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Nacht des Monats über Zoom
Marijn Poels, fotografiert von Volker M. Schmidt.

Nacht des Monats über Zoom

Milosz Matuschek trifft den Dokumentarfilmer Marijn Poels.

 

Eigentlich wollten wir uns in Berlin treffen für diese «Nacht des Monats». Doch dann beschlossen Merkel & Co., aus dem November 2020 den «Monat der Nacht» zu machen, mit einem erneuten Lockdown und massiven Einschränkungen der Bewegungsfreiheit. Touristen mussten Ende Oktober quasi das Land verlassen. Deshalb findet dieses Gespräch nun über Zoom statt.

Der Dokumentarfilmer Marijn Poels, ursprünglich aus den Niederlanden, lebt heute mit seiner Familie in Sachsen-Anhalt, unweit von Berlin entfernt auf einem Bauernhof. Im Film «Paradogma» von 2018 setzte er sich mit Political Correctness und verengten Debattenräumen auseinander, interviewte u.a. Jordan B. Peterson und Dirk Müller. Im aktuellen Film «Return to Eden» geht es um die Frage, ob wir Menschen regulierend und manipulierend ins Klima eingreifen dürfen. Poels ist skeptisch und orientiert sich dafür u.a. am Beispiel des Waldes, der sich auf natürliche Weise ebenfalls am besten reguliert.

Poels gehört zu den Freidenkern unter den Dokumentarfilmern. In der Begegnung mit ihm spürt man eine Grosszügigkeit des Denkens, wie man sie sonst nur selten sieht. Poels interessiert sich wenig für Links-rechts-Schemata, er will schlicht die Welt begreifen, in der wir leben. Einen Blick hinter die Kulissen werfen. Im Grunde das normale journalistische Handwerk mit den Mitteln des Dokumentarfilms. Doch genau dieses ist selten geworden. Poels arbeitet frei, seine Filme sind crowdfinanziert. Die aktuelle Coronakrise macht ihm Sorgen. Denn auch hier gilt es hinter die Kulissen zu schauen und das hervorzubringen, was sonst vielleicht gerade niemand veröffentlicht. Doch die Lage ist unübersichtlich.

Poels ist vor allem skeptisch, wenn Themen wie Migration, Klima oder Corona einer echten Diskussion entzogen werden. Bei Corona und Klima erkennt er einen Gleichlauf. Das Narrativ, wie es präsentiert wird, hat am Ende immer einen Machtgewinn des Staates zur Folge. Es gibt eine Gefahr, doch der Staat wird euch schützen. Und sei es durch die Überwachung von tugendhaftem Verhalten. Sicherheit, gekoppelt an das Thema Krise, öffnet Tür und Tor für die Aufgabe von Freiheiten durch den Bürger. Letztere geben die Menschen am leichtesten weg, wenn Angst herrscht. Mal heisst es: Rettet die Erde! Dann: Rettet eure Mitmenschen! Wer etwas dagegen sagt, wird als moralisch verkommen dargestellt. Differenzierung ist kaum mehr möglich, die Debatte ist tot, bevor sie begonnen hat.

Wir sprechen Klartext: Erleben wir gerade eine stille Machtübernahme im Hintergrund? Der «Great Reset» des WEF beunruhigt auch Poels. Es droht im Zuge von Corona ein Überwachungsstaat, der in eine Gesundheitsdiktatur umschlagen könnte. Vorgeblich ist die Politik an Gleichheit, grüner Weltverbesserung und Nachhaltigkeit interessiert. Am Ende könnte mit der derzeitigen Politik die Wirtschaft an die Wand gefahren werden; Ländern wie China, aber auch grossen Techkonzernen könnte dies massiv nützen. Es schlägt die Stunde der Technokraten. Eine Pandemie bietet immer die Gelegenheit für grosse Umwälzungen, besonders wenn in einem Ausnahmezustand an den Parlamenten vorbeiregiert wird, Menschen de facto bei sich zu Hause eingesperrt sind und der Meinungskorridor auf die offizielle Linie eingeschmolzen ist.

Poels sieht die Mainstreammedien kritisch, er steht für ein Back to the Roots. Journalismus kommt aus der Aufklärung. Journalisten sollen Kritiker der (Staats)macht sein, nicht deren Stenografen oder Gatekeeper der Wahrheit. Niemals sollte sich deshalb der einzelne das Recht nehmen lassen, selbst Fragen zu stellen, Dinge zu überprüfen, Autoritäten zu kritisieren und darüber zu berichten. Journalismus in Urform eben.

«Demokratie und Aufklärung sind kein Geschenk», meint Poels. «Man muss dafür arbeiten. Nachdenken tut weh; wer wirklich nachdenkt, macht das mit der Bereitschaft, sein eigenes Weltbild zu zerstören.» Nur so ist Vielfalt möglich, egal ob in der Mi­grationsdebatte, Klimadebatte, Coronadebatte. In Zeiten wie diesen darf sich das Denken nicht in den Lockdown begeben.

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