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«Sobald die richtige Hardware kommt, wird die Revolution Realität»

«Wir stehen möglicherweise vor dem grossen Durchbruch im Quantencomputing», sagt der Physiker Daniel Loss. Die Schweiz wird dabei aber kaum zu den grossen Profiteuren gehören.

«Sobald die richtige Hardware kommt, wird die Revolution Realität»
Daniel Loss, zvg.

Daniel Loss, Sie sind Professor für theoretische Physik an der Universität Basel und haben mit Ihrem Konzept eines spinbasierten Quantencomputers weltweit auf sich aufmerksam gemacht. Wie erklären Sie einem Laien, was Sie tun?
Daniel Loss: Wie viel Zeit haben wir (lacht)? Mein Job ist das Nachdenken über die Zukunft. Ich tue dies mit den Werkzeugen der Wissenschaft und viel Mathematik. Ich befasse mich mit Dingen, die noch nicht existieren oder die wir noch nicht verstehen. Und ich tue dies auf der Ebene der grundlegendsten Gesetze der Natur – der Quantenmechanik. Mit meinem Team versuche ich herauszufinden, ob wir diese Gesetze wie die Natur beherrschen und zu unserem Vorteil nutzen können. Von unseren Modellen leiten wir Ideen ab, die idealerweise zu neuen Technologien führen.

 

Sind wir eigentlich schon mittendrin im Quantenzeitalter?
Es ist noch zu früh, dies abschliessend zu beantworten. Dennoch bin ich überzeugt, dass wir uns an einer Weggabelung befinden, wie vor rund siebzig Jahren, als Röhren- durch Halbleitertransistoren ersetzt wurden. Ein Halbleitertransistor war damals so gross wie ein Handy. Heute finden auf einem Quadratzentimeter rund 250 Milliarden Transistoren Platz! Das war damals schlicht unvorstellbar. Man hat einen Grad an Miniaturisierung und Verdichtung erreicht, der einzigartig ist. Wer in diesem globalen Wettrennen der Halbleiter die Nase heute vorne hat, regiert die Welt. Auch KI ist ohne diese Miniaturisierung der Halbleiter unvorstellbar. Die Halbleitertechnologie hat sich durchgesetzt und ist heute konkurrenzlos. Ich sehe in dieser Entwicklung Parallelen zur Quantenwelt und vor allem zu meinem Konzept des «Spin Qubits», das einem Transistor extrem ähnlich ist. Genau deshalb sind Halbleitergiganten wie Intel im Quantenrennen ganz vorne dabei. Gut möglich, dass wir schon auf dem Weg in ein Quantenzeitalter sind, ohne dass wir es wirklich realisieren.

 

Wann haben Sie zum ersten Mal von Quantencomputern gehört?
Um 1995, ich war damals in den USA. Es war eine der kreativsten Zeiten in Quantum. Meine Erwartungen von damals haben sich mehrheitlich erfüllt. Quantencomputing wurde zu Beginn sehr kontrovers diskutiert. Schon Albert Einstein hatte ja seine liebe Mühe mit der spukhaften Fernwirkung quantenmechanischer Teilchen, der sog. «Verschränkung». Dazu müssen Sie wissen: An der Spitze der Physik sind heftige und kontroverse Diskussionen normal. Man musste in den 1990er-Jahren einsehen, dass es nichts Perfektes gibt. Stets gibt es Wechselwirkungen und Kräfte, die auf ein System einwirken und die man nicht vollständig abschirmen kann. Das heisst auch, dass es immer Fehler gibt. Will man etwa eine Überlagerung oder gar «Verschränkung» von Quantenzuständen sichtbar machen, zerfällt dieser Zustand umgehend. Es gab deshalb die verbreitete Ansicht, dass diese Fehler nicht überwunden werden könnten und man sich deshalb in einer Sackgasse befinde. Das war offensichtlich falsch. Quantencomputer als Idee haben sich gegen grosse Widerstände durchsetzen müssen. Das vergisst man heute gerne.

«Schon Albert Einstein hatte ja seine liebe Mühe mit der spukhaften
Fernwirkung quantenmechanischer Teilchen, der sog. ‹Verschränkung›.»

