Spass und jede Menge Geld
Xenia Tchoumitcheva tourt um die Welt, hält Leadership-Speeches, betreibt ein Webmagazin und ist Protagonistin ihrer eigenen Realityshow. Ein Gespräch mit der früheren «Monat»-Kolumnistin über Liberalismus, Denkstereotypen und ihr neues Leben als Verlegerin.
Seit unserem letzten grossen Gespräch hat sich viel getan. Der «Monat» hat sich gemausert, du hast dein eigenes Business aufgezogen. Obwohl du nicht mehr Kolumnistin bist, fragen unsere Leser immer wieder nach dir. Lass uns ein wenig nostalgisch beginnen und an unsere letzte Plauderei anknüpfen: Verschlingst du weiterhin die Werke der libertären russisch-amerikanischen Schriftstellerin Ayn Rand? 1
Es ist ja nicht so, dass Ayn Rand unüberschaubar viele Bücher geschrieben hätte – ich habe ihr Werk schon früh gelesen und mir angeeignet. Ich bin und bleibe eine überzeugte Individualistin, keine Frage. Zugleich habe ich mich persönlich weiterentwickelt und gemerkt: Die Idee der totalen Autarkie ist zwar schön, aber leider nicht umsetzbar. Du kannst als Individuum nicht alles aus dir selbst hervorbringen. Du brauchst die anderen, um deine eigenen Ziele zu erreichen. Ein starkes Ego ist gut, aber es gibt einen Unterschied zwischen stark und aufgeblasen.
Das sind neue Töne, die du da anschlägst. Bei uns hast du stets das Hohelied der Selbstverwirklichung gesungen.
Ich denke stets vom Individuum her, das ist fundamental – aber die Überhöhung des Individuums ist eine Buchidee, die wenig mit dem realen Leben zu tun hat. Das Tauschen, das Geben und Nehmen, die zwischenmenschliche Interaktion, das ist es, was mich als Unternehmerin besonders an- und umtreibt. Ich arbeite täglich an meiner Unabhängigkeit; aber genau hierfür bin ich auf andere angewiesen, gehe also neue Abhängigkeiten ein. Ich denke, das ist die Ausgangslage für unser aller Leben: Der Preis der Unabhängigkeit ist die Abhängigkeit. Klingt komisch, aber du verstehst?
Klar. Aber die Helden des klassischen Liberalismus haben den Menschen nie als Atom konzipiert, das ist bloss modische Propaganda.
Die wesentliche Unterscheidung ist mit Blick auf den Umgang miteinander jene zwischen Freiwilligkeit und Zwang.
Freiheit ist Freiwilligkeit. Das wissen alle, die unternehmerisch tätig sind. Völlig einverstanden.
Dabei ist der Garant persönlicher Unabhängigkeit letztlich das Geld. Folglich müsste es dein Ziel sein, reich zu werden. Ist es das?
Ich will erstens selber Spass haben und auch, dass meine Follower auf ihre Rechnung kommen, das ist das Wichtigste. Und dabei möchte ich – zweitens – eine Menge Geld verdienen.
Auch mit solchen Statements machst du dich heute wohl in einigen Kreisen ziemlich unbeliebt. Die «korrekte» Antwort wäre gewesen:
Ich will die Welt verbessern.
Das mache ich als Unternehmerin, indem ich Leute zufriedenstelle! Ich klaue das Geld ja nicht, sondern die Leute geben es mir freiwillig, weil sie mögen, was ich mache. Und weil sie sich einen Nutzen davon versprechen – die Produkte und die schöne kurierte Experience, die ich online auf meiner Website vorstelle, bieten einen Mehrwert für die Follower und die Marken, mit denen ich zusammenarbeite.
Freier Markt, Libertarismus, Kapitalismus: dich lassen die ideologischen Debatten neuerdings kalt. Oder täusche ich mich?
Du täuschst dich. Individuelle Freiheit ist für mich der höchste Wert. Sie bedeutet persönliche Unabhängigkeit, freies Denken und freie Meinungsäusserung, und genau das ist es ja, was ich mit meinem Business mache. Ich bin niemandem Rechenschaft schuldig, ich bin mein eigener Chef. Die Frauen, die mit mir auf Chic-Overdose schreiben, vertreten dieselben Werte. Doch damit haben noch eine Menge Personen Mühe.
Wie kommst du denn darauf?
Ich bin jung, ich gelte als schön, ich stehe zu meinen Ambitionen, ich trete öffentlich auf und rede über Leadership. Das macht den Männern Angst.
