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Ob Trump oder Harris – die Aussichten für Schweizer  Firmenbleiben gut

Ob Trump oder Harris –
die Aussichten für Schweizer
Firmenbleiben gut

Die Rolle der USA für die Schweizer Wirtschaft ist kaum zu überschätzen. Ein Freihandelsvertrag ist derzeit nicht realistisch, möglich sind jedoch ein Doppelbesteuerungsabkommen und «Mini Trade Deals».

Kein Land beeinflusst die Welt dermassen wie die USA. Die Wahlen im November werden global genaustens beobachtet. Abseits des Lärms der Politik brummt der Motor der weltgrössten Wirtschaft unbeirrt weiter, die Aktienmärkte verzeichnen Rekorde, die Arbeitslosigkeit ist tief und die Inflation im Sinkflug. 2021 haben die USA Deutschland nach fast 70 Jahren als grössten Exportmarkt der Schweiz überholt und behalten ihren Spitzenplatz als wichtigsten Auslandinvestor und grössten Empfänger von Schweizer Direktinvestitionen, die sich auf mehr als 300 Milliarden US-Dollar belaufen.

Exportmotor der Schweiz

Die USA sind eine vibrierende, resiliente und wettbewerbsstarke Nation. Am Bruttoinlandsprodukt gemessen wären acht Gliedstaaten in den G20, Kalifornien würde Italien als fünftgrösste «Nation» aus den G7 verdrängen. Die US-Wirtschaft ist grösser als die EU und auch grösser als die BRIC-Staaten (Brasilien, Russland, Indien und China) zusammengerechnet. Betrachtet man ausschliesslich jene Märkte, die für ausländische Exporteure offen sind, repräsentieren die USA 40 bis 45 Prozent des Weltmarktes. Die Schweiz hat ihre Exporte in die USA mit einem Plus von 26 Milliarden Franken innerhalb von zehn Jahren mehr als verdoppelt – es ist das grösste Wachstum von Schweizer Exporten in der genannten Zeitspanne. Schweizer Firmen exportieren mehr als dreimal so viel in die USA wie nach China und gleich viel wie nach Italien, Frankreich, UK und Österreich zusammen. Ausschlaggebend ist hier nicht, wer Nummer eins ist, sondern vielmehr die Frage, wo sich eine Schweizer Unternehmung heute hinwendet, wenn sie investieren und weiterwachsen möchte. Und da dominieren die USA von der schieren Marktdynamik und -grösse her seit Jahren.

Attraktive Marktbedingungen

Das soll nicht darüber hinwegtäuschen, dass der US-Markt höchst kompetitiv und anspruchsvoll ist. In den letzten Jahren kamen protektionistische Massnahmen wie Handelszölle, Investitionskontrollen und striktere Ursprungsregeln wie der Build America, Buy America Act hinzu. Das macht die wirtschaftliche Tätigkeit für ausländische Unternehmen zu einer Herausforderung. Auf der anderen Seite bieten die USA einen funktionierenden Rechtsstaat, in dem auch ausländische Unternehmen gegen den Staat klagen können, Schutz von Investitionen und geistigem Eigentum, mit dem US-Dollar eine frei konvertierbare Weltwährung, Kapitalverkehrsfreiheit, die erlaubt, Investitionen und Unternehmensgewinne reibungslos ein- und auszuführen, und letztlich den Umstand, dass US- und ausländische Firmen vor Ort weitgehend gleich behandelt werden. Die hart arbeitende Belegschaft, der beschränkte Einfluss von Gewerkschaften und die einheitliche Sprache im gesamten Binnenmarkt zählen ebenfalls zu den positiven Punkten für die Unternehmen. Schweizer Firmen sind seit Jahrzehnten in den USA präsent und verfügen daher über einen klaren Wettbewerbsvorteil. Für zahlreiche von ihnen sind die USA der grösste Markt, zahlreiche Schweizer Multis generieren über 50 Prozent ihres weltweiten Umsatzes im Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Sie sind vertraut mit dem föderalen System und der Zweikammerlegislative. Obwohl die Schweiz lediglich die zwanzigstgrösste Wirtschaft der Welt ist, sind ihre Firmen der siebtgrösste ausländische Direktinvestor in den USA und unter den Top drei im Bereich Investitionen in Forschung und Entwicklung, gleichauf mit weit grösseren Volkswirtschaften wie Japan und Deutschland. Sie beschäftigen über 500 000 Arbeitskräfte vor Ort, mehr als in irgendeinem anderen Land. Diese Erfahrungen und Investitionen vor Ort sind der entscheidende Erfolgsfaktor für Schweizer Firmen – direkt oder indirekt – und machen sie rentabler, wie kürzlich eine Studie der Beratungsfirma Accenture zusammen mit der Swiss-American Chamber of Commerce darlegte.