 

Gibt es heute schon Quantencomputer oder ist das Zukunftsmusik?
Ihre einfache Frage ist leider gar nicht so einfach zu beantworten. Die Definition eines Quantencomputers ist komplex. Streng genommen erfüllen die heutigen Rechner die Bedingungen nicht. So zum Beispiel das Vorhandensein von «logischen Qubits». Zwar ist Google diesen soeben wieder einen Schritt nähergekommen, aber es gibt sie nach wie vor nicht. Logische Qubits verharren in einem Überlagerungszustand, obwohl sie von Natur aus eigentlich zerfallen möchten. Durch stete Fehlerkorrektur kann der Zerfall idealerweise verhindert werden. Aber so weit sind wir noch nicht. Dieser Schritt wäre ein wichtiger Etappensieg auf dem Weg zu richtigen Quantencomputern.

 

Verstehe ich Sie richtig, die heutigen Quantencomputer sind gar keine «echten»?
Schon, aber nur gemäss der Definition ihrer Hersteller. Für Laien ist das dann eben ein Quantencomputer. In der theoretischen Physik arbeiten wir mit strengeren Definitionen und Anforderungen. Die Rechner, die heute auf dem Markt sind, nennen wir «Special Purpose Machines» und nicht Quantencomputer.

 

Wann kommen denn die «echten»?
Das weiss niemand genau. Trotz grosser Fortschritte sind wir immer noch am Anfang einer Entwicklung. Von der Physik her bin ich optimistisch, dass wir eines Tages echte Quantencomputer haben werden. Aber garantiert ist es keineswegs, es stecken viele Modellannahmen dahinter. Ebenfalls glaube ich, dass dereinstige Quantencomputer nicht durch eine noch bessere Technologie ersetzt werden können.

 

Wie können Sie das wissen?
Sie müssen verstehen, dass wir von Phänomenen in der Grundlagenphysik reden und nicht von irgendeiner Technologie. Das einstige Hypegebiet Nanotechnologie zum Beispiel ist heute nicht mehr sehr aktuell. Auch KI-Technologien werden wohl in einigen Jahren durch bessere Ideen ersetzt werden. Das Quantencomputing hingegen wird man nicht mehr ersetzen können, weil es auf der Quantenphysik als Grundlage basiert. Und das ist nichts anderes als die Natur mit ihren Gesetzen. Die Quantenmechanik behauptet sich übrigens seit genau 100 Jahren erfolgreich. Daran wird sich nichts ändern.

«Die Quantenmechanik behauptet sich übrigens seit genau 100 Jahren
erfolgreich. Daran wird sich nichts ändern.»

 

Welche Anwendungen erhofft man sich?
Die Anwendungen sind je nach Industrie verschieden. Am häufigsten sind wohl Optimierungsprobleme, zum Beispiel beim Beladen von Containerschiffen. Die Anzahl möglicher Abfolgen steigt bei solchen Problemen exponentiell an – was ist die effizienteste? Die Herangehensweise eines klassischen Computers ist sequenziell: Das heisst, er berechnet eine Variante nach der anderen und wählt dann die beste aus. Doch das braucht sehr viel Zeit und ist ineffizient. Bei solchen Aufgaben sind Quantencomputer theoretisch klar im Vorteil, da sie Lösungsmöglichkeiten simultan berechnen können. Dieses Beispiel steht stellvertretend für eine ganze Klasse von Problemen. Könnte man sie lösen, wäre das ein echter Durchbruch. Weitere Anwendungen erhofft man sich für bessere Vorhersagen beim Klima, was für den Klimawandel sehr bedeutend wäre, effizientere Batterien, schnellere Medikamentenentwicklung, Optimierungen im Finanzwesen, Quantum Machine Learning für KI-Anwendungen und so weiter.

 

Erleben wir zurzeit einen Quantenhype?
Ja, das kann man so sagen. Den Hype braucht es auch, um Interesse zu wecken. Gewisse Übertreibungen gehören dazu, ebenso eine gesunde Portion Skepsis. Aber eine Kultur der steten Untertreibung ist auch keine gute Kultur ‒ wir Schweizer sind da viel zu gut darin. Schauen Sie, ich habe schon viele euphorische Phasen erlebt. Wichtig sind zwei Dinge: Erstens, die Entwicklung geht weiter und findet trotz Rückschlägen auf einem immer höheren Niveau statt. Zweitens sind wir momentan in einer Phase, in der es steil nach oben geht, ähnlich der Form eines Hockeyschlägers.

