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Parteien als Krisengewinnler
Wahlplakate von verschiedenen Parteien im aargauischen Baden im September 2019. Bild: Christian Beutler/Keystone.

Parteien als Krisengewinnler

Wie sich Parteien mit «ihrer» Krise profilieren.

Der nationale Wahlherbst rückt näher, und die Auguren üben sich in Prognosen über die mutmasslichen Gewinner und Verlierer. Was in den USA Momentum und Narrativ heisst, ist unter hiesigen Politologen die Themenkonjunktur. Und da jagt derzeit eine echte oder vermeintliche Krise die nächste. Wurde zuerst den Freisinnigen unterstellt, sie wollten aus dem russischen Überfall auf die Ukraine mit einer strammen Sicherheitspolitik Profit schlagen, wobei gar der diffuse Begriff eines «Kriegsrauschs» die Runde machte, dürften die Sozialdemokraten am Abend der staatlich beförderten Übernahme der CS durch die UBS alle Champagnerflaschen geköpft haben, die sie finden konnten. Die SVP schliesslich beklatscht jeden Flüchtling, der es bis auf Schweizer Boden schafft, während die Grünen sehnsüchtig auf einen trockenen und heissen Sommer hoffen.

 

Ist es ein politologisches Naturgesetz, dass sich alle Parteien nur mit jeweils «ihrer» Krise profilieren können? Dabei könnten doch die Sozialdemokraten behaupten, dass es ihr Verdienst sei, die Sozialleistungen absolut und relativ auf immer neue Rekorde und zuletzt auf jährliche Ausgaben von über 200 Milliarden Franken gehievt zu haben. Die SVP sollte für sich reklamieren, dass Strafrecht, Rechtsprechung und Strafvollzug deutlich verschärft wurden, und die Grünen könnten sich gutschreiben lassen, dass die Vorgaben zum Schutz des Bodens, der Luft und des Wassers nie strikter waren als heute – ganz zu schweigen davon, dass die Schweiz drauf und dran ist zu verwalden.

 

Und vor allem müssten die Freisinnigen herausstreichen, dass zum einen für all das – und noch viel mehr – nur deshalb genug öffentliches Geld vorhanden ist, weil zuvor dank der von FDP-Bundesrat Kaspar Villiger konzipierten Schuldenbremse die Ausgaben hierzulande weniger überbordet haben als anderswo. Zum anderen ist es der liberalen Wirtschaftsordnung zu verdanken, dass wir diese grossen und kleinen Krisen en petit paradis ganz wohlig überleben. Aber schon dort kaprizierte man sich am Schluss auf die Schlange.

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