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Sie nannten sie Dagny

Schönheit, sagt die Schönheitskönigin, ist eine Illusion. Und gibt sich desillusioniert: sie liest am liebsten Ayn Rand, ist überzeugte Kapitalistin und zieht gerade ihr neues Geschäft auf. Ihre Heldin ist ihre Grossmutter, eine Unternehmerin aus dem Südural. Wer ist Xenia Tchoumitcheva?

Sie nannten sie Dagny

Frau Tchoumitcheva, Monat für Monat schreiben Sie für uns eine Kolumne mit dem Titel «Kultur leben». Das ist viel Fleissarbeit, oder moderner: Schreibstress. Warum tun Sie sich das an?

Ganz einfach: in Ihrem Magazin treffe ich auf ein breites Zielpublikum, das sich von meiner gewöhnlichen Fanbasis unterscheidet. Es gibt da Professoren, Politiker, Kreative, die sich für das interessieren, was ich denke. Unternehmer und Leute aus der Finanzindustrie, die meinen Track Record kennen. Journalisten, die von Berufes wegen verfolgen, was ich schreibe. Ich mag es, diese Leute zu überraschen und sozusagen mit Stil vor den Kopf zu stossen. Letztlich geht es mir jedoch um eine private, persönliche Befriedigung. Ich bin nicht nur das Showgirl, sondern habe auch eine intellektuelle Seite.

Sie befassen sich mit der Männerwelt, pflegen aber bewusst eine Frauenperspektive. Adressieren Sie Ihre Texten, anders als im Showbusiness, an ein vorwiegend weibliches Publikum?

Klar, warum nicht? Frauen brauchen in mir keine Rivalin zu sehen, sondern können sich in mir wiedererkennen. Ich bin eine von ihnen, eine, die sich im Berufsleben durchsetzt, die sich Gedanken über das macht, was sie sieht, wenn sie durch die Weltgeschichte reist. Ja, vielleicht könnte man sagen: ich biete eine kritische Frauenperspektive auf eine Welt, deren kulturelle und berufliche Standards von Männern definiert werden.

Sie haben sich gut überlegt, ob Sie als Kolumnistin bei uns auftreten wollen. Ihre Antwort liess an Klarheit nichts zu wünschen übrig: ich bin dabei, aber nur, wenn ich in jeder Ausgabe schreiben kann.

Entweder richtig oder gar nicht, das ist eines meiner Leitprinzipien. Ich habe keine Mühe damit, in der Öffentlichkeit zu stehen. Ich fürchte mich nicht vor dem Urteil der anderen. Ich stehe zu meiner Meinung. Aber nun hätte ich eine Frage, die mich brennend interessiert.

Nur zu.

Wie sind Sie eigentlich auf mich gekommen? Ich schreibe zwar ab und an für Magazine, aber da geht es mehr um Luxus und Lifestyle.

Sie haben auf Ihrem Blog in extenso Friedrich Nietzsche und Ayn Rand zitiert. Und Sie haben einige Interviews gegeben, in denen Sie ziemlich keck auftraten.

Geben Sie es zu: Sie wollten Aufmerksamkeit mit meinem Namen erzielen. Neben all den Schriftstellern, Unternehmern und Politikern eine ehemalige Miss, die über das Showleben nachdenkt, das ist ein reizvolles Spiel für den Herausgeber!

Gewiss, ein wenig Glamour kann nicht schaden. Sogar die Boulevard-presse hat wegen Ihnen über uns berichtet. Aber im Ernst: wie halten Sie es mit der Lektüre? Gehören Sie zu jenen stets leicht abgelenkten Zeitgenossen, die lieber einzelne Passagen als ganze Bücher lesen?

Erst mal: ich lese gerne und viel, richtig gerne und richtig viel. Aber ja, es stimmt, mir kommt Nietzsches aphoristischer Stil entgegen. Lesen, aufblicken, nachdenken, lesen, aufblicken nachdenken, das ist ein guter Rhythmus. Ansonsten habe ich mir gelobt, alle Bücher, die mich interessieren, auch zu Ende zu lesen. Manchmal lasse ich mir dafür einfach die nötige Zeit.

Ayn Rand hat mächtige Wälzer geschrieben.

