Philipp Albert Stapfer – Gestalter der Schweiz, Erfinder des Aargaus
Am 5. März 1798 brach, mit der Kapitulation der Republik Bern vor den französischen Invasionstruppen, das politische System der Alten Eidgenossenschaft endgültig zusammen. Der Brugger Bürger Philipp Albert Stapfer war zu diesem Zeitpunkt Professor für Th eologie an der Akademie in Bern. Nur wenige Wochen später sollte sich sein Gelehrtenalltag für fünf Jahre radikal wandeln. […]
Am 5. März 1798 brach, mit der Kapitulation
der Republik Bern vor den
französischen Invasionstruppen, das politische
System der Alten Eidgenossenschaft
endgültig zusammen. Der Brugger
Bürger Philipp Albert Stapfer war zu diesem
Zeitpunkt Professor für Th eologie
an der Akademie in Bern. Nur wenige
Wochen später sollte sich sein Gelehrtenalltag
für fünf Jahre radikal wandeln. Aus
dem Professor wurde zuerst ein Minister
der Helvetischen Republik, danach der
Gesandte beim französischen Direktorium
in Paris, der, mit dem Ende der
Helvetischen Republik, über Nacht zu
einem Privatgelehrten wurde
In den fünf Jahren als Politiker und
Staatsmann gestaltete Stapfer an vorderster
Front die neue Schweiz mit. Er legte
als helvetischer Minister für Künste und
Wissenschaften zwischen 1798 und 1800
den Grundstein des bis heute geltenden
Schweizer Bildungswesens und erreichte
1803 als Gesandter der helvetischen Regierung
in Paris die Gründung des modernen
Kantons Aargau.
Stapfers Vater, Grossvater und Urgrossvater
waren alles Pfarrer. Die Familie
stammte aus dem Berner Untertanenstädtchen
Brugg, das über gute Schulen
verfügte. Begabten Lateinschülern eröff –
nete sich die Möglichkeit, an der Berner
Akademie die Ausbildung zum Th eologen
zu absolvieren. Philipp Albert Stapfer
wählte diesen Weg, was damals durchaus
dem normalen Werdegang entsprach.
Der Th eologenberuf war im bernischen
Patriziat wenig angesehen, die meisten
bernischen Pfarrherren kamen dementsprechend
aus den Untertanengebieten.
Zugleich bot der Beruf jedoch auch Entwicklungschancen.
Stapfers Vater Daniel
etwa stieg über mehrere Stationen vom
Kapitelshelfer in Lenzburg zum zweiten
Pfarrer am Berner Münster auf – eine
zweifellos bemerkenswerte Karriere.
Philipp Albert Stapfer, am 14. September
1766 in Bern geboren, beendete sein
Th eologiestudium an der Akademie und
reiste zu weiteren Studien nach Göttingen.
Von dort kehrte er 1791 via London
und Paris nach Bern zurück, um sich dem
Lehrberuf zuzuwenden. Er unterrichtete
an der Akademie und wurde 1792 zum
Professor gewählt. Dieser Aufstieg war
keineswegs selbstverständlich; denn obwohl
sich Stapfer durch aussergewöhnliche
akademische Leistungen für diese
Karriere empfohlen hatte, betrachtete ihn
das Patriziat mit Argwohn. Welcher treue
Philipp Albert Stapfer
Gestalter der Schweiz, Erfi nder des Aargaus
Dominik Sauerländer
Berner Untertan reist schon ins revolutionäre
Paris? Und off enbar war auch seine
kritische Haltung gegenüber der patrizischen
Herrschaft nicht verborgen geblieben.
Dank der Protektion seines Brugger
Mitbürgers Johann Georg Zimmermann,
der in Hannover als königlicher Leibarzt
wirkte und dessen Einfl uss bis nach Bern
reichte, wurden ihm jedoch keine Hindernisse
in den Weg gelegt.
Als Mitglied des bernischen Schulrats
erhielt Stapfer Einsicht in das Volksschulwesen,
das seinen Vorstellungen
von Volksbildung in keiner Weise entsprach.
