Pioniere der Wirtschaftsgeschichte
Heinrich Kunz: Minderjähriger Spinner
Pionier werden kann man in jedem Alter. In der Summe zeigt sich aber, dass vor allem jüngere Personen zu Pionieren avancieren. Eindrücklich ist die Geschichte von Heinrich Kunz (1793–1859). Nach dem Besuch einer Privatschule begibt er sich 1809 für eine kaufmännische Ausbildung ins Elsass. Es vergeht dabei kein Jahr, bis Kunz eigene Unternehmerpläne schmiedet. In einem regen Briefwechsel fordert er seinen Vater eindringlich dazu auf, eine eigene Spinnerei zu gründen: «Ich bitte Euch also, wenn Ihr nur ein wenig Lust dazu habt, keinen Augenblick zu zaudern.» Detailliert rechnet der erst 17-jährige Heinrich im August 1810 vor, wie hoch die Investitionen, die Garnkosten und die Löhne zu stehen kämen und mit welchem Profit man rechnen könnte. Sein Fazit: «Bis es einmal eingerichtet wäre, würde es viel kosten, aber wenn es einmal da wäre, so könnte man gewiss Woche für Woche 100 Gulden netto verdienen.» Offensichtlich kann er seinen Vater überzeugen. Denn schon im März 1811 schreibt der junge Kunz über getätigte Garn- und Maschinenkäufe. Zwei Monate später ist ein geräumiges Haus bei Oetwil am See mit Platz für einige Handspinnmaschinen gekauft. Auch wenn offiziell sein Vater Eigentümer der kleinen Spinnerei war, so kam der pionierhafte Impetus doch klar vom damals noch minderjährigen Heinrich Kunz. Diesen jugendlich anmutenden Pioniergeist und den sicheren Unternehmerinstinkt behielt Heinrich Kunz noch für Jahrzehnte. Das Resultat war ein Fabrikimperium, das in den 1850er-Jahren acht Betriebe mit insgesamt 132 000 Spindeln umfasste – rund 15 Prozent des gesamtschweizerischen Bestandes. Heinrich Kunz war damit der erfolgreichste Pionier der noch jungen Textilindustrie.