Aber es sind zumeist Romane, die sich gut lesen. Bei Ayn Rand ist eine spezielle Aura im Spiel, da gibt es einen mythischen Zusammenhang mit meinem Leben. In den Gesprächen der Soulmates, die ich in den letzten Jahren in unterschiedlichen Zusammenhängen auf unterschiedlichen Kontinenten getroffen habe, stellte sich am Ende stets heraus: uns verbindet, dass wir Ayn Rand lesen, «The Fountainhead» oder «Atlas Shrugged». Ich kann nicht glauben, dass das ein Zufall ist.

Zieht Ayn Rands Freiheitslehre und Philosophie des Objektivismus junge ambitionierte Geschäftsfrauen an?

Absolut. Hier wird ein Individualismus gepriesen, der im Widerspruch zum herrschenden Kollektivismus unserer Gesellschaft steht, ein Realismus, der sich über das Wunschdenken der Angepassten erhebt. Das ist wohltuend und wirkt auf mich anziehend.

Dagny Taggart, die Hauptfigur im Roman «Atlas Shrugged»…

…ein guter Kollege in London, mit dem ich die Wohnung teilte, ein junger Unternehmer, nannte mich immer Dagny. Dagny ist eine meiner Heldinnen, auch wenn sie, ehrlich gesagt, ziemlich trocken ist. Ein wenig zu trocken für meinen Geschmack. Es fehlt ihr die Lockerheit.

Ayn Rand war ziemlich verbissen. Auch Nietzsche ist nicht unbedingt eine Ausgeburt der Lebensfreude.

Aber er hat sich einen zynischen Blick auf die Welt antrainiert, in dem ich mich zuweilen wiedererkenne. Wenn ich seine Texte lese, höre ich mich oft zu mir selber sagen: mein Gott, dieser Mann bringt das, was ich immer schon dachte, perfekt auf den Punkt! Dasselbe Lektüreerlebnis habe ich zuweilen auch bei Schopenhauer. Diese Klarheit des Denkens, die beeindruckt mich.

Sie haben also ein platonisches Konzept von Lektüre: Wissen bedeutet, sich an die ewigen Ideen zu erinnern. Fast ein wenig zu schön, um wahr zu sein, zu poetisch sozusagen, oder?

So habe ich das nicht gemeint. Es ist eine metaphysische Frage, aber dennoch – ich glaube nicht, dass wir eingeborene Ideen in uns haben, die wir im Laufe des Lebens entdecken. Ich habe diese Autoren einfach für mich entdeckt. Sie bringen mich weiter.

Mögen Sie denn Poesie?

Früher schon. Als ich klein war, habe ich viele Gedichte geschrieben. Einmal habe ich sogar einen Preis gewonnen.

Erinnern Sie sich an das prämierte Gedicht?

Ja. Thema war das Alter: Stremate le tue fragili mani sono / lo sguardo dolcemente arreso / la stanchezza t’ha rapito / l’inverno lento va. Das Altern, die Erfahrung, das erkenne ich immer mehr, spielt eine wichtige Rolle. Wie jemand denkt, das ist immer auch die Frage danach, was jemand erlebt hat. Und vor allem: was er aus dem Erlebten macht.

Die letzte Ergänzung ist wichtig. Sonst ist es mit den Individualisten Nietzsche und Rand nicht weit her.

Wir haben Einfluss darauf, was uns widerfährt. Der Zufall ist ein wichtiger und auch fairer Teil des Lebens – er behandelt uns alle mit der gleichen Gleichgültigkeit. Entscheidend ist aber, was wir mit dem anstellen, was uns widerfährt, wie wir es deuten und einordnen. Und hier spielt eben die individuelle Einstellung eine wichtige Rolle. Diese Fähigkeit des Reflektierens können wir trainieren, indem wir an uns arbeiten. Immer wieder, unaufhörlich.

Das wiederum klingt nach Ayn Rand, also leicht verbissen.

Überhaupt nicht. Sich zu verbessern, sein Bewusstsein zu schärfen, seine Ideen umzusetzen, das ist es doch, was das Schöne am Leben ausmacht.

Ich habe gedacht: Xenia Tchoumitcheva glaubt ans Schicksal.

Wie kommen Sie denn darauf?

Ich bin wohl einem Boulevardklischee aufgesessen.

