
Soziale Medien sind eine schlechte Informationsquelle in einer Pandemie
Mit dem Coronavirus verbreiteten sich auch falsche Informationen darüber. Wie stark die Leute ihnen Glauben schenkten, hängt auch von ihrem Medienkonsum ab.
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Seit Ausbruch der Coronapandemie herrscht Uneinigkeit darüber, wie sich die Gesellschaft und die Menschen am besten vor dem Virus schützen können. In den ersten Tagen der Pandemie herrschte auf allen Seiten des politischen Spektrums Verwirrung, da nur wenig über das Virus bekannt war und die meisten Länder zu unseren Lebzeiten keinen Lockdown erlebt hatten. Die Menschen nutzten verschiedene Quellen, um sich über die Situation zu informieren. Im April 2020 führte meine Abteilung für Internetnutzung und Gesellschaft am Institut für Kommunikationswissenschaft und Medienforschung der Universität Zürich eine Umfrage unter der Schweizer Bevölkerung durch, um mehr über das Wissen und die falschen Vorstellungen der Menschen über Covid zu erfahren. Wir haben die Menschen auch gefragt, woher sie ihre Informationen über die Pandemie beziehen würden.
Grosser Einfluss von SRF
Über 90 Prozent der 1350 befragten erwachsenen Schweizerinnen und Schweizer gaben an, die Nachrichten über Covid sehr aufmerksam oder eher aufmerksam zu verfolgen; das Thema genoss in der Bevölkerung also eine hohe Priorität. Auf die Frage, welche Medien sie konsultierten, war SRF mit Abstand die beliebteste Quelle: 89 Prozent nannten SRF als Quelle, 59 Prozent konsultierten es täglich oder fast täglich. Online-Newsseiten und Webseiten der Behörden waren mit jeweils über 70 Prozent ebenso beliebt wie traditionelle Zeitungen. Soziale Medien dagegen waren weniger wichtig: Etwa die Hälfte der Befragten nannte WhatsApp als Informationsquelle, weniger als die Hälfte erwähnte Facebook und noch weniger informierten sich auf Instagram und Twitter über das Coronavirus.
Zu Beginn der Umfrage fragten wir die Leute, wie sie eine Ansteckung mit dem Virus vermeiden könnten, und nannten 11 mögliche Strategien, von denen einige richtig waren, andere nicht. Die Optionen stammten aus einer Liste, die die Weltgesundheitsorganisation (WHO) auf ihrer Website zusammengestellt hatte, um Mythen zu entkräften, die damals im Umlauf waren. Wir erwähnten absichtlich nichts, was damals umstritten war, wie zum Beispiel das Tragen von Gesichtsmasken. Zu den von uns aufgelisteten Möglichkeiten, sich vor dem Virus zu schützen, gehörten der Verzehr von frisch gekochtem Knoblauch (5 Prozent der Schweizer glaubten, dass dies helfen würde), der Verzicht auf den Kauf von in China hergestellten Produkten (9 Prozent), die Einnahme von Vitamin C (20 Prozent) und die Vermeidung der Einnahme von entzündungshemmenden Medikamenten (21 Prozent). Solche falschen Vorstellungen darüber, wie man sich vor dem Virus schützen kann, mögen zwar unschuldig erscheinen, aber wenn sie den Menschen ein falsches Sicherheitsgefühl vermitteln, können sie fatale Folgen haben.
Insgesamt hatte weniger als die Hälfte der befragten Personen in der Schweiz keine falschen Vorstellungen über das Virus. Knapp ein Drittel glaubte eine dieser Fehlinformationen, knapp ein Viertel zwei oder mehr. Die gleiche Umfrage haben wir auch in Italien und in den USA durchgeführt. Die Italiener hatten viel seltener falsche Vorstellungen, was möglicherweise darauf zurückzuführen ist, dass Italien das erste Land ausserhalb Asiens war, das von der Pandemie schwer getroffen wurde und in dem die Regierung einschneidende Massnahmen wie etwa einen harten Lockdown ergriff. Bei den Amerikanern hingegen waren falsche Vorstellungen verbreiteter, aber es ist nicht klar, warum.
Je älter, desto besser informiert
Wir hatten die Befragten auch zu ihrem Wissen über Covid-19 befragt, unter anderem durch Multiple-Choice-Fragen. Während viele Personen informiert waren, fehlte es einigen an grundlegenden Kenntnissen, wie zum Beispiel der Tatsache, dass Menschen ansteckend sein können, auch wenn sie keine Symptome haben (19 Prozent der Schweizer wussten dies nicht), und dass sie sich selbst in Quarantäne begeben sollten, wenn sie in engen Kontakt mit…

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Dieser Artikel ist in Ausgabe 1103 – Februar 2023 erschienen. Er ist nur registrierten, zahlenden Nutzern zugänglich. Vollen Zugang erhalten Sie über unsere attraktiven Online- und Printangebote.
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