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Nacht des Monats  mit Zoë Pastelle
Zoë Pastelle im Seebad Enge in Zürich, fotografiert von Jannik Belser.

Nacht des Monats
mit Zoë Pastelle

Jannik Belser geht mit Zoë Pastelle in die Yogastunde.

 

Als ich klein war, versuchte meine Mutter, mir und meiner jüngeren Schwester Yoga schmackhaft zu machen. Sie las uns gelegentlich aus dem Buch «Sina und die Yogakatze» vor und ahmte die beschriebenen Posen nach. Manchmal tat ich es ihr gleich und stellte mich neben meinem Kinderbettchen in den «Baum». Das war der bisherige Höhepunkt meiner Yogakarriere – bis mich Zoë Pastelle Holthuizen an einem herrlichen Sommer­abend für eine Yogastunde ins Zürcher Seebad Enge lockt.

Die 23-Jährige kennt man vor allem unter ihren beiden Vornamen aus den sozialen Medien: Auf Instagram folgen ihr knapp 280 000 Personen, ihre Brötchen verdient sie als Model, Markenbotschafterin und Schauspielerin. Vor acht Jahren reiste Zoë Pastelle erstmals für Yogaferien nach Ibiza – sie nennt das einen «Retreat». Als die Unterhaltungsbranche 2020 pandemiebedingt stillstand, fand sie endlich die Zeit, ihre Faszination fürs Yoga zu vertiefen. Sie absolvierte einen Diplomkurs und gab zeitweise selbst Yogastunden. Nun reist die Influencerin wieder von Woche zu Woche durch die Welt, um vielseitigen Jobengagements nachzukommen. Wann immer möglich ist Yoga für sie ein willkommener Ausgleich zum stressigen Tages­geschäft: «Wenn ich morgens eine Yogasession einbaue, verläuft mein ganzer Tag viel zielorientierter und ausge­glichener», erzählt die Zürcherin. Sie träumt davon, eines Tages ihr eigenes «Retreat-Center» zu eröffnen.

«Yoga ist ein Lifestyle, bei dem es darum geht, sämt­liche Handlungen bewusster auszuführen», sagt Zoë Pastelle. Jüngst konnte sie ihr Yogafachwissen sogar für die Schauspielkarriere einsetzen: In der neuen SRF-Serie «Emma lügt» spielt sie die Lehrerin Frau Preisig, die das Publikum mit ihrer ungewöhnlichen Pädagogik und Meditationen vor Unterrichtsbeginn zum Lachen bringt. Schon früh hatte Zoë Pastelle auf die Karte Showbusiness gesetzt. Was aber, wenn eines Tages plötzlich die Aufträge ausbleiben? Sie ist von der Frage ein wenig überrumpelt, es sei ungewohnt, in Interviews über finanzielle Angelegenheiten zu reden. Mit den Castings sei es schon ein wenig Glücksache, ob man dem gesuchten Profil entspreche. Nichtsdestotrotz bleibt sie zielgerichtet: «Im Leben soll man im Flow bleiben und tun, was einem gefällt. Schauspielern macht mir am meisten Spass.»

Knapp 30 Personen wollen im Seebad Enge bei einer anderthalbstündigen Lektion von Yogalehrer Clive Radda mitmachen. Männerquote: zehn Prozent. Schwierigkeitsgrad: fortgeschritten. Ich entschuldige mich präventiv bei Zoë Pastelle für allfällige Peinlichkeiten. Sie lacht: «Yoga kennt kein Niveau, man muss sich einfach wohlfühlen. Mach einfach, was du kannst!» Die einleitenden Worte des Yogalehrers, wenn auch nur halbernst gemeint, wirken dennoch einschüchternd: «Yoga soll kein Vergnügen sein, Yoga ist Hardcore!»

In der ersten halben Stunde bin ich vom Tempo überfordert. Yogalehrer Radda schmettert mit Fachbegriffen um sich: Kobra, herabschauender Hund, Warrior eins, zwei und drei. Immer wieder muss ich mir die Bewegungen bei Zoë Pastelle abschauen, die den Ansagen stets rasch Folge leistet. Auf allen vieren gestreckt sollen wir nun unser ­Becken seitlich wegdrehen. Lockere Angelegenheit für eine Könnerin: Elegant rotiert Zoë Pastelle ihren Körper nach rechts. Mir bereitet die Pose sichtlich Mühe: «Erstes Mal?», fragt mich der Yogalehrer. Mit zitternden Armen und Schweissperlen auf der Stirn versuche ich zu nicken. «Dann nach heute wahrscheinlich auch das letzte Mal», scherzt Radda. Die gestandenen Yogini in der Gruppe ­kichern.

Besser schlage ich mich bei den stehenden Dehnbewegungen. «Nicht schlecht!», flüstert Zoë Pastelle mir zu. Die Seekulisse hat mittlerweile eingedunkelt, es beginnt der entspannende Teil der Yogastunde. Fünf Minuten lang ­sollen wir völlig loslassen, nichts denken, nur fühlen. Ich schliesse die Augen und versuche, den Alltagsstress zu ­vergessen. So tut mir Yoga gut – Namasté! «Ich hätte nicht gedacht, dass du es bis zum Ende durchziehst», sagt Zoë Pastelle beim Abschied. Auf dem Nachhauseweg scrolle ich durch Instagram. Die Influencerin hat unmittelbar nach der Lektion ein malerisches Bild des Zürichsees ­gepostet – und die Kulisse mit dem Schriftzug «dramatic Yoga evening» kommentiert. Ich hoffe, dass sie mit dem Adjektiv nicht auf meine Beweglichkeit anspielt – fürs erste Mal war’s doch eigentlich ganz in Ordnung.

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