Ach was. Das klingt für mich nach einem schönen Klischee.
Nein, glaub mir. Viele Männer haben ein Problem mit erfolgreichen Frauen, die ihr Frausein nicht verbergen. Und hey, genauso viele Frauen haben ein Problem mit erfolgreichen Frauen, die sich nicht wie Männer aufführen. Auch wenn du mehr erreicht hast als jene, die glauben, über dich richten zu müssen – sie weigern sich, dich zu respektieren, und belächeln dich.
Selbst wenn es so wäre, kränkt dich das wirklich?
Nein: es spornt mich an. Was mich stört, sind aber die immer gleichen Mann-Frau-Stereotypen. Sie bestehen bis heute, in Mitteleuropa weniger als an anderen Orten in der Welt, wo ich mich herumtreibe, aber sie existieren. Der beste Beweis: von einer Frau, die einen tollen Mann heiratet, heisst es, sie habe sich einen guten Hecht geangelt. Hast du schon mal gehört, dass der Mann sich eine Frau geangelt hat? Ich gebe gerne zu, dass diese Stereotypen nicht neu sind, sondern eine lange Tradition haben. Das macht sie aber sicher nicht besser.
Du sagst es: Es geht hier auch um evolutionär geprägte Verhaltensweisen. Die willst du nun schnell ändern – am besten per Knopfdruck mit einer Quote?
Sicher nicht. Und wir sind uns wohl einig: Die ganzen Genderdiskussionen sind nervtötend. Mir geht es um etwas anderes. Was zählt, ist die Leistung. Und wer etwas leistet, hat es verdient, hierfür respektiert zu werden.
Kommen wir zurück zum weltanschaulichen Diskurs. Du jettest durch die ganze Welt. Wenn du jeweils nach Europa zurückkommst: Wie würdest du das politische Klima hierzulande beschreiben?
Du fragst suggestiv. Willst du was Bestimmtes von mir hören?
Ich hätte gerne gehört: Politik und Medien ticken in einer Weise etatistisch, die weh tut.
Interessant. Bevor wir hier den Faden weiterspinnen – was verstehst du genau unter «Etatismus»?
Ich verstehe darunter eine mentale Prägung, und zwar eine, die davon ausgeht, dass es stets einen anonymen Dritten gibt,
der unsere Probleme löst. Niemand hat ihn je in personam gesehen, aber alle reden davon.
Oberflächlich betrachtet existiert ein mentaler Etatismus, heute expliziter als vor der Finanzkrise und in Kontinentaleuropa verbreiteter als in den angelsächsischen Ländern. Ich denke aber, dass die Sache mindestens um eine Wendung komplexer ist: Einerseits rufen zwar alle nach dem Staat, wenn sie sich zurückgesetzt fühlen, und delegieren die Eigenverantwortung an einen anonymen Dritten. Anderseits misstrauen dieselben Leute aber dem Staat, beklagen sich über ihn, reden ihn schlecht und gestehen ihm keine Glaubwürdigkeit zu.
Guter Punkt. Wie erklärst du dir diese tendenziell schizophrene Haltung?
Die Leute spüren, dass sie Probleme selber lösen könnten, mit Hilfe anderer Bürger, Akteure, Konsumenten, User, was auch immer. Zugleich sind sie jedoch schon früh dem staatlichen Marketing aufgesessen – den Bürgern wird in den Medien und Schulen heute von Kindesbeinen an eingehämmert: Ihr seid ohnmächtig, ihr braucht Sicherheit, Absicherung, Versicherung, ihr dürft keine Fehler machen.
Die Bürger sind Untertanen und haben’s bloss noch nicht gemerkt?
Es ist doch völlig klar, dass die Vertreter des Staats lieber hörige als unabhängige Bürger haben, alles andere wäre ziemlich abwegig. Denn «hörig» meint ja auch: auf die Gesetze hören, deren Einhaltung für das menschliche Zusammenleben unerlässlich ist.
Du hast auch alle Schulen durchlaufen, hältst dich an die Gesetze, bist eine brave Steuerzahlerin – du siehst dich also auch als Untertanin?
