziemlich schnell melden, wenn etwas nicht stimme, so Wenaweser, meist über die Kommentarspalte oder die sozialen Medien. Je nach Grösse des Fehlers seien die Reaktionen sachlich bis heftig. «Ein Fehler in einer Bildlegende hat auch schon einen Shitstorm auf X ausgelöst», sagt sie.

Die Frage, ob diese Schnelligkeit der Leserschaft beim Erkennen von Fehlern Journalisten die Verantwortung, ihre Aussagen zu überprüfen, abnehmen würde, verneint Wenaweser vehement. «Wenn wir nicht darauf achten, einen sauberen Job zu machen, dann verlieren wir zweierlei: Unsere Aufgabe, zuverlässig zu informieren, und unsere Glaubwürdigkeit.»

Sie fügt hinzu, dass Leser Fehler nur dann schnell entdeckten, wenn sie offensichtlich seien. Und solche eindeutigen Fehler werden immer seltener: Mit dem Aufkommen von künstlicher Intelligenz (KI) wird es schwieriger, falsche von richtigen Informationen zu unterscheiden. «Das ist vor allem deshalb herausfordernd, weil es besonders jungen Menschen an der Erfahrung mangelt, künstlich generierte Informationen von Tatsachen zu unterscheiden», so Wenaweser.

Vorsichtsmassnahmen sind nötiger denn je

Um der steigenden Flut von Falschinformationen zu trotzen, ergreift Eva Wenaweser wie viele ihrer Berufskolleg(inn)en eine Reihe von Vorsichtsmassnahmen. Dazu gehören unter anderem: Zweitquellen beiziehen, Fachzeitschriften oder Experten befragen und jeden Artikel gegenlesen lassen.

Daher können Journalistinnen und Journalisten sich nicht zurücklehnen, indem sie sich auf die Spürnase ihrer Leserschaft für Fehler verlassen. Heute und in Zukunft gilt dies noch stärker als in der Zeit vor KI. Gefragt ist jetzt eine gesunde Portion Misstrauen gegenüber Informationen aus dem Internet. Aber unbedingt auch Verständnis von der Leserschaft – denn Fehler lassen sich immer schwerer entdecken.

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