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Lukas Leuzinger, zvg.

Sozialpolitik für Reiche

Steuerabzüge sind ein bequemer Weg, um Sonderinteressen zu begünstigen – und die Allgemeinheit bezahlen zu lassen.

 

Haben Sie sich schon mal überlegt, wie Sie Ihre Abgaben an den Steuervogt auf legalem Weg vermindern können? Ein naheliegendes Mittel sind Steuerabzüge. Die Auswahl der Dinge, für welche die Politik auf Steuern verzichtet, ist beeindruckend: Im Kanton Bern etwa stehen allein Einzelpersonen 42 Abzüge offen, wie aus einer Studie hervorgeht, die dieser Tage veröffentlicht wird.1 Ob man an eine gemeinnützige Organisation spendet, einer politischen Partei Geld gibt (sehr praktisch für Politiker), zum Zahnarzt geht, ein Kind bekommt, das Haus renoviert, eine Hypothek aufnimmt oder Auto, Zug und Pistenbully fährt: überall winken Abzüge. Die Nebenwirkungen, wenn Umweltbelastung oder Verschuldung steuerlich begünstigt werden, nimmt die Politik billigend in Kauf.

Immerhin, so wird gerne argumentiert, entlasten Steuerabzüge den Mittelstand. Aber tun sie das wirklich? Die erwähnte Studie zum Kanton Bern zeigt, dass die Abzüge insgesamt «die Ungleichheit der Einkommen nach Steuern und Sozialleistungen erhöhen». Sie bestätigt damit frühere Auswertungen der Eidgenössischen Steuerverwaltung, wonach einkommensstärkere Schichten von den Abzügen am meisten profitieren. Denn aufgrund der Progression schenkt ein gesparter Steuerfranken umso mehr ein, je höher das Einkommen liegt: Bei Einkommen über 100 000 Franken sinken die Steuereinnahmen durch die Abzüge um bis zu 66 Prozent. Die Zeche bezahlen alle anderen Steuerzahler: Je mehr abgezogen wird, umso mehr müssen die nominellen Sätze angehoben werden, um die Fiskaleinnahmen konstant zu halten.

Nun werden Sie sich fragen: Warum leisten wir uns ein Politikinstrument, das unsäglich kompliziert ist, massiven bürokratischen Aufwand verursacht, perverse Anreize setzt und Reiche auf Kosten von Armen begünstigt? Die Antwort ist einfach: Weil Steuerabzüge ein ausserordentlich bequemes Mittel für Politiker sind, Zückerchen an bestimmte Wähler- oder Interessengruppen zu verteilen. Denn die Profiteure spüren einen Abzug sehr stark, während die breite Masse jener, die bezahlen, ihn kaum bemerken.

  1. Oliver Hümbelin, Rudolf Farys und Tina Richard: Ungleichheit und Steuern. Steuerdatenbasierte Einblicke in die redistributiven Effekte des Schweizer Steuersystems. In: Steuern und Ungleichheit. Hrsg. von Sébastien Guex, Gisela Hürlimann und Matthieu Leimgruber. Zürich: Chronos, 2021, S. 191-216.

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