Ich bin sowieso ein seltsames Tier. (lacht) Eigentlich fühle ich mich niemandem und nichts zugehörig, aus einem einfachen Grund: Wo auch immer ich war, war ich entwurzelt, war ich eine Immigrantin, eine Aussenseiterin. Insofern blieb mir nur der Individualismus und die Fokussierung auf die eigene Unabhängigkeit. Ich fühle mich absolut frei, da zu wohnen, wo ich wohnen will, und das zu denken, was ich denken will. Und ich habe nie erwartet, dass mir irgendjemand irgendwas gibt – auch nicht der anonyme Dritte, auf den ohnehin kaum Verlass ist. Das ist letztlich eine Frage der Energie, der Kreativität, der eigenen Entscheidung – arbeitest du an deiner Unabhängigkeit oder nicht?
Du bist in der Schweiz zur Schule gegangen. Die Schweizer haben ein besonderes Verhältnis zu ihrem Staatsgebilde.
Stimmt. Von allen Landsleuten, die ich kenne, sind es die grössten Etatisten – trotz halbwegs schlankem Staat. Die Schweizer haben den Staat im Blut.
Der Grund liegt auf der Hand. Sie sagen sich in ihrer direkten Demokratie: Wir sind der Staat.
Ich hatte mal einen Manager in Zürich, lang ist’s her, ich war 19 Jahre alt und absolvierte gerade ein Stage. Ich erinnere mich, wie wir eines Abends durch Zürichs Gassen zogen, weit und breit kein Auto. Er überquerte die Strasse nicht einfach, sondern suchte den nächstbesten Fussgängerstreifen, stellte sich hin und wartete, bis die Fussgängerampel Grün anzeigte. Für ihn war klar: man hält sich an die Gesetze, auch wenn niemand zusieht und sie ziemlich sinnlos sind. Das ist Etatismus in Reinkultur.
Themenwechsel! Was liest du gerade? Immer noch Nietzsche?
«Lean in» von Sheryl Sandberg. Das ist sozusagen angewandte Philosophie, genauso wie die Biographien der Internetpioniere. Eben habe ich die Lebensgeschichte von Sophie Amoruso gelesen, der Gründerin von Nasty Gal, einem Brand und Onlineshop für die Mode junger Frauen – das Unternehmen ist acht Jahre nach der Gründung bereits über 100 Millionen Dollar wert. Das Leben all
dieser Typen, von Jeff Bezos, von Sergey Brin und Larry Page, es ist einfach völlig irre. Ich will möglichst schnell möglichst viel lernen.
ChicOverdose, dein Lifestyle-Mode-Webmag über die schönen Seiten des Lebens, ist auf Expansionskurs. Du baust die Plattform ständig aus. Mittlerweile hast du Gastautorinnen, auch wenn du die Protagonistin bist. Siehst du dich als Verlegerin?
Das ist ein alter Titel, der nicht wirklich auf das passt, was ich mache. Ich sehe mich eher als Beeinflusserin, als Meinungsmacherin. Auf meinem Webmag preise ich Dinge an, die mir gefallen – indem ich darüber schreibe, sie im Bild zeige, sie inszeniere, Interviews mit den Erfindern führe. Und ich tue dies nicht verschämt wie die klassischen Medien, sondern maximal offen.
Die Frage ist, wie sich damit Geld verdienen lässt. Möglichst viele Follower, möglichst viel Traffic und also möglichst viel teure
Online-Werbung auf deinem Webmag – ist das wirklich ein zukunftsträchtiges Businessmodell?
Nein. Und es ist auch nicht meines. Die ganze Bannerwerbung trägt für kleinere Player nicht, zudem ist sie ziemlich hässlich und beeinträchtigt die Funktionalität der Website. Mein Businessmodell ist ein anderes: All jenen, die mir folgen, ist völlig klar, dass ich einige Produkte gegen Bezahlung vorstelle. Das stört die User aber nicht – ganz im Gegenteil. Sie sind ja nicht blöd. Sie verfolgen meine Meinung, meine Persönlichkeit, mein Bild. Sie vertrauen mir – Glaubwürdigkeit ist das wichtigste Gut in diesem Geschäft.
Meinst du das im Ernst?
Sie wissen ganz genau, dass ich sehr bewusst auswähle – was auch immer ich präsentiere, es passt zu mir. Und insofern passt es, wenn sie sich mit mir identifizieren, auch zu ihnen. Die User sind heute neugierig und zugleich maximal emanzipiert. Sie wollen Transparenz, sie wollen wissen, woran sie sind, sie wollen gute Inputs, die sie weiterbringen, sie wollen eine glaubwürdige Person, an deren Leben sie teilhaben können. Auf Facebook habe ich mittlerweile über 1,5 Millionen Follower – und ich habe keinen einzigen davon gekauft.
