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Rauf auf den Säntis, am besten mit Buch

Rainer Stöckli versammelt in einer «Zirkumspektion» rund 100 Texte, die sich alle dem Säntis und dem Alpstein widmen. Sein Buch bezeugt eine erstaunliche Fülle einschlägiger Äusserungen, als Gedicht und Prosazitat, in Hochdeutsch und Mundart. Wiedergedrucktes findet sich neben bisher Unpubliziertem. Der Vielstimmigkeit entspricht, dass sich unter den Autoren grosse Namen finden wie Hölderlin, Hesse und […]

Rainer Stöckli versammelt in einer «Zirkumspektion» rund 100 Texte, die sich alle dem Säntis und dem Alpstein widmen. Sein Buch bezeugt eine erstaunliche Fülle einschlägiger Äusserungen, als Gedicht und Prosazitat, in Hochdeutsch und Mundart. Wiedergedrucktes findet sich neben bisher Unpubliziertem. Der Vielstimmigkeit entspricht, dass sich unter den Autoren grosse Namen finden wie Hölderlin, Hesse und W.G. Sebald. Auch Johann Jakob Bodmer fehlt nicht, wie er, vom sicheren Flachland aus, den «höheren Säntis» preist. Sein Beitrag von 1747 ist der älteste.

Der Herausgeber hat nicht alphabetisch oder chronologisch geordnet, sondern, anspruchsvoller, eine inhaltliche Gliederung gewählt. Auf unzählige Weisen und von allen Richtungen wird der Säntis poetisch bestiegen. Zum Ausdruck kommt die Verbundenheit mit einer Gegend und kräftiges, auch originelles Lob der Appenzeller Lebensart. In dem für viele heimatlichen Urgestein wird das Erhabene gefeiert, das Feste und Ewige. Es wird personifiziert, vermenschlicht, für diese zum Wächter, für jene zum Freund oder Gott. Für manche hingegen ist es blosse Kulisse, ein zis- oder transalpiner Wall in einer Vulkanhügelgegend und voralpinen Nagelfluhlandschaft. Schroff steht das Numinose neben der Trivialität touristischer Bahnfahrt und Aussichtsknipserei.

Immer wieder kommen auch die Menschen zur Sprache, die im Schutz und Schatten des Säntis leben. Am Ende bleibt wohl alle Naturbewunderung auf den Menschen und seine kurze Lebenszeit bezogen. Der Berg ist, wie der Herausgeber im Vorwort meint, ein «Wahrzeichen überm Herkommen, Dasein und Verschwinden». Solange wir aber noch nicht verschwunden sind, dürfen wir uns an jener göttlichen Lust ein Vorbild nehmen, die in dem Gedicht «Mi Ländli» von Julius Ammann (um 1930) beschrieben wird: «Zletscht chonnt en Juuchzer, himmlisch froo, / chönnscht bleegge fascht ond lache. / De Herrgott hed en use loo / metzt dren bim Säntismache.»

Ein ausgezeichnetes Nachwort des Herausgebers zeigt, welchem Bedacht wir diese Zusammenstellung verdanken, die übrigens einen Einband von geringerer Schmucklosigkeit verdient hätte. Das Buch gehört in den Rucksack jedes sprachbegabten Säntisgängers.

vorgestellt von Thomas Sprecher, Zürich

Rainer Stöckli (Hrsg.): «Säntis und Alpstein im Gedicht. Eine Anthologie». Eggingen: Edition Isele, 2009

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