Pascal Bruckner räumt wieder mal auf
Während universitäre Forschung, Kulturbetrieb und Politik akute Probleme entweder ignorieren, schönreden oder verschärfen, sorgt der französische Philosoph geradezu im Alleingang für Ordnung.
Seit Jahren benennt der französische Philosoph Pascal Bruckner nicht nur die destruktiven Tendenzen der Gegenwart, die andere für blosse Signien der «Vielfalt» und des Progressivseins halten, sondern kritisiert sie mit einer Unmissverständlichkeit, die im deutschsprachigen Raum kein Pendant kennt. «Ein nahezu perfekter Täter», seine in der Edition Tiamat veröffentlichte Abhandlung über die Konstruktion des weissen Sündenbocks, erörtert die Genese der Unvernunft, die in der Gegenwart insbesondere in Gestalt der Identitätspolitik wütet, und widmet sich in gebührender Schärfe deren jüngsten Erscheinungen: Diese reichen von der Rassifizierung des Sozialen über die Verwüstung der Öffentlichkeit beispielsweise durch die #MeToo-Kampagne bis hin zum akademisch aufbereiteten Hass auf Juden, an dem die Ikonen der Gefühlslinken noch kräftig mitmischen. Selbst dort, wo man mit den hier versammelten Ausführungen nicht übereinstimmt, ist anzuerkennen, dass diese um Längen erhellender und denkwürdiger ausfallen als das, was derweil in den hiesigen Feuilletons hoch gelobt wird. Um sich für kommende Zumutungen zu wappnen, die Bruckner einen drohenden «Krieg aller gegen alle» nennt, ist die Lektüre dieses Bandes dringend anzuraten. (vsv)