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Sichtbare Erfolge
Eine Mitarbeiterin der Stiftung Brändi produziert in Sursee das Brettspiel «Brändi Dog». Bild: Gaëtan Bally / Keystone.

Sichtbare Erfolge

Spiele, Sparkassen, saubere Weltmeere – das Engagement von Schweizer Philanthropen ist in den verschiedensten Bereichen zu finden.

 

«Brändi statt Handy», übertitelte die «NZZ am Sonntag» vergangenes Jahr einen Artikel über Brettspiele. Spiele abseits des Bildschirms erfreuen sich in der Schweiz wieder wachsender Beliebtheit – und zu den meistverkauften gehört Brändi Dog, das von der Stiftung Brändi produziert wird. Es ist so erfolgreich, dass das Spiel Dog, auf dem es basiert, hierzulande oft nur als Brändi Dog bekannt ist.

Hinter dem Erfolg stehen Hunderte von geistig behinderten Menschen, denen die Stiftung eine produktive Beschäftigung und die entsprechende Betreuung bietet. Auf dem normalen Arbeitsmarkt hätten sie keine Chance. Die Stiftung füllt damit eine wichtige Lücke – dank des philanthropischen Engagements ihrer Stifter.

Aus Mäzenatentum wird Staatsaufgabe

So wie die Stiftung Brändi erfüllen viele gemeinnützige Institutionen Aufgaben, die zwar wichtig für die Gesellschaft sind, aber ­weder von der Privatwirtschaft noch vom Staat gewährleistet werden können. Man nimmt sie oft nicht wahr, aber findet sie, wenn man genau hinschaut, überall. Sei es bei der Betreuung von Senioren, der Behandlung von Menschen mit chronischen Krankheiten oder der Pflege von Naturschutzgebieten. Wir profitieren von einem unsichtbaren Netz von philanthropischen Aktivitäten, ohne die unsere Gesellschaft in vielen Bereichen nicht oder nur schlecht funktionieren würde.

An der grundsätzlichen Funktion von philanthropischen ­Aktivitäten hat sich wenig geändert in den letzten Jahrhunderten, in denen zuerst die Kirche und adelige Mäzene, später reiche Kaufleute und erfolgreiche Unternehmer der aufkommenden ­Industrialisierung ihr Vermögen für wohltätige Zwecke einsetzten. Die Ursprünge vieler staatlicher Aufgaben liegen in philan­thropischen Engagements. Beispielsweise gründete der Zürcher Industrielle Hans Caspar Escher im 19. Jahrhundert als einer der ersten Unternehmer eine Sparkasse für seine Arbeiter. Ausserdem baute er ihnen Wohnungen und errichtete Versicherungen für Krankheit, Alter und Invalidität. Solche Institutionen, gestiftet von Unternehmern, waren Vorläufer der heutigen Sozial­ver­sicherungen.

In grossen Teilen des Meeres sind die Fischbestände bedroht. Die «Fondation Bertarelli» versucht sie zu bewahren, indem sie Meeresschutzgebiete schafft. Bild: Reinhard Dirscherl / Keystone.

Forschung für die Weltmeere

Auch wenn die öffentliche Hand viele Funktionen übernommen hat, die ursprünglich von der Philanthropie erfüllt wurden, ist die Bedeutung gemeinnützigen Engagements ungebrochen hoch. Gemäss dem jüngsten Spendenreport der Stiftung Zewo haben 2020 acht von zehn Schweizer Haushalten an gemeinnützige Zwecke gespendet. Dadurch kamen knapp zwei Milliarden Franken für Hilfswerke zusammen.

Die Zwecke, in die dieses Geld fliesst, sind vielfältig. Manchmal, wie bei der Stiftung Brändi, stiftet Philanthropie in kleinem Rahmen einen Nutzen: Für den Weltfrieden spielt es kaum eine Rolle, ob Familie Meier heute einen geselligen Spieleabend verbringt. Philanthropie kann aber auch ziemlich ambitioniert sein: Der italienisch-schweizerische Unternehmer Ernesto Bertarelli beispielsweise hat sich mit seiner Stiftung nichts Geringeres als die Rettung der Weltmeere zum Ziel gesetzt.