Auch deswegen kam der Fall der
Patrizierherrschaft für ihn zum richtigen
Zeitpunkt. Als Anhänger der Ethik Immanuel
Kants bedeutete der Neuanfang
für Stapfer die Chance, die Ideen der
Aufklärung umzusetzen. Ziel einer neuen
Gesellschaftsordnung war nach seinem
Verständnis eine von Vernunft und
Moral geprägte Ordnung. Diese Gesellschaftsform
sollte im Sinne einer ethischen
Vervollkommnung durch Bildung
und Erziehung erreicht werden. Mit
Kant war er der Ansicht, dass eine solche
Entwicklung über Krise und Revolution
führen müsse. Insofern bedeutete für ihn
die Helvetische Revolution den Über
gang zu einer besseren Gesellschaft in der
Schweiz. Er setzte der Herrschaft durch
Abstammung die Herrschaft durch Bildung
entgegen.
Bereits zwei Tage nach der Kapitulation
Berns reiste Philipp Albert Stapfer
im Auftrag der provisorischen Berner Regierung
nach Paris, um mit dem französischen
Direktorium eine Erleichterung
des Besatzungsregimes auszuhandeln.
Zusammen mit den Gesandten Lüthard,
Jenner, Zeltner und Laharpe, setzte sich
Stapfer für die Schweizer und Berner Interessen
ein. Aufgrund seines Verhandlungsgeschicks
wurde das neu in Aarau
konstituierte Vollziehungsdirektorium
der Helvetischen Republik auf den Berner
Professor aufmerksam. Am 2. Mai 1798
berief die Regierung den mittlerweile als
interimistischer Schweizer Legationssekretär
in Paris amtierenden Stapfer zum
Minister der Künste und Wissenschaften.
Der Zentralstaat, der unter Druck
Frankreichs nun in der Schweiz entstand,
entsprach nicht in allen Teilen Stapfers
Vorstellungen, ebensowenig die militärische
Gewalt, die zu seiner Durchsetzung
im Laufe des Jahres 1798 angewandt wurde.
Dennoch erkannte Stapfer, dass nur
eine starke Zentralregierung und der rasche
Aufbau eines Verfassungsstaates den
Zerfall des durch Besetzung und innere
Widersprüche bedrohten jungen Staatswesens
verhindern konnten. Er befürwortete
den Zentralstaat aus pragmatischen
Gründen, als Mittel zur Erreichung seiner
Ideale einer gerechteren, aufgeklärten
Gesellschaft in einem Schweizer Nationalstaat.
Das Organisationsgesetz vom Juli
1798 teilte dem Verwaltungsressort
Stapfers folgende Aufgabenbereiche zu:
öff entliche Erziehung und Unterricht,
Schule, National-Institute für Künste
und Wissenschaften, Bibliotheken, Museen
und andere Nationalsammlungen,
Nationaldruckerei, bürgerliche Feste sowie
die Aufsicht über die öff entlichen
Gebäude und das zivile Bauwesen. Nicht
erwähnt, aber inbegriff en war der problematische
Bereich des Kirchenwesens, der
in einer Zeit, in der sich die Ambivalenz
zwischen dem revolutionären laizistischen
Staat und der Kirche immer klarer
abzeichnete, Stapfer schwer zu schaff en
machen sollte.
Als dringlichste Aufgabe hatte sich der
junge Minister aus seinen Berner Erfahrungen
die Reform des Volksschulwesens
vorgenommen. Eine nach französischem
Vorbild durchgeführte Befragung über
dessen aktuellen Zustand hatte schlimme
Zustände off enbart. Stapfer beabsichtigte,
hier möglichst rasch Verbesserungen einzuführen.
Als erste Massnahme setzte er
kantonale Erziehungsräte ein. Zu ihren
Aufgaben gehörte die Aufsicht über die
Schule, insbesondere die Wahl der Lehrkräfte
und Lehrmittel, sowie die Formulierung
von Lerninhalten und Lehrmethoden.
Den Erziehungsräten unterstanden
die Schulinspektoren in den einzelnen
Bezirken. Diese beiden Gremien bildeten
den ersten und nachhaltigsten Pfeiler
des Stapferschen Erziehungswesens – in
vielen Kantonen haben sie sich bis heute
erhalten. Weiter gedieh die konkrete
Umsetzung von Stapfers Vorstellungen
in diesem Bereich nicht, da das Parlament
nach langen Verhandlungen das Schulgesetz
im Jahre 1800 ablehnte.
