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Ob Ohrenlider gut wären?

Monique Schwitter: «Ohren haben keine Lider». Salzburg: Residenz, 2008

Nicht nur ist Monique Schwitter Schauspielerin und im Sprechen geübt, mit ihrem Roman «Ohren haben keine Lider» dreht sie zudem den Spiess um und denkt über das Hören nach. Das Hören schöner Stimmen und Musik, aber auch das Wahrnehmen lästiger Geräusche und Töne ist das Thema ihres Buches. Als Orte der Handlung wählt sie ein Mehrparteienhaus, an einer Zürcher Schnellstrasse gelegen, und das Gerichtsgebäude, in dem jenes Verbrechen begangen wird, das im zweiten Teil verhandelt wird.

Ist das Buch ein Krimi? Nein; denn bis zum zweiten Teil plätschert es eher dahin wie die «Lindenstrasse», mit belanglosen Gestalten, die noch belanglosere Probleme mit sich herumschleppen. Wer sind diese Gestalten? Monique Schwitter stellt jeweils zu Beginn der beiden Teile die auftretenden Figuren vor, wie in einem Filmdrehbuch oder dem Manuskript zu einem Hörspiel. Und sie alle sind charakterisiert durch ihre Stimmen und die Musik, die sie hören. Da ist zum Beispiel die ruhige Agnes Knabenhans, die stets Bikutsi hört und mit dem recht lauten, Thrash Metal hörenden Gerd Bleuler liiert ist. Da ist Conny von Studnitz, die Kinderärztin mit den Hasenzähnen, die am liebsten Salsa hört, der amerikanische Cellist Jeff, der allabendlich Bruckners nullte Sinfonie in d-Moll auflegt. Und da sind die drei Studenten, mit ihren drei Sisters-of-Mercy-Schallplatten.

So sehr das Hören Thema des Buches ist, so wenig gelingt es Monique Schwitter, Geräusche zu beschreiben, geschweige denn zu poetisieren. Stattdessen werden «es-klingt-so-wie»-Vergleiche herangezogen. Agnes’ Stimme klingt wie Casals Interpretation einer Bach-Partita, ein Vergleich, der dazu noch schief ist; denn «Agnes war immer sanft, sanft fröhlich. Ihre Stimme erhob sie nie». Dieses zwar oft witzige, teils jedoch auch belanglose Buch, das sich immer wieder auch an den «werten Leser» direkt wendet, lässt diesen jedoch in einem Zwiespalt zurück: soll er sich nun angesprochen fühlen oder nicht?

vorgestellt von Urs Malte Borsdorf

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