Eine Bekannte erzählte mir, dass ihr vierjähriger Enkel sie in eine peinliche Situation gebracht habe, als er auf offener Strasse lauthals – und mit der Spielpistole in der Hand – geschrien habe: «Peng, peng, peng! Alle tot!» Die Öffentlichkeit strafte die Grossmutter mit missbilligenden Blicken – sie hätte sich, sagte sie, am liebsten mitsamt ihrem Enkel in Luft aufgelöst. Ich schmunzelte und dachte: eine Spielpistole macht noch keinen «Rambo».
Und was lese ich am nächsten Tag auf der Frontseite des «Tages-Anzeigers»: «Werden Kinder durch Fischen aggressiv?» Der Schweizer Tierschutz, so erfuhr ich, fordert ein Mindestalter für das Angeln. Sie haben richtig gelesen. Begründung: es führe zu einer Verrohung der Kinder. Fischen soll gemäss diesem Vorstoss erst ab 18 – allenfalls ab 16 – zulässig sein, genau wie das Jagen. Ich meine: der Vergleich mit der Jagd hinkt. Denn der Jäger hantiert mit Schusswaffen, die nicht nur für das zu tötende Tier, sondern auch für ihn selbst oder für Spaziergänger gefährlich sein können.Überdies kann dem Tier durch einen nicht fachmännisch abgegebenen Schuss unnötiger Schmerz zugefügt werden. Richtig ist zwar, dass bei beiden Aktivitäten Tiere getötet werden. Aber ist es falsch, wenn Kinder lernen, dass Fischstäbchen eben nicht ursprünglich aus dem Kühlregal im Supermarkt kommen, sondern von einem Lebewesen stammen, das gefangen und getötet werden muss, bevor man es verzehren kann? An das Verbot von Spielpistolen und weiteren Spielsachen mit «Aggressionspotential» in der Krippe haben sich die Schweizer Eltern wohl gewöhnt. Dem Regulierungswahn in der Kindererziehung müssen aber Grenzen gesetzt werden. Ein Fischereiverbot für Kinder wäre für die Betroffenen ein Hobbyverbot und somit ein nicht gerechtfertigter Eingriff in das Persönlichkeitsrecht und die Entwicklung. Knirpse sollten deshalb weiterhin auf offener Strasse mit ihren Spielpistolen Räuber und Gendarm spielen dürfen – und fischende Kinder auch künftig zur Szenerie jedes sauberen Sees gehören.