Dennoch lohnt sich eine Auseinandersetzung
mit seinen Ideen zum Schulwesen,
wie sie im Gesetzesentwurf formuliert
sind. Stapfer stellte die allgemeine
Schulpfl icht klar in den Dienst der von
ihm anvisierten aufgeklärten und im Nationalstaat
sich organisierenden Gemeinschaft.
Besonders wichtig war ihm deshalb
die Bildung der bisher vernachlässigten
unteren Volksschichten. Wesentlich war
auch die Schaff ung eines professionell
ausgebildeten und allgemein geschätzten
Lehrerstandes als Stütze der Gesellschaft.
In einer Rede anlässlich der Eröff nungssitzung
des Erziehungsrates in Luzern
im Januar 1799 zeigte er sich zudem als
Vertreter des Pestalozzischen Menschenbildes:
«Die Zeiten der Einseitigkeit in
dem Bildungsgeschäfte des Menschen sind
vorüber. Nicht bloss das Gedächtnis, nicht
bloss den Verstand, nicht die Einbildungskraft,
auch nicht die spekulative Vernunft
soll der Unterricht, wie es bisher geschah, zu
seinem vorzüglichen Gegenstande machen.
Vielseitige, ja allseitige Kultur soll nun an
die Stelle jener partiellen Bildung treten,
welche vielleicht mehr als irgendein anderes
Hindernis, alle gemeinnützigen Pläne und
alle Hoff nungen der denkenden Menschen
zertrümmert oder fruchtlos gemacht hat.»
Den Erziehungsräten gab Stapfer den
Auftrag: «…nicht Bildung, sondern Ausbildung
des Menschen wird Euer Geschäft
sein.» Damit ist seine Pädagogik heute,
da guter Unterricht auch die Schulung
der Urteilskraft und die Heranbildung
ethischer Handlungsmaximen zum Ziel
haben muss, wieder modern.
Auch im sekundären und tertiären
Bildungssektor behinderte die Säumigkeit
des überlasteten Parlaments die Umsetzung
von Stapfers Plänen. Immerhin
konnte sein Bürochef Fischer in Burgdorf
das erste von sechs oder sieben geplanten
nationalen Seminarien eröff nen. Kriegselend
und knappe Finanzen beendeten
den Versuch allerdings schon bald. In der
Folge ermöglichte Stapfer Johann Heinrich
Pestalozzi die Übernahme der Anstalt
für sein erstes Schulprojekt. Er förderte
und schützte den bisher verkannten Pädagogen
und plante, dessen pädagogische
Methoden republikweit umzusetzen.
Im selben Geist und mit denselben
Zielen wie die Bildungspolitik, betrieb
Stapfer auch die nationale Kulturpolitik.
Er stellte sie in den Dienst der Schaff ung
eines esprit public, der geistig-moralischen
Bildung des ganzen Volkes. Instrument
zur Umsetzung seines kulturellen Programmes
sollte das Büro für Nationalkultur
werden, das er der Leitung des jungen
Schriftstellers und begeisterten Helvetikers
Heinrich Zschokke unterstellte. Neben
der geistig-moralischen Volksbildung
sollte die neue Institution auch ganz pragmatisch
«die Völkerschaften der Schweiz
über die Zeitverhältnisse aufklären, sie für
das gemeinsame Vaterland beleben und die
politische Einigung aller Kantone durch
eine moralische aller Kräfte stärken», wie
Zschokke später schrieb. Auch hier beendete
das Kriegsjahr 1799 den weiteren
Aufbau. Immerhin konnte Zschokke im
Winter 1798 in Luzern die Idee Stapfers
zur Gründung einer «Literarischen Gesellschaft
» umsetzen. Sie war die Muttergesellschaft,
der in verschiedenen Städten
– auch nach dem Ende der Helvetischen
Republik 1803 –Tochtergesellschaften
folgten. Diese Gesellschaften übernahmen
gewisse Traditionen ihrer vorrevolutionären
Vorläuferinnen, betonten aber
stärker die praktische und gemeinnützige
Ausrichtung ihrer Tätigkeiten. Besonders
zu erwähnen ist die 1811 von Zschokke
im Aargau gegründete «Gesellschaft für
vaterländische Kultur», die dem neuen
Kanton grossen geistigen Auftrieb gab.
Viele von diesen Gesellschaften existieren
noch heute und sind in der «Schweizerischen
Gemeinnützigen Gesellschaft» vereinigt.
