Wir brauchen Ihre Unterstützung — Jetzt Mitglied werden! Weitere Infos
Sollten Pensionskassen Bitcoin ins Portfolio nehmen?
Illustration von Niels Blaesi.

Sollten Pensionskassen Bitcoin ins Portfolio nehmen?

Die Beimischung von Kryptoassets kann die Rendite des Vorsorgekapitals steigern. Allerdings führt sie auch zu grösseren Schwankungen.

Die steigenden Preise der führenden Kryptoassets, wie zum Beispiel Bitcoin, im ersten Halbjahr 2024 haben die Frage aufgeworfen, ob Kryptoassets als Beimischung in einem Vorsorgeportfolio sinnvoll sein könnten. Der vorliegende Artikel untersucht die Eignung von Krypto­assetinvestitionen für ein Anlageportfolio einer Schweizer Pensionskasse. Bitcoin wird dabei als repräsentatives Kryptoasset ausgewählt, da es die höchste Marktkapitalisierung aufweist und als Leitwährung im Kryptomarkt gilt. Dabei wird eine rein finanzielle Perspektive eingenommen, ohne technische oder regulatorische Einschätzungen vorzunehmen.

Gemäss dem Bericht zur finanziellen Lage der Vorsorgeeinrichtungen der Oberaufsichtskommission berufliche Vorsorge (OAK BV) waren Schweizer Pensionskassen im Jahr 2023 hauptsächlich in Anleihen (34 Prozent), Aktien (31 Prozent) und Immobilien (23 Prozent) investiert, was ihnen eine durchschnittliche Nettoperformance von rund 5 Prozent einbrachte. Im selben Jahr verdoppelte sich jedoch der Preis von Bitcoin. Historisch zeigte Bitcoin generell ein deutlich anderes Kursprofil als Anleihen, Aktien und Immobilien. Spezifischer verzeichnete Bitcoin in den letzten Jahren im Durchschnitt höhere Renditen, dies aber mit stärkeren Schwankungen. Dieses unterschiedliche Rendite-Risiko-Profil kann aus Portfoliosicht ein Diversifikationspotenzial bieten, wie auch die durchschnittlich vergleichsweise niedrige Korrelation der Renditen von Bitcoin mit Anleihen, Aktien und Immobilien zeigt. Das Ausmass dieses Diversifikationspotenzials variierte jedoch über die Zeit.

Stärkere Erholung mit Bitcoin

Auf dieser Basis vergleichen wir im Folgenden ein Portfolio aus traditionellen Anlagen mit einem Portfolio, das Bitcoin berücksichtigt. Das traditionelle Portfolio orientiert sich an der typischen Anlageallokation von Schweizer Pensionskassen.1 Die Performance dieses Benchmarkportfolios wird mit einem Portfolio verglichen, das Bitcoin enthält. Konkret wird eine Portfolioallokation konstruiert, indem von jeder der drei traditionellen Anlageklassen ein Prozentpunkt abgezogen wird und die resultierenden drei Prozent in Bitcoin investiert werden.

Als Ausgangspunkt der Analyse haben wir das Jahr 2018 gewählt. Dies begründet sich darin, dass seit diesem Zeitpunkt kontinuierlich indirekte Finanzprodukte auf Bitcoin und andere Kryptoassets eingeführt wurden, wodurch diese auch für traditionelle Investoren zugänglich wurden, ohne dass eine direkte Interaktion mit der zugrunde liegenden Blockchain erforderlich ist. Die Wertentwicklung der beiden Portfolios wird in der Abbildung dargestellt, welche die kumulierten Renditen zeigt. Beide Portfolios werden jährlich neu gewichtet, um die ursprünglich festgelegten Vermögens­allokationen beizubehalten.

