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Schweiz und EU: Bilateraler Weg mit Stolpersteinen

Nüchterne Information statt Fundamentalopposition

Während die Europäische Union bisher planmässig ihre Osterweiterung vorantreibt und gleichzeitig mit etwelchen Mühen an einer Verfassung arbeitet, hat sich die Schweiz zunehmend auf die Strategie bilateraler Verhandlungen zurückgezogen. Die Beitrittsfrage ist praktisch eingemottet worden, was auch das politische Klima wesentlich entkrampft hat. Nur die SVP wittert überall Gespenster von EU-Turbos und droht deswegen mit Fundamentalopposition selbst gegen pragmatische Schritte, die den wirtschaftlichen Interessen unseres Landes dienen. Sukkurs könnten sie paradoxerweise am ehesten noch bei der auf dem Papier beitrittsfreudigen Linken finden, die mit unmässigen gewerkschaftlichen Forderungen jede auch nur den Anschein von Liberalisierung erweckende Öffnung hintertreibt.

Auch der bilaterale Prozess erweist sich indessen als ziemlich holperiger Weg. Die Verhandlungen über das zweite Paket haben länger gedauert als vorgesehen, und vorderhand ist von den drei schwierigen Dossiers erst die Zinsbesteuerung vorläufig ans Ziel gelangt. Hier kam der Druck von Seiten der EU, unter deren Mitgliedern es ebenfalls Widerstände gegenüber einem automatischen Informationsaustausch gab, die mit der Nötigung von Drittländern zur Teilnahme hätten überwunden werden sollen. Die Schweiz, die im Mittelpunkt dieser Operation stand, hat erfolgreich widerstanden und mit ihrem Angebot eines Zinsrückbehalts zugunsten der EU-Mitglieder das Bankgeheimnis schützen können. Für die das Bankgeheimnis ebenfalls tangierenden Bestimmungen der Abkommen über die Betrugsbekämpfung und Schengen/Dublin sind freilich noch keine akzeptablen Lösungen gefunden worden. Und damit ist das ganze Verhandlungspaket noch nicht fertig geschnürt.

Wie es nach einer Einigung mit der EU innenpolitisch weitergehen würde, ist noch ungewiss. Will man die verschiedenen Abkommen ebenso wie in den Verhandlungen auch im Parlament und voraussichtlich in einem Referendum als Paket durchbringen, droht Ungemach – zumal die Zeit drängt und noch im Wahljahr gestartet werden müsste. Stolperstein könnte ausgerechnet der von der Schweiz geforderte Beitritt zu den Abkommen von Schengen und Dublin sein, da den sehr nützlichen Vorteilen bei der Bekämpfung der grenzüberschreitenden Kriminalität und des Asylmissbrauchs zum Teil irrationale Ängste gegenüberstehen. Das Zinsbesteuerungsabkommen dürfte eher akzeptabel sein, weil es den Dauerdisput über das Bankgeheimnis vorläufig beendet. Die Frage stellt sich somit, ob die Abkommen nicht doch besser getrennt behandelt werden sollten.

Als psychologisch heikel dürfte sich im weiteren das Verlangen der EU nach einer Beteiligung der Schweiz an der Finanzierung der notwendigen Strukturanpassungshilfen sein. Immerhin kann die Schweiz darauf verweisen, dass sie seit dem Fall des Eisernen Vorhangs in eigener Verantwortung beträchtliche Unterstützungsleistungen an die Ostländer erbracht hat.

Wenn die Schweiz aus durchaus nachvollziehbaren Gründen und aus realistischer Einschätzung des politischen Willens derzeit auf eine weitergehende Integration in die Europäische Union verzichtet, so wird sie doch in ihrem ureigenen wirtschaftlichen und politischen Interesse den steinigen bilateralen Weg mit Bedacht und Konsequenz weiter gehen müssen. Die komplexen Zusammenhänge im aussenpolitischen und aussenwirtschaftlichen Umfeld zu erkennen, ist nicht einfach und nicht telegen. Umso wichtiger ist eine beharrliche, nüchterne Informationsarbeit, die der Versuchung zu emotional aufgeheizten Kampagnen aus dem Wege geht. Denn darin liegen die grössten Stolpersteine!

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