Das musst du natürlich sagen. Das ist Promo.
Ach was – ein Experte sieht sofort, dass die ganze Geschichte organisch gewachsen ist. Sorry, es ist nun mal so, dahinter steckt viel Arbeit. Meine Follower sind extrem aktiv, weil sie wissen, dass ich sie nicht hinters Licht führe – oftmals habe ich zwanzig- oder dreissigtausend Likes, wir führen Diskussionen untereinander. Darum bin ich für Luxusbrands interessant. Sie wissen, dass meine Leute engagiert sind. Die Wirkung können sie messen, sobald ich ihr Produkt placiert habe.
Ist deine Meinung nicht in jedem Fall käuflich – alles eine Frage des Preises?
Du täuschst dich. Sobald ich Produkte anpreise, die nicht halten, was sie versprechen, kratze ich an meiner Reputation. Hättest du recht, wäre meine Glaubwürdigkeit bald dahin.
Wie muss man sich das vorstellen: Ein Brand wünscht Promo, kommt auf dich zu – und ihr vereinbart einen Preis?
Eben nicht. Zuerst schaue ich mir das Produkt an. Wenn es mich überzeugt, beginnen wir zu verhandeln. Es gibt verschiedene Deals. Ich kann einen Lamborghini eine Woche lang fahren und werde von einem Kameramann begleitet…
…das war Product Placement!
…oder die Firma schickt mir eine schöne Tasche und bittet mich auch gleich um ein Vermarktungskonzept, das ich mitliefere, in Form von Photos. Product Placement? Für mich ist es Fun, mit einem Lamborghini unterwegs zu sein, und ebenso für meine Follower.
Dann sag bitte mal: Wie viel würde mich ein solcher Auftritt für den «Monat» kosten?
Das kannst du dir nicht leisten! (lacht) Nein, schau – dein Magazin würde von einer Empfehlung durch mich ohnehin nicht profitieren, meine Follower stammen aus der ganzen Welt, und auch wenn sich solche aus der Schweiz und Deutschland auf meinen Kanälen tummeln, so ist unsere Sprache Englisch.
Wie viel?
Geschäftsgeheimnis.
Du machst letztlich nichts anderes als Selbstbranding: du vermarktest einen Teil deines Lebens.
So ist es. Das gefällt mir sehr gut. Mein professionelles Leben ist eine Art Chic-Reality-Show.
Und dein privates?
Das ist privat. Davon erfährst du von mir kein Wort.
Stört es dich nicht, dass du im Netz Spuren legst, die du nie mehr auslöschen kannst?
Nein. In dem, was ich mache, ist nichts, was ich bereuen müsste.
Du hast Leute, die – in deinem Namen – für dich schreiben?
Nein, jede meiner Autorinnen hat eine eigene Bio und ein eigenes Profil. Ich schreibe meine Texte in meinem Namen, sie verfassen ihre Texte in ihrem Namen. Aber klar, ich schaue mir alles an und habe das letzte Wort. Sie entsprechen meiner Haltung, meiner Einstellung, meinem Denken. Ich habe ausserdem vier Webmaster, darunter den SEO. Und ich habe einige Schreiberinnen, wobei eine meine Agenda koordiniert. Zudem arbeite ich mit externen Leuten zusammen, mit einem Anwalt, Photographen etc. Die Entscheidungen treffe ich.
Und ChicOverdose gehört wem?
Mir.
Zu 100 Prozent?
Zu 100 Prozent.
Keine Fremdinvestoren?
Nein.
Hast du einen Photographen, der dich ständig begleitet?
Nur für Fashionauftritte oder Red Carpets. Oder hast du heute einen gesehen?
Nein. Wir waren eben am See in Luzern, und ich habe mit deinem iPhone ein Bild von dir geschossen, das du gerade auf Facebook lädst. (Xenia hantiert an ihrem iPhone.) Deine Reality-Show ist schnell.
Du wirst sehen: die Blumen, im Hintergrund, der See, das wird bestimmt über 25 000 Likes generieren. Ich kenne meine Leute. Schau, es ist so: Manchmal stellen mir die Brands, die ich vorstelle, Photographen zur Verfügung. Manchmal engagiere ich selbst welche, die ich kenne und schätze. Und manchmal drängen sich Photographen auf – sie begleiten mich, im Gegenzug erwähne ich ihren Namen und bedanke mich für ihr Engagement. Auch hier: quid pro quo.
Du hast einen dichten Terminplan. Wie steht’s um den Stress?