Sieht so aus! (lacht) Ich habe eine simple Sicht der Dinge: wir befinden uns stets in einer Situation, für die wir nichts können, finden sozusagen einen Strauss von Optionen vor, aus denen wir auswählen. Entscheidend ist, was wir auswählen und was wir daraus machen. Am Anfang steht die persönliche Entscheidung, etwas zu tun oder eben nicht zu tun. Wir durchschauen oft nicht, welche Folgen unser Handeln hat, aber es bleibt unser Handeln. Diese Einsicht, die die persönliche Verantwortung betont, wirkt auf mich befreiend. Sie transportiert die Botschaft: du bist nicht machtlos, deine Entscheidungen verändern den Gang der Dinge, egal ob du willst oder nicht. Darum sage ich: wenn ich den Gang ohnehin verändere, dann tue ich dies gleich auf Anhieb mit vollem Bewusstsein.

Hier spricht die Karrierefrau.

Es steht mir wohl ins Gesicht geschrieben, und ich strenge mich auch nicht an, es zu verbergen: ich bin ambitioniert. Ich bin nie zufrieden mit dem Erreichten, ich will stets noch mehr erreichen. Das Sich-nicht-Zufriedengeben ist des Menschen Antrieb und die Trägheit, die Bequemlichkeit, die Gewohnheit sein grösster Feind. Dennoch bin ich nicht unzufrieden – ich freue mich auf das, was kommt. Und ich weiss: es könnte alles viel schlimmer sein, als es tatsächlich ist. Das ist ja auch irgendwie beruhigend.

Nun sprechen Sie wie eine Frau mit 60.

Finden Sie? Das sind einfach die Gedanken, die mir durch den Kopf gehen. Sie finden das altklug?

Eher abgebrüht, zu abgebrüht.

Damit kann ich leben.

Sie stammen aus einer Unternehmerfamilie. Wie stark hat Sie dieser Hintergrund geprägt?

Meine Grossmutter väterlicherseits war eine eiserne Frau, stark, bestimmt, von grosser Willenskraft. Sie hat in Magnitogorsk im Südural zu Zeiten der Sowjetunion eine grosse Fabrik geleitet. Es gab da bloss zwei Dinge: Stahlerzeugung und Eishockey. Ein hartes Business, aber sie hat sich durchgesetzt. Und ich fühle mich ihr seelenverwandt.

Und der Mann Ihrer Grossmutter?

Ihr Mann war ihr Mann. Sie leitete die Fabrik. Ihr Sohn, also mein Vater, war ebenfalls Unternehmer in der Stahlbranche, zuerst in der Sowjetunion, später, nach dem Fall des Eisernen Vorhangs, in der Schweiz. Es waren unternehmerische Überlegungen, die dafür sorgten, dass ich heute Italienisch spreche. Mein Vater konnte zwischen Los Angeles und Lugano wählen und entschied sich unter gütiger Mitwirkung meiner Grossmutter für die Schweiz. Sie wollte, dass ich in einem guten Umfeld aufwachse. Im nachhinein hat sich gezeigt: es war die richtige Entscheidung.

Ayn Rand, eigentlich Alissa Sinowjewna Rosenbaum, hatte ebenfalls russische Wurzeln. Identifizieren Sie sich auch biographisch mit ihr?

Identifizieren? Das nicht. Aber ich lasse mich von ihr inspirieren. Ayn Rand wanderte in die USA aus, und ihr radikaler Individualismus war gewiss auch eine Reaktion auf den russischen Kollektivismus. Sie propagierte die Unabhängigkeit und die Freiheit des Menschen, das Prinzip der Produktivität und die Vorstellung, dass man sich die Dinge im Leben verdienen muss. Ayn Rand war eine Kämpferin.

Sie sind 1989 geboren, kurz vor dem Fall des Eisernen Vorhangs. Kennen Sie den Sozialismus noch aus den Erzählungen Ihrer Eltern?

Mein erster Pass lautete auf Xenia Tchoumitcheva, Bürgerin der Sowjetunion. Ich habe ein Jahr meines Lebens dort gelebt, und meine Grosseltern tun es noch immer. Gut, diese Vergangenheit gehört zu mir, damit setze ich mich auseinander. Meine Mutter hat sich einen sozialistischen Habitus bewahrt, sie hat eine Art instinktiven Widerwillen gegen die Marktwirtschaft und einen starken Glauben an den Staat. Sie ist Kind ihrer Zeit, wie wir alle. Mein Vater ist das pure Gegenteil – die Unternehmer der ersten Stunde, die aus der Sowjetunion kamen, sind Oberkapitalisten, Verehrer des freien Marktes, weil sie dank ihm schnell viel gutes Geld verdient haben. Die Frage ist, ob sie das, was sie günstigen geschichtlichen Umständen verdanken, in einer allzu einfachen Weise dem Kapitalismus zuschreiben.