Obwohl in der Verfassung nicht vorgesehen,
wurde Stapfers Ministerium
– wie erwähnt – auch die Organisation des
Kirchenwesens übertragen. Stapfer sah
den Beitrag der Kirchen vor allem in der
an den Staat angelehnten Mitwirkung in
der moralischen Erziehung. Doch geriet
der Minister mit seinen Bestrebungen,
Kirche und Staat miteinander zu verbinden,
zwischen Stuhl und Bank. Schliesslich
sah er die einzige Lösung in einer
Trennung der beiden Institutionen unter
Wahrung der Glaubens- und Gewissensfreiheit
und des materiellen Schutzes
der Kirche. Die Auseinandersetzungen
brachen nicht ab, eine gesetzliche Lösung
war ebenfalls nicht in Sicht. Die
heftige Kritik seines ehemaligen Lehrers
und Freundes Samuel Ith, der als Berner
Dekan gegen ihn Stellung bezog, mag
den Ausschlag für einen körperlichen
Zusammenbruch Stapfers gegeben haben.
Im Juli 1800 ersuchte der erschöpfte Minister
um einen Erholungsurlaub, den
er bei seiner Gattin und seinem Sohn in
Paris verbringen wollte. Die Regierung
stimmte zu, beauftragte ihn aber zugleich
mit einer erneuten diplomatischen Mission.
Nach deren erfolgreicher Erledigung
ernannte ihn das Direktorium zum interimistischen
Geschäftsträger und später
zum bevollmächtigten Minister der
Schweiz bei der französischen Regierung.
Auf seinen helvetischen Ministerposten
kehrte er nicht mehr zurück. Er versah
vielmehr den schwierigen Gesandtenposten
in Paris von 1800 bis zum Ende der
helvetischen Republik 1803. In den Verhandlungsrunden
der «Consulta» sollte er
dem Ersten Konsul Napoleon Bonaparte
den heutigen Kanton Aargau regelrecht
abschwatzen.
Die Republik, die Stapfer in Paris vertrat,
veränderte in den Jahren seiner Gesandtschaft
ihr Gesicht. Mehrere Staatsstreiche
folgten sich, Anhänger eines
radikalen, revolutionären Zentralstaates
(Unitarier) und solche eines lockeren aristokratischen
Staatenbundes nach altem
Vorbild (Föderalisten) bekämpften sich.
Stapfer stand zusammen mit anderen
führenden Köpfen der Helvetik für eine
liberale Lösung ein. Die Republikaner,
wie sich diese Partei nannte, vertraten die
Ansicht, dass ein Zentralstaat unter Führung
der gebildeten Mittelschicht für den
Moment die einzig tragfähige Lösung sei.
Nur so könne die Schweiz innenpolitisch
befriedet werden und aussenpolitisch
wieder kraftvoll auftreten. Damit schloss
das republikanische Modell die Beteiligung
der noch nicht demokratiefähigen
Unterschichten vorerst aus.
In Paris setzte Stapfer alles daran,
rasch die französische Zustimmung zu
einer republikanischen Lösung in der
Schweiz zu erhalten. Dabei erwies er sich
als geschickter Diplomat, sowohl vor wie
hinter den Kulissen. Er schaff te es, den
drohenden Sieg der Föderalisten in den
helvetischen Verfassungskämpfen so lange
hinauszuzögern, bis Bonaparte gewillt
war einzugreifen. Dies geschah 1802, als
der Zusammenbruch des revolutionären
Zentralstaates in der Schweiz unmittelbar
bevorstand. Bonaparte hatte im Sommer
die französischen Truppen vollständig aus
der Schweiz abgezogen und liess den Dingen
für eine kurze Zeit ihren Lauf. Den
auffl ammenden Bürgerkrieg beendete er
durch eine erneute militärische Besetzung,
die aber nun erstmals auch mit einem
Verhandlungsangebot verbunden war.
Er lud Delegationen der Regierung,
der Kantone, verschiedener Landesteile
und der verfeindeten Parteien nach Paris
zur sogenannten «Consulta» ein. Aus diesen
Verhandlungen sollte unter Führung
Frankreichs abermals ein neuer Schweizer
Staat mit neuer Verfassung entstehen.
Diesmal aber einer, der dauerhafter
bleiben musste, denn Bonaparte brauchte
Ruhe in den Vasallenstaaten, um die geplante
Neuordnung Europas unter seiner
Herrschaft durchführen zu können.