 

Wir stehen also vor einem grossen Durchbruch?
Möglicherweise. Neu ist, dass es erstmals folgendes Argument gibt: Wenn man heute nicht auf den Quanten-Zug aufspringt, werden die Verluste in jedem Fall grösser sein, als wenn man heute aufspringt und sich die Erfolge doch nicht einstellen sollten. In anderen Worten: Es wäre unklug, heute nicht auf Quantum zu setzen. Was mich auch zuversichtlich stimmt, sind die vielen jungen Talente, die Quantencomputing fasziniert.

 

Für normale Bürger ist bis heute kein Nutzen aus der Quantenforschung ersichtlich. Einverstanden?
Einverstanden. Aber wir kennen gewisse Quantenalgorithmen schon heute. Sobald die passende Hardware dazukommt, wird die Revolution zur Realität. Es gibt jedoch schon heute Vorboten einer Quantenära. So wurde die Quantenforschung zu Beginn vor allem in den USA mit gigantischen Summen von Geheimdiensten und dem Militär gefördert. Dabei geht es vor allem um die Sicherheit von Verschlüsselungen. Heutige Sicherheitscodes basieren auf der Primzahlzerlegung und gelten als sicher. Doch Quantencomputer werden diese Codes knacken können. Alle gesammelten Daten der letzten Jahrzehnte wären somit einsehbar, alle Sicherheitskonzepte obsolet. Das wäre eine Katastrophe.

 

Sie sind mit Ihrer Forschung ja nicht ganz unschuldig daran …
Ja, da haben Sie natürlich ein Stück weit recht. Jede Technologie birgt Gefahren. Das ist beim Quantencomputer nicht anders. Ich denke aber trotzdem, dass die Vorteile bei weitem überwiegen. Wichtig ist, dass alle einen Zugang zu Quantum haben. Geheimhaltung und Abschottung sind hingegen schlecht für alle. Man sollte auch nicht paranoid werden. Nicht nur in der jüngeren Weltgeschichte hat uns ein gewisses «Gleichgewicht des Schreckens» vor Schlimmerem bewahrt. Bei der Verschlüsselung gibt es übrigens bereits eine Lösung: die sogenannte «Post-Quantum-Verschlüsselung», von der man denkt, dass auch ein Quantencomputer sie nicht knacken kann.

 

Nach welchen Prinzipien funktioniert Verschlüsselung heute?
Sie basiert auf der Zerlegung einer Zahl in Primzahlen. Nehmen Sie zum Beispiel die Zahl 21, die Sie durch die Multiplikation der Primzahlen 3 und 7 erhalten. Nun stellen Sie sich eine dreihundertstellige Zahl vor und ich frage Sie nach den beiden Zahlen der Primzahlfaktorzerlegung. Ein klassischer Rechner braucht das Alter des Universums, also 13 Milliarden Jahre, um die Lösung zu finden. Ein Quantencomputer könnte dieses Problem in Stunden lösen. Es könnte auch sein, dass es einen klassischen Algorithmus gibt, der das Problem lösen kann. Aber in den letzten 50 Jahren wurde kein solcher gefunden.

 

Wie sind Sie zur theoretischen Physik gelangt?
Ich habe erstmals als Medizinstudent angefangen, mich vertieft mit Physik auseinanderzusetzen. Damals galt mein Interesse der Neurologie. Aber auch Einsteins Relativitätstheorie hat mich unglaublich fasziniert. Ich wollte das unbedingt verstehen. So habe ich zur Physik gewechselt. Auch haben mich philosophische Fragen der Physik immer interessiert. Hier wird nicht im luftleeren Raum diskutiert: Den Rahmen bilden immer die konkreten physikalischen Phänomene.

 

Sind das mehr als nur intellektuelle Spielereien?
Absolut. Solche Gedanken können Vorläufer künftiger Theorien sein. Denken Sie nur an das vielleicht bekannteste Phänomen von «Schrödingers Katze», gewissermassen eine Vorläuferin des Quantencomputers.

 

Gibt es auch in der Physik Glaubensrichtungen?
Ja. Bei den Interpretationen quantenmechanischer Phänomene gehen die Meinungen auseinander. Ähnlich der alten Frage: Macht ein Baum Lärm, wenn er umfällt und niemand da ist? Das kann teilweise fast esoterische Züge annehmen. Man kann sich wie immer im Leben einer Haltung verweigern oder sich damit auseinandersetzen. Es gibt auch die pragmatische Haltung, sich nicht mit Fragen zu befassen, die man ohnehin nicht beantworten kann. Getreu dem Physikermotto: «Klappe halten und rechnen.»

