Propheten auf dem Prüfstand
Glanz und Elend der Zukunftsforschung
Die am 19. März 2000 erstmalig ausgestrahlte Simpsons-Episode «Bart to the Future» malt sich eine Zukunft aus, in der Bart Simpson 40 Jahre alt ist: Seine jüngere Schwester Lisa ist Präsidentin der USA und muss umgehen mit einer exorbitanten Budgetkrise, die ihr von einem gewissen Präsidenten Trump hinterlassen wurde. Ob die Vision von vor zwanzig Jahren nächstens so ähnlich eintreffen wird, kann mit Sicherheit niemand sagen. Das Bonmot «Vorhersagen sind schwierig, besonders wenn sie die Zukunft betreffen» kennt fast jeder, und es wird auch gleich mehreren Personen zugeschrieben.
1949 erfand Ernst Jünger in «Heliopolis» nebenbei das Smartphone und Goethe sah uns in Glaspalästen leben. Mit freiem Assoziieren und der Ausschöpfung der Vorstellungskraft sind Bilder entstanden, die irgendwann von Fiktion zu Tat und Wahrheit wurden: Drohnen, Internet, Robotik, soziale Medien und Nanotechnologie haben Einzug gehalten in die Realität, Teleportation («Beam me up, Scotty»), ewiges Leben und die Besiedlung ferner Galaxien folgen vielleicht bald nach. Der Technikphilosoph Günther Anders hatte die Science-Fiction-Literatur sogar im Verdacht, den Menschen die Narrative der Zukunft über den Weg der Unterhaltung schon früh in den Köpfen zu verankern.
Prognostiker sind immer auch Influencer der öffentlichen Meinung. Hinter ihnen stehen nicht selten Institute und Fachpublikationen mit wohlklingenden Namen und hochkarätigen Auszeichnungen. Was früher ein Teil der Magie war, ist heute als Zukunftsforschung ein eigener Teilbereich der Wissenschaft mit Strahlkraft und Anschlussfähigkeit: Konjunktur & Wirtschaft, Klima & Wetter, Börsenbewegungen, Konsumverhalten, das Risiko von Naturkatastrophen. Zum Glauben verdammt, bleibt die Zukunft dem neugierigen Laien ein Faszinosum. Auch wenn er sie nicht kennen kann, interessiert er sich brennend dafür. Und das tun auch wir. Mit gebührender Distanz, wie es sich für Journalisten gehört.
Gute Lektüre wünscht
die Redaktion
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