Die Stiftung setzt sich zum einen dafür ein, dass Teile des Meeres vor schädlichen menschlichen Einflüssen wie Über­fischung geschützt werden. So hat sie weltweit die Schaffung von Meeresschutzgebieten mit zwei Millionen Quadratkilometern Gesamtfläche unterstützt. Zum anderen geht sie das Problem grundsätzlicher an: Sie hat ein eigenes Forschungsprogramm aufgebaut, um die biologischen Prozesse und komplexen Zusammenhänge im marinen Ökosystem besser zu verstehen. 70 Wissenschafter aus verschiedenen Fachgebieten sind an dem Programm beteiligt.

Die Kehrseite des Engagements

Ein beliebter Förderbereich ist das Gesundheitswesen. Hier zeigt sich der Nutzen der Philanthropie in aller Deutlichkeit. Den Möglichkeiten, etwas zu bewegen, sind grundsätzlich keine Grenzen gesetzt. Sie hängen nicht nur, aber auch von den eingesetzten Mitteln ab. Mit einem relativ geringen einmaligen Beitrag lässt sich ein krebskrankes Kind behandeln. Will man längerfristig etwas gegen Krebs tun, ist beispielsweise der Aufbau einer spezialisierten Klinik ein Weg. Und wer ganz grosse Ambitionen und die entsprechenden Ressourcen hat, kann mit einem Forschungszentrum oder einem Förderfonds die Krebs­forschung voranbringen.

Ein Kind wird am 16. März 2021 in Barcelona (Bundesstaat Anzoategui, Venezuela) geimpft. In Venezuela gibt es Menschen, die bis zu 20mal an Malaria erkrankt sind. Bild: Pedro Rances Mattey / AFP / Keystone.

Zweifellos gibt es im Bereich der Weltgesundheit mehr als ­genug Bedarf an wohltätigem Engagement. Gemäss dem World Malaria Report der Weltgesundheitsorganisation WHO gab es ­beispielsweise allein im Jahr 2019 knapp 409 000 Malariatote – 94 Prozent von ihnen auf dem afrikanischen Kontinent. 67 Prozent waren Kinder. Kein Wunder, hat sich der bekannteste (und umstrittenste) Philanthrop der Gegenwart just mit diesem Thema auseinandergesetzt: Microsoft-Gründer Bill Gates, der nach eigenen Angaben rund 37 Milliarden des eigenen Vermögens in seine namenseigene Stiftung gesteckt hat. Im Oktober 2021 hat die ­Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) die Zulassung des Impfstoffs RTS,S bekanntgegeben. Das Vakzin führte in Feldversuchen zu einer signifikanten Abnahme der Neuerkrankungen – es ist der erste Impfstoff, der Kleinkindern immerhin zu einem teilweisen Schutz gegen Malaria verhilft. Wichtigster Geldgeber hinter dem Projekt? Genau: Die Bill & Melinda Gates Foundation.

Das Beispiel der Gates zeigt allerdings auch die Kehrseite von Engagements, die auf maximalen Impact abzielen. Für manche Philanthropen steht das gute Gewissen im Vordergrund – sie ­begnügen sich mit dem Gefühl, «etwas Gutes» getan zu haben. Bill Gates hingegen will nicht einfach Geld für wohltätige Zwecke spenden. Er will, dass dieses Geld die grösstmögliche Wirkung ­erzielt – und nimmt entsprechend Einfluss. Gerade in der Coronapandemie hat dies auch Argwohn ausgelöst, der bis zu Verschwörungstheorien reichte. Ähnliche Erfahrungen hat George Soros gemacht, der mit seiner Open Society Foundation nicht nur Menschenrechte und Demokratie fördern will, sondern auch laut ­Kritik übt an jenen, die diese Ziele aus seiner Sicht untergraben. Keine Freunde machte er sich etwa bei der ungarischen Regierung unter Ministerpräsident Viktor Orbán, welche die von Soros unterstützte Central European University zur Flucht ins Exil nach Wien zwang. Wer viel bewirken will, bietet auch viel Angriffs­fläche.

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