In den Verhandlungen der Consulta
setzte sich Stapfer für einen Ausgleich
zwischen den Interessen der Unitarier
und Föderalisten ein. Eine Versöhnung
der verfeindeten Parteien erschien ihm
zwingend, um einem Schweizer Staat das
Überleben zu sichern. Dabei ging er von
der Annahme aus, dass die französische
Seite nach wie vor einen starken Schweizer
Staat wollte, was sich allerdings als
Trugschluss erweisen sollte. Das Resultat
der Consulta war eine Wiederaufl age des
föderalistischen Modells aus dem Ancien
Régime, mit nur rudimentärer Zentralgewalt.
Die Unitarier und Republikaner
waren den Föderalisten vollständig
unterlegen. Bonaparte schätzte einen
föderalistischen Schweizer Staatenbund
als stabiler und für Frankreich leichter
manipulierbar ein als einen Bundestaat.
Immerhin schrieb er die Erarbeitung von
Kantonsverfassungen vor, die dann der
sogenannten Mediationsakte, der durch
Frankreich vermittelten neuen Verfassung,
angegliedert wurden. In diesen Verfassungen
galten anstelle der alten patrizischen
Vorrechte nunmehr die Gleichheit
der bürgerlichen und politischen Rechte
und die Festschreibung von Wahlen.
Trotz diesem Rückschlag konnte
Stapfer die Selbständigkeit der ehemaligen
Untertanengebiete im Aargau und im
Th urgau als neue Kantone durchsetzen.
Vor allem der Aargau war zur Disposition
gestanden, und die Berner Vertreter
hatten vergeblich alles daran gesetzt, ihre
ehemaligen Untertanengebiete wieder
einem neuen Kanton Bern zuzuschlagen.
Erfolgreich setzte Stapfer bei Bonaparte
die Ablehnung der bernischen Forderungen
durch und erreichte die Bildung eines
neuen Kantons Aargau, der aus den helvetischen
Kantonen Aargau, Baden und
Fricktal zusammengefügt wurde. Dank
Stapfers Einfl uss wurden die liberalen
Ideen der Republikaner in der Aargauer
Verfassung verankert.
Nach Abschluss der Consulta ernannte
Bonaparte Stapfer zum Leiter der Liquidationskommission,
die die Aufl ösung
der Helvetischen Republik zu bewältigen
hatte. Stapfer reiste zurück in die Schweiz.
Kurz vor Abschluss der Arbeiten gab er
seinen Posten auf und kehrte nach Paris
zu seiner Familie zurück. In Frankreich
verlebte er seine zweite Lebenshälfte in
Zurückgezogenheit und Stille. Allerdings
korrespondierte er intensiv mit Freunden
in der Schweiz und pfl egte einen regen
Umgang mit Wissenschaftern, Kulturschaff
enden und Politikern von Rang. In
die Schweiz reiste er nur noch selten. Eine
Mitwirkung in der Aargauer Politik zog
er mehrmals in Betracht, schlug aber die
ihm 1803 und 1815 angebotenen Mandate
im Aargauer Grossen Rat aus. Seine
Familie und die fortschreitende Restauration
in der Schweiz gaben hier wohl den
Ausschlag.
Denn nach dem Ende der napoleonischen
Herrschaft war auch die Mediationsakte
hinfällig geworden. Im April 1814
berieten die Abgeordneten der Kantone
an der «Langen Tagsatzung» in Zürich
über einen neuen Bundesvertrag für die
Schweiz. Erneut bekräftigte Bern seinen
Anspruch auf den Aargau. Entschieden
wurde der Streit dann am Wiener Kongress.
Zusammen mit Albrecht Rengger
und Friedrich Cäsar Laharpe erreichte
Stapfer die Rückweisung der bernischen
Ansprüche. Dadurch war die territoriale
Existenz des Aargaus gesichert.
Philipp Albert Stapfer starb im Alter
von 74 Jahren, am 27. März 1840, von der
Öff entlichkeit weitgehend unbeachtet.
Literatur: Adolf Rohr: «Philipp Albert Stapfer.
Minister der Helvetischen Republik und
Gesandter der Schweiz in Paris 1798–1803».
Baden: hier + jetzt, 2005.
DOMINIK SAUERLÄNDER, geboren 1960,
ist promovierter Historiker und lebt in Aarau.