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Sicherheitspopulismus

Vorsicht als Prinzip?

 

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In Ayn Rands Klassiker «Atlas Shrugged» befürchtet die Regierung schädliche Auswirkungen einer technologischen Neuerung – eines revolutio­nären Metalls – auf die ­Bepopulisme-securitaire/ ‎völkerung, ohne jedoch irgendwelche Mängel daran feststellen oder Beweise für seine Gefährlichkeit vorlegen zu können. Sie erlässt schliesslich ein Dekret, durch das jegliche Veränderung verboten werden soll. Der Staat friert die Gesellschaft ein. Zurzeit holt die Realität die Fiktion ein, mit einer ­zunehmend dogmatischen Anwendung des ­inzwischen ­berühmten «Vorsorgeprinzips». Dieses ist zur automatischen Antwort auf praktisch jeden technologischen Fortschritt geworden. Gentechnisch veränderte Organismen? Ein Mora­torium! 5G? Ein Moratorium!

Während die Abwehrhaltung beim Thema Gentechnik ein schweizweites Phänomen zu sein scheint, ist die heftige Reak­tion auf die Ankunft der nächsten technologischen Revolution, der 5G-Technologie, in der Westschweiz besonders ausgeprägt. Vielleicht zeigt sich darin der Einfluss Frankreichs, wo einige Politiker 5G auf «die Möglichkeit, in einem Lift Pornos in HD ­anzuschauen» reduzieren. Da es faktisch kompliziert ist, 5G – die vor allem effektiver als die 4G sein wird – technische Mängel vorzuwerfen, versucht man, sie mit Generalverdacht zu dis­kreditieren. Die gleichen Leute, die gestern noch gegen 3G, 4G oder sogar WLAN waren, sind heute wieder im Einsatz,  stets ­getrieben vom Wunsch, aus der Geschichte auszusteigen. Für Olivier Bodenmann, die Speerspitze der Anti-5Gs in der Westschweiz, ist klar: «Es ist an der Zeit zu sagen: Schluss mit diesem irrationalen Wahnsinn des immer Mehr!»

Prävention ist zwar notwendig, aber Vorsicht als Prinzip untergräbt die Idee dezentraler Gesellschaften, in denen Erfindungen durch Versuch und Irrtum entstehen und nicht durch zentrale Planung. Das Risiko ist einer «aufgetauten» Gesellschaft inhärent, um Ayn Rands Formulierung zu verwenden. Die völlige Abwesenheit von Gefahren im voraus zu beweisen, ist natur­gemäss (fast) unmöglich. Deshalb führt die dogmatische Anwendung des Vorsorgeprinzips zu einem Verdachtsprinzip, das alles erstarrt und erstickt. Es ist eine Art Sicherheits­populismus, der den Menschen weismachen möchte, dass es kein Risiko gebe.

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