Arzneimittelabkommen als Vorbild

Nach meiner Erfahrung stösst die Schweiz durchs Band auf sehr viel Wohlwollen, sei es in Washington DC, den einzelnen Bundesstaaten oder bei der Bevölkerung; 2024 haben bereits zwei US-Gouverneure die Schweiz besucht. Sie ist ein geschätzter Partner, der für Innovationskraft, Wirtschaftsliberalismus, Unabhängigkeit, direkte Demokratie, Föderalismus und Rechtsstaatlichkeit steht.

Die Beziehung zwischen der Schweiz und den USA ist stabil. Die Verhandlungen zu einem FATCA-Modellwechsel konnten im November 2023 abgeschlossen werden, diejenigen zur Revision des schweizerisch-amerikanischen Doppelbesteuerungsabkommens sollten im laufenden Jahr abgeschlossen werden. Dies würde den Standort Schweiz für US-Firmen signifikant stärken und Investitionen in beide Richtungen fördern. Mitte April 2024 unterzeichnete die Schweiz mit den USA den Artemis-Accord zur friedlichen Erforschung des Weltalls.

Ein Freihandelsabkommen wäre für die Schweiz weiterhin höchst wünschenswert, die politischen Strömungen beider
Parteien in den USA deuten derzeit aber in eine andere Richtung. Möglich scheinen hingegen sogenannte «Mini Trade Deals», wie sie die Schweiz im Januar 2023 im Bereich der Herstellungspraxis für Arzneimittel mit den USA abgeschlossen hat. Die USA haben insgesamt über tausend solcher Abkommen abgeschlossen, die oft technische Handelshemmnisse überwinden oder Ursprungsregeln klären und nicht vom Kongress bewilligt werden müssen.

«Ein Freihandelsabkommen wäre für die Schweiz weiterhin höchst
wünschenswert, die politischen Strömungen beider Parteien in den USA
deuten derzeit aber in eine andere Richtung.»

Fördergelder zu verteilen

Vor den anstehenden Wahlen nehmen die meisten Firmen und Investoren eine «Wait and See»-Haltung ein, bis der Kurs der neuen Administration hinreichend klar ist. Mittelfristig sieht die Zukunft für Schweizer Investoren und Exporteure in die USA sehr positiv aus. Die 500 Milliarden Dollar an frischen Mitteln durch den Infrastructure Investment and Jobs Act, die 369 Milliarden Dollar des Inflation Reduction Act sowie 280 Milliarden Dollar des CHIPS Act fördern die Bereiche Infrastruktur, Nachhaltigkeit, F&E, Gesundheitswesen und Reindustrialisierung/Automatisierung, alles Sektoren, in welchen Schweizer Firmen signifikante Trümpfe zu bieten haben. Die amerikanische Wirtschaft ist stark, innovativ und kommt aus Krisen schneller heraus als die europäische.

Schweizer Firmen sind in diesem grossen Markt gut eingebettet und werden weiterhin Erfolge feiern. Ob Trump oder Harris: Für Schweizer Unternehmen macht das kaum einen Unterschied. In den letzten 30 Jahren gab es in den USA 18 Jahre demokratische und 12 Jahre republikanische Präsidenten. Und in allen Jahren waren die Schweizer Firmen erfolgreich unterwegs. Entscheidender für das Wohlergehen der Firmen ist ein geteilter Kongress, der radikale Kurswechsel verhindert, sowie die Wirtschaftsfreundlichkeit der Bundesstaaten.

Es ist nicht notwendig, alle Aspekte der USA, ihrer (Wirtschafts-)Politik oder des Präsidenten beziehungsweise der Präsidentin zu mögen. Das schweizerisch-amerikanische Wirtschaftsverhältnis ist jedoch für die Schweizer Wirtschaft, ihre Firmen und letztlich für den Wohlstand der Schweiz von enormer Bedeutung. Entsprechend ist es wichtig, diese positiven Beziehungen zu pflegen und weiter auszubauen.

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