Der Mensch wächst am Widerstand, völlig klar. Es ist der Stress, der uns zu Höchstleistungen antreibt. Und es ist auch der Stress, der freie Radikale freisetzt, uns depressiv macht, uns in die Krankheit stürzt. Ich würde sagen: alles eine Frage der Balance. Und eine Frage der Wahrnehmung. Der Stress ist nicht immer als solcher erkennbar – und der Gestresste unterschätzt ihn oft, gerade in der heutigen, sozial intensiven und schnell drehenden Welt. Dann ist er in Gefahr.
Wenn du viel Stress hast und es zu spät erkennst – wie reagierst du darauf?
Ich erhöhe den Bewusstseinsgrad, in einer einfachen Meditation, und distanziere mich von allem, was mir durch den Kopf geht, von den Gedanken, den Ambitionen, den Sorgen, dem Sturm. Wenn es dir gelingt, diese externe Position einzunehmen, geschieht es meistens, dass die Probleme sich in Luft auflösen, ganz einfach deshalb, weil du Probleme gesehen hast, wo keine waren. Die Wahrnehmung war verzerrt.
Hast du eine Ernährungsreligion?
Hast du eine?
Nein. Ich habe ein Fitnessprogramm. Ich esse viel Gemüse und Fleisch, aber keine Kohlenhydrate, alles frisch zubereitet, mit willkürlichen Fastenzeiten, um den Körper zu überraschen und anzuregen.
Fasten – hey, klar, das wirkt, die meisten Religionen empfehlen es. Aber ansonsten: forget it! Ich habe alle möglichen Diäten versucht, und ich kann dir sagen: Jeder Organismus reagiert anders auf die Ernährungsmethoden. Darum muss jeder sich selbst kennen und jene Ernährung finden, die zu ihm passt. Ich halte mich an ein einfaches Rezept: gesund essen. Ich esse nur frische Sachen, kaufe also nichts im Supermarkt ein, sondern in guten Geschäften, beim Bauern, beim Produzenten. Und ich verzehre, was ich mag – ich zwinge mich nicht zum Verzicht.
Du zählst keine Kalorien und führst Buch?
Sicher nicht. Ich esse viel Pasta – aber nicht pasta industriale, sondern pasta artigianale. Ich habe damit sogar Gewicht verloren.
Willst du nun nicht den Namen eines Brands erwähnen – wäre doch an dieser Stelle angezeigt?
Was ich jetzt sage, das sage ich für deine Leser – also ohne Bezahlung.
Gefällt dir dein aktuelles Leben?
Auch das: zu 100 Prozent.
Dein auf Facebook dokumentiertes Leben ist live?
Jawohl. Du hast es eben miterlebt: ich habe unser Bild gepostet.
Damit weckst du ständig neue Erwartungen. Wehe, du enttäuschst sie!
Warum? Ich könnte morgen verschwinden – und die Leute wären erst mal geschockt, würden dann aber auf mein Wiederauftauchen warten. Oder ich könnte mein Verschwinden ankündigen, indem ich mich immer mehr zurückziehe und meine eigenen Produkte sprechen lasse statt mein Gesicht.
Ist das die neueste Businessidee?
Das wirst du mir heute nicht entlocken. All das wären ziemlich coole Strategien, nur habe ich momentan absolut keine Absicht zu verschwinden. Ganz im Gegenteil. Ich will noch präsenter sein. Ich will auch mehr E-Commerce machen – nicht nur mein Gesicht, sondern auch meine Produkte lancieren.
Letzte Fragen. Wie siehst du die Zukunft des Internets?
Immer mehr Neugierde, immer mehr Qualität, mehr Glaubwürdigkeit, mehr Ernsthaftigkeit. Dabei ist ganz wichtig: das Internet muss frei bleiben, frei vom Staat, dem obersten Monopolisten, aber auch frei von privaten Monopolisten wie Google.
Wie siehst du die Zukunft der Qualitätspublizistik auf Papier?
Mehr Intelligenz, mehr Konzentration, mehr Sinnlichkeit – in Nischen. Das gilt auch für den «Monat».
Wie sieht die Zukunft von Xenia aus, die sich selbst «QueenXenia» nennt?
Internationale E-Commerce-Content-Creator-Queen!
Hab Dank für das rasante Gespräch.
1 René Scheu trifft Xenia Tchoumitcheva: «Sie nannten sie Dagny». In: Schweizer Monat 992. Dezember 2011. S. 66–71.