Showcase 3: Wenn Millimeter entscheiden
Reto Stumps Firma Stump Foratec ist im Präzisionsbohrgeschäft zuhause.
Bei Pendelbohrungen oder Drainagen macht das Schweizer Unternehmen
keine Abstriche an der Qualität.
Das muss man sich einmal vorstellen. Ein Team von zwei Leuten bohrt mit einer Spezialmaschine ein Loch in eine Staumauer und bis in den Untergrund hinein. Bis zu hundert Meter tief geht das Gerät und schafft eine Öffnung mit einem Durchmesser von ungefähr zwölf Zentimetern. Wobei das Wort «ungefähr» in diesem Geschäft nicht existiert: präzise 122 Millimeter beträgt der Durchmesser. Es passt zu dieser Erzählung, dass der Auftrag als gescheitert gilt, wenn nach hundert Metern Bohrdistanz die Abweichung von der geplanten Route mehr als plus/minus acht Millimeter beträgt. Der Besteller bezahlt nicht, der Lieferant erhält nichts.
So einfach kann Swiss Quality funktionieren. Die Firma Stump Foratec aus Russikon im Zürcher Oberland macht es vor. In der dritten Generation bereits. 2003 hat Ökonom Reto Stump das Bohrgeschäft, das einst Grossvater Simon gründete, von Vater Hans übernommen. Geblieben ist der Qualitätsanspruch. Gekommen ist Innovation. Und zuletzt leider – verursacht unter anderem durch den harten Franken – eine Liquiditätsproblematik, doch darüber später mehr.
Stump Foratec mit siebzig Mitarbeitenden ist auf drei Gebieten stark: in der erwähnten Pendelbohrung, in der sogenannten Syphondrainage und in der klassischen Bohrerei, die für die Baugrunderkundung angewendet wird. Letztere bildet das schwindende Stammgeschäft. Zwischen achtzig und neunzig Prozent aller Arbeiten fallen davon in der Schweiz an. Die Pendelbohrungen hingegen sind vor allem dort gefragt, wo Staumauern stehen. In Staaten wie Georgien, Iran, Armenien, Schweden, Portugal, Albanien, Frankreich, Portugal, Deutschland und anderen mehr. Sie sollen das Business der Zukunft sein.
Das Bohren selber ist eigentlich eine Bedingung. Es geht darum, ein Pendel in der Mauer oder im Fundament einzubauen, das fortan Bewegungen ausmisst und genaue Antworten liefert. Auf Fragen wie: Bewegt sich die Staumauer? Oder im Falle einer geplanten Erhöhung derselben: Kann die Staumauer ein bestimmtes Gewicht tragen? Welche statischen Aufgaben sind dem bereits erstellten Bauwerk zuzumuten?
In diesem Bereich ist für die Foratec exakt ein Mitbewerber auf Augenhöhe unterwegs. Er stammt aus Frankreich. Das Rennen ist eröffnet. Dass die Foratec nach eigenen Angaben die teuerste Anbieterin ist, scheint nicht entscheidend. Viel wichtiger: sie ist die präziseste. Das sagt Foratec-CEO und -Präsident Reto Stump: «Unser wichtigster Verkaufsfaktor ist klar die Qualität. Wir sind bekannt dafür, in normalen Projekten keine Nachforderungen zu stellen. Was vereinbart ist, gilt für uns.»
Das Bohrgeschäft ist kein einfaches. Nicht die womöglich sinkenden Margen sind das Problem, sondern die unstabile Auftragslage. In guten Konjunkturzeiten und normalen Abwärtszyklen investieren Staaten oder internationale Gemeinschaften, die oft die Auftraggeber oder Financiers sind, mehr und vorausschauend. Derzeit jedoch ist eine einmalige Phase eingetreten: Staaten sind horrend hoch verschuldet, und ihre Infrastrukturplaner stehen, von Austeritätsstrategen gepeinigt, auf den Investitionsbremsen. Diese historisch gesehen aussergewöhnliche Delle spürt Foratec dieses Jahr besonders stark und kämpft mit Liquiditätsproblemen.
Umso mehr Bedeutung kommt einer zweiten Innovation zu: dem Verkauf und der Ausführung von Drainagearbeiten. Foratec ist Lizenznehmerin im deutschsprachigen Raum und in Tschechien für ein Patent, das ohne Strom Hänge entwässern kann. Damit lassen sich bevorstehende Hangrutsche verhindern, aber auch rutschende Hänge wieder sichern; so zum Beispiel Bahn- und Strassentrassees oder Autobahnwände.
Stump spricht von ganzen Dörfern, die mit ihren von Wasser gesättigten Böden wegzugleiten drohen – die sich häufenden Meldungen in den Medien erzählen dieselben Storys. Diese gefährdeten Bereiche kann die Syphondrainage sichern. Sie garantiert ein permanentes, selbständiges Entwässern. Reto Stump sagt: «Dieser Geschäftsbereich ist interessant und wachsend.» Aufträge vor allem in Österreich, in der Schweiz oder in Tschechien sind seine Referenzen, für die wie stets gilt: Qualität kommt vor allem. Doch erst einmal muss das schwierige Geschäftsjahr 2015 überstanden sein.