Sozialismus oder Kapitalismus – das war für Sie schon früh die Frage?

Ich bin eine überzeugte Kapitalistin und Individualistin. Das sorgt für Reibung mit meinen Eltern. Für sie war zum Beispiel immer klar, dass sich die Kinder irgendwann um sie kümmern werden. Die Familie war in der Sowjetunion überlebenswichtig, sie war eine Art Lebensversicherung. Das sehe ich anders. Ich liebe meine Eltern und unterstütze sie. Aber ich führe mein eigenes Leben und habe mein eigenes Business – gänzlich unabhängig von ihnen.

Sie halten nicht viel vom Konzept der Familie?

Im Gegenteil – ich halte sehr viel davon! Nur sind die Kinder nicht für die Eltern da. Die Werte und Prinzipien menschlichen Zusammenlebens sind fundamental. Die Familie, Freunde, ich wüsste nicht, wie ich ohne sie glücklich sein könnte. Zugleich hat aber jeder sein Leben, seine Aktivitäten, seine persönlichen Präferenzen, sein Business. Es ist letztlich ein freiwilliges Geben und Nehmen unter Individuen.

Sie führen die Familie auf die Tauschrelation zurück…

…wir haben die Tendenz, unsere Gefühle zu verklären, zu mystifizieren. Ich bin mir nicht sicher, ob familiäre und freundschaftliche Gefühle nicht einfach rational sind. Es ist wichtig, jemanden zu haben, auf den man sich zu 100 Prozent verlassen kann – also kann er sich auch auf mich zu 100 Prozent verlassen. Das kann der Vater, die Mutter oder ein guter Freund sein.

Egoismus als Tugend?

Ja, warum nicht? Sehen Sie, der Altruismus ist doch auch nur eine raffinierte Form des Egoismus: du gefällst dir darin, eine uneigennützige Tat zu vollbringen, was beweist, dass die uneigennützige Tat eigentlich eine eigennützige war. Aber dagegen ist überhaupt nichts einzuwenden. Ein aufgeklärter Egoismus macht die Welt besser, nicht schlechter, wie viele glauben.

Viele Ihrer Fans dürften dies anders sehen. Kapitalismus ist nicht gerade en vogue. Leider.

Ein weites Feld und ein schwieriges Thema. Ich frage Sie: läuft im Kapitalismus alles sauber? Nein. Liefen im Kommunismus die Dinge gut? Noch viel weniger. Letztlich ist es doch so, dass es stets eine Elite gibt, die das Sagen hat. Die grosse Masse regt sich darüber auf, folgt ihr aber letztlich blindlings, bis es irgendwann kracht. Und dann geht die ganze Geschichte wieder von vorne los.

Da ist er wieder, Nietzsches Zynismus.

Nennen Sie es Zynismus, vielleicht ist es aber auch bloss Realismus. Es wird stets eine Minderheit geben, die über eine Mehrheit herrscht, in allen möglichen Systemen. Natürlich ist die Demokratie die beste Regierungsform, weil sie allen Bürgern Partizipationsmöglichkeiten bietet. An der Grundkonstellation aber ändert das nichts. Viele Menschen lassen sich gerne treiben, andere schwimmen mit. Dagegen ist auch nichts einzuwenden. Das muss letztlich jeder selber für sich entscheiden.

Mit einer solchen Argumentation ebnen Sie auch die Unterschiede zwischen Kapitalismus und Sozialismus ein.

Keineswegs. Im Kapitalismus sind die Menschen frei. Sie werden sozusagen durch Glücksversprechungen verführt. Im Sozialismus werden sie gezwungen, sich dem Machtwillen anderer unterzuordnen. Ich ziehe Freiwilligkeit dem Zwang vor. Darum ist Bildung, oder besser: Selbstbildung, wichtig. Wir haben die Möglichkeit, die Mechanismen zu durchschauen und unser Leben so zu gestalten, wie wir wollen. Darum geht es letztlich.

Haben Sie darum Ihr Angestelltendasein bei JPMorgan aufgegeben?

Genau. Dieses Dasein ist nicht für mich gemacht, und deshalb habe ich meinen Dienst quittiert. Ich arbeitete hart, und ein Grossteil dessen, was ich in der kurzen Zeit meiner Anstellung an Mehrwert generieren konnte, ging in die Kasse der Bank. Das widerspricht meinem Leistungsdenken. Wenn ich Mehrwert schaffe, dann will ich auch, dass dieser Mehrwert mir zukommt. Das Jahr bei JPMorgan hat mich dennoch weitergebracht. Ich habe meine betriebswirtschaftlichen Kenntnisse vertieft, neue Kontakte geknüpft…

…aber nun sind Sie doch wieder eine Ich-AG, die im Showbusiness tätig ist.

