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Bauernproteste In Brüssel. Bild: Pexels, Ieva Brinkmane.

Politikversagen treibt
die Bauern auf die Strasse

Ohne Subventionen für die Bauern droht der Versorgungssicherheit ein Ende. Die Argumente gegen diese finanzielle Hilfe sind widersprüchlich.

Die Bauernproteste werden – zumindest in Deutschland – von einer grossen Mehrheit der Bevölkerung begrüsst. Viele Bürger merken, dass es nicht nur den Landwirten an den Kragen geht und das Problem in der allgemeinen Ausrichtung der Politik liegt. Versuche, die Proteste zu delegitimieren, geschehen auf verschiedene Weise. Eine Variante besteht darin, Landwirte als grundlos jammernde Subventionsempfänger hinzustellen, denen es in Wirklichkeit blendend gehe.

Doch was das Einkommen der Landwirte angeht, so liegt es im Durchschnitt deutlich unter dem Vergleichseinkommen aus dem sekundären und tertiären Sektor. Die Spannbreite ist gross. Viele Betriebe wirtschaften am unteren Limit und werden sich auf Dauer nicht halten können. Das entspricht einer normalen Entwicklung zu immer grösseren Einheiten, die gesamtwirtschaftlich von Vorteil ist. Wenn die Erben kleiner Höfe ihre Betriebe nicht weiterführen, weil sie sich ohnehin beruflich anders orientiert haben, wäre daran wenig auszusetzen. Das ist nun einmal der Lauf der Dinge. In Bergregionen bleiben kleine Einheiten dennoch sinnvoll. Sie zu fördern, erscheint schon aus Gründen der Landschaftspflege vernünftig. Allerdings werden sie allein wegen der Grossraubtierpolitik auf Dauer ihren Betrieb einstellen müssen.

Womit wir beim eigentlichen Problem sind: Die Landwirte protestieren de facto gegen das, was durch die politischen Rahmenbedingungen existenzvernichtend hinzukommt. Denn das hat den Kessel erst zum Überkochen gebracht. Agrarsubventionen sind für Landwirte nicht nur Segen, sondern auch Fluch, wenn sie an Bedingungen geknüpft werden, die jegliches Wirtschaften nach guter fachlicher Praxis verhindern. Der Agrarstatistiker Georg Keckl bemerkte 2017, dass die Hilfen «immer mehr zum Steinbruch für grüne Lieblingsprojekte und ihre Kostgänger» würden.

«Die Landwirte protestieren de facto gegen das, was durch die politischen Rahmenbedingungen existenzvernichtend hinzukommt. Denn das hat den Kessel erst zum Überkochen gebracht.»

In der Schweiz ist die Vergabe von Direktzahlungen an den ökologischen Leistungsnachweis gebunden, der sinnvolle, aber auch widersinnige Bestimmungen enthält und die Landwirte stark bevormundet. Mit unerfüllbaren Anforderungen werden sie zur Aufgabe «ermuntert». Da Subventionen eher den Eigentümern von Fläche als deren Bewirtschaftern zugutekommen, führen solche Projekte dazu, die bewirtschaftenden Landwirte entweder zu vergraulen oder zu direkt weisungsgebundenen Angestellten zu machen. Davon wiederum profitieren unter anderen landwirtschaftsferne «Big Player», die aufgrund ihrer ökonomischen Macht Regierungen und überstaatliche Organisationen dazu bewegen können, jene Bestimmungen von oben durchzusetzen.

Wer in diesem Rahmen agiert, ohne ihn wahrzunehmen, wundert sich natürlich, warum die Bauern überhaupt protestieren, und glaubt, es gehe um austauschbare Einzelprobleme. Diese werden aber direkt durch die ökologistische Agenda verursacht oder sind von ihr affiziert. Wer sich über die «Steuerverschwendung» beim Agrardiesel beschwert und von Massnahmen zur «Wiederherstellung der Natur» schweigt, hält sich beim Kleingeld auf, statt den Blick auf die Ausbeutung im Namen der «Planetengesundheit» zu richten.

Almbauern pflegen seit Generationen die Landschaft und bekommen dafür auch Fördergeld. Nun werden sie zugleich durch sündhaft teure Rewildingprojekte auf Kosten der Steuerzahler systematisch vergrämt. Alles soll zudem möglichst regional und saisonal sein, aber – man höre und staune! – Selbstversorgung sei nicht wichtig. Die Steuerrückvergütung für Agrardiesel kann man volkswirtschaftlich definiert als Subvention bezeichnen, was ihn bei Subventionsgegnern unbeliebt macht. Subventionsgegner sind aber oft auch gegen hohe Steuersätze. Bezeichnet man die in der Schweiz verhinderte, in Deutschland aber beschlossene Abschaffung der Agrardieselrückvergütung als Steuererhöhung, die sie faktisch ist, müssten Gegner hoher Steuersätze auch gegen die höhere Steuerlast für landwirtschaftliche Betriebe sein.

Logisch, am plausibelsten wäre die Kritik an Agrarsubventionen aus einer marktradikalen Position, die alle Subventionen als Verzerrungen des Marktes rundheraus ablehnt. Falls aber manche Subventionen für sinnvoll erachtet werden, fängt das Fischen im Trüben an. Die Agrardieselrückvergütung ist zum Beispiel keine offenkundig unsinnige Steuervergünstigung – im Gegenteil. Das einzige Argument gegen sie ist ihre vermeintliche Umweltschädlichkeit. So meinte jüngst ein Agrarexperte: «Auf der einen Seite stärkt der Bund den Umweltschutz, etwa über Beiträge für die Biodiversitätsförderung. Auf der anderen bremst er, etwa indem er den Bauern die Mineralölsteuer auf dem Agrardiesel zurückerstattet.»

Vom Kult um Biodiversität leben nur deren Priester gut, die anderen müssen darben. Die Frage wäre, was die Verteuerung bewirken soll, ausser dass schneller stürzt, was ohnehin bereits gestossen wird. Die Einsparmöglichkeiten der Landwirte sind hier gering – es sei denn, alle Agrarexperten des Landes meldeten sich freiwillig, um die Böden mit dem E-Scooter zu bearbeiten. Die Bodenbearbeitung mit Landmaschinen kann hingegen deutlich vermindert werden, wenn man das zu Unrecht verteufelte Herbizid Glyphosat einsetzt. Dadurch braucht man weder zu pflügen noch zu striegeln, was Bodenqualität und Biodiversität erhöht. Glyphosat ist jedoch im höchstsubventionierten Ökolandbau verboten. Dort muss der Boden weiter mit schwerem Gerät traktiert werden. Finde den Fehler!

«Vom Kult um Biodiversität leben nur deren Priester gut, die anderen müssen darben.»

Die Proteste der Landwirte sind berechtigt. Sie erscheinen nur in den Augen derer als illegitim, die das Wesentliche ausblenden. Dieses Ausblenden hat Methode. Im ökologistischen Paradigma können Landwirte nicht gewinnen. Lasst sie wieder ihren Job machen, ohne sie mit Nonsens-Vorschriften zu gängeln! Denn sie sind die einzigen wirklichen Agrarexperten.

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