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Politik gegen den Mittelstand

Die Politiker verteilen gerne Zückerchen an alle möglichen Interessengruppen. Wer ehrliche Arbeit leistet, bezahlt die Zeche.

Politik gegen den Mittelstand
BIld: pixabay/dmchannelsng.

Als vergangene Woche der jüngste Anstieg der Krankenkassenprämien bekanntgegeben wurde, reagierten die Parteien mit routinierten Klagen. Taten werden keine folgen. Nur schon zaghafte Versuche, die galoppierenden Kosten im Gesundheitswesen zu bremsen, stossen auf den geballten Widerstand gutorganisierter Interessen. Und so üben sich die Politiker in Symptombekämpfung. Die SP etwa will die Prämienverbilligungen ausbauen und beim Bund zentralisieren. Aber noch mehr Umverteilung löst das Problem nicht, im Gegenteil. Es wird dann einfach noch stärker als bisher von der Mittelklasse getragen.

Der Mittelstand: In den Sonntagsreden bemühen sich die Politiker rührend um ihn, unter der Woche schröpfen sie ihn fleissig weiter.

  • Die Reform der beruflichen Vorsorge ist vor einer Woche am Widerstand von links und rechts gescheitert. Die Leidtragenden sind Geringverdienende und Teilzeitangestellte – zu grossen Teilen Frauen –, denen das Ansparen eines angemessenen Vorsorgekapitals verwehrt wurde. Vor allem wird sich nun die Umverteilung von Jung zu Alt fortsetzen. Und wenn Pensionskassen aufgrund des überhöhten Umwandlungssatzes auf dem obligatorischen Alterskapital in Schieflage kommen, werden sie gezwungenermassen den Umwandlungssatz auf dem überobligatorischen Teil senken. Bluten werden nicht Geringverdiener (die kaum überobligatorisches Kapital haben) oder Hochlohnbezüger (denn das versicherte Einkommen ist gedeckelt), sondern alle dazwischen.
  • Im März hat das Stimmvolk einer AHV-Rente zugestimmt, obwohl (oder gerade weil) die Initianten offengelassen hatten, wer sie bezahlen soll. Der Bundesrat will nun zur Finanzierung auf die Mehrwertsteuer zurückgreifen. Die ist – zusammen mit der Inflation, die das Leben laufend verteuert und Sparen unattraktiv macht – die hinterhältigste (und deshalb bei Politikern beliebteste) aller Steuern. Denn der Bürger merkt gar nicht, dass er sie bezahlt. Dumm nur, dass die Mehrwertsteuer tiefere und mittlere Einkommen überproportional trifft. Schreiner, Putzfrauen und Buchhalter bezahlen nun also Sergio Ermottis Zusatzrente. Herzlichen Glückwunsch, liebe Gewerkschaften!
  • Gut möglich übrigens, dass es nicht die letzte Steuererhöhung gewesen sein wird. Der Bundeshaushalt ist unter Druck. Der Bund muss sparen. Wobei «Sparen» ein irreführender Ausdruck ist: Es muss lediglich das Wachstum der Ausgaben gebremst werden. Schon das scheint dem Parlament aber nicht zuzumuten zu sein. Es wird wohl lieber die Steuern erhöhen oder die Schuldenbremse aushebeln, als die zahlreichen Zückerchen für gutvernetzte Interessengruppen anzutasten.
  • Dabei steigen die Steuern bereits so. Schuld ist die «warme Progression»: Weil die Wirtschaft wächst, steigen die Steuerzahler mit der Zeit automatisch in höhere Tarifklassen auf. Die untersten Einkommen (die wenig oder gar keine Steuern zahlen) betrifft das ebenso wenig wie die Reichen (die bereits auf der obersten Tarifstufe sind). Die Zeche zahlt, einmal mehr, der Mittelstand.

Traurige Tatsache ist: Wer einer ehrlichen Arbeit nachgeht, wer sich anstrengt für eine bessere Zukunft für sich und seine Familie, wird von den Politikern im Regen stehen gelassen. Die Mittelschicht hat in Bundesbern offensichtlich keine Lobby. Bloss sollten sich Politiker vielleicht auch einmal bewusst machen, dass der Mittelstand das Fundament einer erfolgreichen Wirtschaft und Gesellschaft ist. Wer ihn zu stark schröpft, sägt am Ast, auf dem er sitzt.

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