Die kumulierten Renditen zeigen, dass das Portfolio mit dem dreiprozentigen Bitcoin-Anteil über den gesamten Beobachtungszeitraum eine Rendite von 37,0 Prozent erzielte, ­verglichen mit 22,4 Prozent für die traditionelle Anlage­allokation. Die Outperformance trat vor allem zu Beginn der zweiten Hälfte des Beobachtungszeitraums sowie zum Ende hin auf. Beide Phasen sind durch einen deutlichen Anstieg des Bitcoin-Kurses gekennzeichnet.

Den Tiefstand erreichten beide Portfolios im Oktober 2022 mit einem Minus von etwa 19 Prozent gegenüber dem vorherigen Höchststand Ende 2021. Beide Portfolios haben sich bis Juni 2024 noch nicht vollständig erholt. Allerdings zeigt das Bitcoin-Portfolio eine stärkere Erholung mit einem verbleibenden Verlust von minus 2,3 Prozent im Vergleich zu minus 4,7 Prozent beim traditionellen Portfolio.

Zu den weiteren wichtigen Kennzahlen der Portfolio­performance aus Investitionsperspektive zählen die durchschnittliche jährliche Rendite, die Schwankungsbreite der Renditen (als Mass für das Risiko) und die Sharpe Ratio, die zeigt, wie viel Rendite im Verhältnis zum eingegangenen ­Risiko erzielt wurde. Letztere Kennzahl wird berechnet, indem der risikofreie Zinssatz von der Rendite des Portfolios abgezogen und das Ergebnis durch das Risiko des Portfolios geteilt wird. In der vorliegenden Analyse wird der Zinssatz der 10-jährigen Schweizer Bundesanleihe als Ersatz für den risikofreien Zinssatz verwendet.

Höhere Verluste in negativen Phasen

Der Vergleich zeigt klare Unterschiede zwischen dem Port­folio mit und ohne Bitcoin. Über den gesamten Zeitraum erzielte das Portfolio mit Bitcoin eine annualisierte Rendite von 5,0 Prozent, verglichen mit 3,2 Prozent beim Portfolio ohne Bitcoin. Allerdings war es auch grösseren Schwankungen ausgesetzt. Die Sharpe Ratio war für das Portfolio mit Bitcoin höher (0,65) als für jenes ohne Bitcoin (0,45), was auf eine bessere risikobereinigte Rendite durch die Berücksichtigung von Bitcoin hinweist. Dieser positive Effekt trat jedoch nicht in ­jedem Jahr auf. Vielmehr führte die Aufnahme von Bitcoin in einigen Jahren zu höheren Renditen, aber auch zu höherer Volatilität. In negativen Marktphasen verzeichnete das Portfolio mit Bitcoin stärkere Verluste. Insgesamt zeigt sich in den vorliegenden Berechnungen, dass Bitcoin die risikobereinigte Rendite steigern kann, aber nur in guten Zeiten. Eine Glättung der Renditen findet durch die Berücksichtigung von Bitcoin in einem traditionellen Portfolio also nicht statt.

Es ist wichtig zu betonen, dass die vorliegenden Analysen auf wenigen historischen Daten basieren und nicht als Grundlage für Investitionsentscheidungen dienen können. Die Rahmenbedingungen des Marktes für Kryptoassets und das entsprechende Investmentökosystem unterliegen ständigen Veränderungen. Es lohnt sich, Kryptoassets als Anlageklasse zu beobachten und im Kontext der individuellen Anlagestrategie zu beurteilen. Dabei sollten nicht nur finanzielle ­Aspekte, sondern auch regulatorische Anforderungen und technologische Entwicklungen berücksichtigt werden.

  1. 40 Prozent des Vermögens sind in Anleihen (Swiss Bond Index), 35 Prozent in Aktien (Swiss Performance Index) und 25 Prozent in Immobilien (SXI Real Estate Shares Broad Index) angelegt. Andere Anlageklassen, wie beispielsweise alternative Anlagen, werden aus Gründen der Einfachheit nicht berücksichtigt.

»
Abonnieren Sie unsere
kostenlosen Newsletter!