 

Wo stehen Sie?
Ich bin irgendwo dazwischen.

 

Also in einer Art Superposition.
Genau. Wenn man zu viel seziert und hinterfragt, läuft man Gefahr, sich im Kreis zu drehen und nichts Kreatives mehr zu machen.

 

Besitzen Sie Nvidia- oder Quanten-Aktien?
Nein. Ich besitze nur einige Patente (lacht).

 

Sind Sie in Start-ups aktiv?
Nein, ich bin Theoretiker. Das überlasse ich meinen Experimentalkollegen.

 

Angenommen, Sie hätten einen 100-Millionen-Qubit-Rechner bei Ihnen zu Hause. Welches Problem würden Sie als erstes darauf lösen wollen?
Ein solcher Rechner würde eine Form der Aufmerksamkeit mit sich bringen, die mich entweder sehr reich oder sehr tot machen würde. Aber Spass beiseite. Ich würde die Grenzen der Physik austesten. Ich würde schauen, wie weit ich Schrödingers Katze auf dem Computer realisieren kann und ob es hier fundamentale Grenzen der Vielteilchenphysik gibt, die man noch nicht kennt.

Sie sind in einem sensiblen Bereich tätig. Läuft man da Gefahr, auf den Radar von Grossmächten zu gelangen?
Ich bin wohl bereits auf diversen Radarschirmen und werde da auch nicht wieder so schnell runterkommen. Es geht um die Technologievorherrschaft in einem zentralen Bereich für die kommenden Jahrzehnte und Generationen. Die geopolitische Situation hat sich in den letzten Jahren massiv geändert. Unsere Forschung wird als «Dual Use», also als potentiell militärisch anwendbar, klassifiziert. Ist man erst einmal auf dieser Liste, wird es kompliziert. Der Ukrainekrieg und die Verstimmungen zwischen China und den USA haben zu einer Art Paranoia im Westen geführt. Auch in meiner Welt der Quanten.

 

Was merken Sie konkret?
Wir haben mit immer mehr Vorschriften, Einschränkungen und Bevormundung zu kämpfen. Die Schweiz scheint ihre Unabhängigkeit aufs Spiel zu setzen, auch bei der Quantenforschung. Die Forschungsfreiheit ist derzeit in einem Ausmass eingeschränkt, wie ich das noch nie erlebt habe. Mitarbeiter aus gewissen Ländern darf ich nicht mehr anstellen, ja nicht mal mehr E-Mails schreiben. Kooperationen oder Kongressbesuche mit bestimmten Nationen sind nur noch eingeschränkt möglich. Nachdem ich einen Kongress in Peking besucht hatte, wurde ich auch schon zu einem «Sensibilisierungsgespräch» mit der Staatsanwaltschaft, Polizei und dem Nachrichtendienst eingeladen.

 

Wo ist das Problem?
Die Leute wissen nicht, wie akademische Spitzenforschung funktioniert. Ich kann nun in gewissen Ländern und mit gewissen Leuten nicht mehr über meine Forschung reden. Dies, obwohl alle meine Studien bereits veröffentlicht und allgemein zugänglich sind. Es ist absurd! Ich bin den Steuerzahlern gegenüber zu einer offenen Forschung verpflichtet – ebenso die Universitäten, die den «Open Access» propagieren. Wir sind keine Geheimnisträger. Wir machen theoretische Grundlagenforschung, angetrieben von wissenschaftlicher Neugier, und dazu gehört unbedingt der offene Austausch. Fairerweise muss ich sagen, haben wir auch eine Weile von den geopolitischen Spannungen profitiert. Vorher haben die USA immer die besten Köpfe der Welt angezogen. Diese Leute kamen dann unter anderem zu uns. Mittlerweile sind die USA wieder offener und betreiben gezielte Selektion, um sich nicht zu schaden. Leider hinken wir jetzt wieder hinterher.

«Ich bin den Steuerzahlern gegenüber zu einer offenen Forschung
verpflichtet – ebenso die Universitäten, die den ‹Open Access›
propagieren. Wir sind keine Geheimnisträger.»