Ich verdiene hier wieder gutes Geld, ja. Ich bin, so würde ich das nennen, die Unternehmerin meiner selbst. Ich habe Leute, die mir helfen, Buchhaltung, Administration, Rechtsberatung und so. Aber sonst arbeite ich allein und auf eigene Rechnung. Das wird sich in Zukunft ändern. Ich werde mein eigenes Business aufziehen.

Welches Business?

Das kann ich noch nicht sagen, weil die Sache noch nicht spruchreif ist. Es ist eine grössere Geschichte in der Retail-Branche mit einem guten Investor.

Eine eigene Parfüm- oder Modelinie?

Das wäre zu einfach: irgendein Produkt, dazu mein Name, die Kombination verkaufen, that’s it. Das ist klassisches Branding, ein wenig banal und in meinem Fall auch ziemlich schwierig, weil es um reines Marketing geht. Du musst ins Marketing investieren, deinen Namen promoten, auch im Ausland, was in meinem Fall noch nicht erfolgversprechend wäre. Ich will vielmehr etwas Besonderes kreieren, etwas, in dessen Produktion und Distribution mein Wissen, meine Erfahrung einfliesst: ein eigenes Produkt, das zu mir passt. Es geht also auch um mich, in erster Linie aber geht es um die Substanz, also um das Produkt, das ich unter die Leute bringen will. Dieses Produkt werde ich in der Schweiz testen, aber auf der ganzen Welt vertreiben. Ich liebe die Schweiz, aber sie ist klein, der Markt fragmentiert.

Haben Sie sich schon überlegt, Ihr Glück in Hollywood zu versuchen?

Ich habe schon Filme gemacht, und ich kenne da mittlerweile einige interessante Leute. Aber ich bin keine geborene Schauspielerin und habe bisher auch nicht ein halbes Leben in diesen Beruf investiert. Meine schauspielerischen Möglichkeiten sind beschränkt. Kommt hinzu, dass das Hollywood-Umfeld, das ich kenne, stark von Männern dominiert ist. Ich treffe die Leute gerne in privatem Rahmen, aber dort zu arbeiten, ist für eine Frau ziemlich mühsam. Eine Frau muss in Hollywood wissen, was sie will, sonst hat sie rasch ein Problem.

Klingt nicht besonders sympathisch. Wie gehen Sie vor?

Ich bin durchaus offen für interessante Aufträge, denn sie passen zu meinem bisherigen Business, der Werbung. Doch gibt es Grenzen, die ich nicht überschreite. Ich mache keine schmutzigen Geschichten. Das übliche Hollywood-Spiel spiele ich, im Gegensatz zu vielen bekannten und talentierten Künstlerinnen, nicht mit. Aber klar: ich fühle mich geschmeichelt, wenn Regisseure und Produzenten, mächtige, aber zuweilen auch schlüpfrige Figuren, um meine Gunst werben. Das tut meinem Ego gut. Meinen Prinzipien bleibe ich dessen ungeachtet treu.

Ihr Ego sollte Ihnen doch keine Probleme bereiten. Immerhin sind Sie schön und waren 2006 Vize-Miss Schweiz…

…ich gelte als schön.

Wo ist der Unterschied?

Die Schönheit liegt im Auge des Betrachters.

Brav gesagt, politisch korrekt. Aber glauben Sie das wirklich?

Was als schön gilt, wird in unterschiedlichen sozialen Kontexten und unterschiedlichen geschichtlichen Epochen unterschiedlich beurteilt. In den 1950er und 1960er Jahren war Jeanne Moreau das Ideal, heute ist es Gisele Bündchen, morgen ist es jemand anders, eine Frau, die wir heute nicht als schön taxieren würden.

Die objektive Schönheit – eine Illusion?

Ich würde sagen: eine schöne Illusion.

Sie machen mit in diesem Spiel der Illusionen.

Klar. Marketing ist Illusion. Sind Illusionen etwas Schlimmes? Nein, denn es geht um Träume. Sind Träume etwas Schlimmes? Nein, denn sie machen uns glücklich. Nicht immer. Aber manchmal. Und dann müssen wir wieder aufwachen und unser Bewusstsein schärfen.

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