 

Ein Forscher wie Sie wäre auch in einem anderen Land auf dem Radar der Politik.
Da haben Sie recht. Ich höre Ähnliches auch von Kollegen überall auf der Welt. Allerdings bin ich davon ausgegangen, dass wir in der Schweiz – auch wegen unserer Neutralität – Werte wie die Forschungsfreiheit hochhalten. Zurzeit etablieren wir hingegen eine politisierte Denke und Mechanismen, die sich immer weniger von den Ländern unterscheiden, von denen wir uns distanzieren wollen. Die Schweiz ist auf vielen Ebenen zu einem Spielball geworden – neuerdings auch in der Wissenschaft. Das betrübt und verärgert mich.

 

Wo auf der Welt kämen Sie als Quantenforscher in den Genuss der grössten Freiheit?
Generell in grossen Staaten, die mit ihrer Exzellenz an die Spitze drängen. Konkret: USA, China, aber auch Öl-Staaten, die hier ihre Chance sehen.

 

Ihr Institut wurde nach 4-jährigem Mitwirken aus dem EU-Forschungsprogramm «Quantum Flagship» hinauskomplimentiert.
Ja, auch hier wurden wir zum Spielball der Politik. Aus wissenschaftlicher Sicht ist das kein Desaster. Aber es ist kein gutes Gefühl. Solch sachfremde Nadelstiche sind eines Partners unwürdig. Ich bin in der komfortablen Lage, dass ich mein Gebiet etabliert habe. Für Nachwuchsforscher ist die Situation aber belastend.

 

Kriegen Sie die besten Leute?
Bis jetzt immer, ja. Aber mit den Einschränkungen sehe ich das in Gefahr. Die Schweiz schadet sich selbst. Quantum ist auch ein Kampf um die besten Köpfe.

«Quantum ist auch ein Kampf um die besten Köpfe.»

Wo sind die Quanten-Hotspots in Europa, wo in der Welt?
Die grössten und besten sind in den USA, dort wird auch am meisten investiert. Kanada, Japan und Australien sind sehr gut aufgestellt. China ist am Aufschliessen, in manchen Bereichen sogar führend. Auch Russland ist in einigen Bereichen auf höchstem Niveau und hat zudem ein enormes Reservoir an jungen Talenten in den MINT-Fächern. In Europa ist Grossbritannien ein Pionier der ersten Stunde, auch bei den Start-ups, oder Delft in den Niederlanden. Deutschland und Frankreich haben ausgezeichnete Zentren, und in Dänemark finanziert der Pharmakonzern Novo Nordisk die Forschung grosszügig.

 

Wie behauptet sich die Schweiz?
Die Schweiz ist gut aufgestellt. Es gibt eine lebendige Start-up-Szene, u.a. in der Mess- und Kommunikationstechnik. In der Weltliga spielen sicher ETH, IBM, PSI und das NCCR in Basel. Die EPFL ist stark in der Software. Wir spielen gut mit, aber wir werden bei den kommerziellen Durchbrüchen wahrscheinlich nicht dabei sein. Dafür wird vom Bund schlicht zu wenig investiert. Umso wichtiger sind private Investoren wie Thomas Staehelin bei Uptown Basel (siehe Interview Seite XX). Hier entsteht ein Quantencomputing-Hub hin zum Anwender. Das ist einzigartig, nicht nur in der Schweiz. Wir betreiben auch gemeinsame Projekte, u.a. im medizinischen Bereich. Das ist sehr vielversprechend.

 

Wie hält es der Quantenphysiker eigentlich mit Religion?
Ich für meinen Teil habe da keinen Zugang. Religion ist für mich ein menschliches Konstrukt, das mehr Fragen unterbindet als beantwortet. Wissenschafter sind Zweifler. Ich kann gut damit leben, dass es viele Fragen gibt, auf die wir keine Antwort haben.

 

Wie viele Menschen gibt es, die verstehen, was Sie genau machen?
Das habe ich mir noch nie überlegt. Es gibt einen berühmten Spruch von Nobelpreisträger und Physiker Richard Feynman: «Wenn jemand sagt, er habe die Quantenmechanik verstanden, dann ist die einzige Information, die man daraus ableiten kann, die, dass diese Person lügt.» So gesehen versteht niemand, was ich mache. Ich auch nicht. (lacht)

 

Schauen Sie die amerikanische Sitcom «The Big Bang Theory»?
Ja. Vor allem die frühen Folgen waren recht unterhaltsam, gut beobachtet und wissenschaftlich akkurat. Zu meiner Freude kam auch die Quantenmechanik regelmässig darin vor.

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