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Nacht des Monats im Vatikan
Schweizergardist, fotografiert von Nicolas A. Rimoldi.

Nacht des Monats im Vatikan

Zu Besuch bei der Päpstlichen Schweizergarde

 

Dem Credo «Tapfer und treu» ergeben, beschützt die Schweizergarde seit 1506, als auch der Grundstein für den Bau des Petersdoms gelegt wurde, den Heiligen Stuhl. Prägend bleibt bis heute die Plünderung Roms am 6. Mai 1527, als 147 Gardisten mitsamt ihrem Kommandanten der Pflichterfüllung ihr Leben opferten. 42 von ihnen retteten Papst Clemens VII. in die Engelsburg. Ihr Andenken zu ehren, werden neue Rekruten jeweils am 6. Mai vereidigt, 38 werden es dieses Jahr am 4. Oktober sein – coronabedingt erstmals in der Geschichte verschoben.

Historiker Paul de Vallière beschrieb die Schweizergarde 1912 folgendermassen: «Die Päpstliche Schweizergarde ist nicht nur das Sinnbild einer Kirche, eines Dogmas; sie ist eine prachtvolle Huldigung unseres Landes an die geistigen Kräfte, an die einzigen, die ewig bleiben. Protestanten und Katholiken, im gleichen Geiste vereint, dürfen wir mit Achtung diese Handvoll Landsleute begrüssen, die in einer vom Materialismus und der geistigen Anarchie vergifteten Welt die unbedingte und uneingeschränkte Hingabe an einen höheren Gedanken verkörpern.»1

Oberste Aufgabe der Schweizergarde ist die persönliche Sicherheit des Heiligen Vaters. «Wir sind Glied einer Kette, einer über 500jährigen Tradition», so Wachtmeister und Medienverantwortlicher Urs Breitenmoser, der mich durch das altehrwürdige Quartier der Päpstlichen Schweizergarde führt. Gardist zu sein, was traditionsgemäss nur Schweizer Katholiken möglich ist, ist eine anspruchsvolle Tätigkeit: Das Italienische muss rasch erlernt sein, wie auch die notwendigen Fähigkeiten, die vier Eingänge der Vatikanstadt zu bewachen. Man dient einem höheren Zweck: «Unsere grösste Genugtuung ist, wenn der Papst in völliger Sicherheit und Gelassenheit arbeiten kann. Er schätzt unsere Arbeit sehr», führt Breitenmoser aus. Eine grosse Freude sei es stets, Gläubige zu empfangen. «Man sieht, wie glücklich sie sind, den Papst zu treffen.» Breitenmoser ist bemüht, dass die Schweizergarde den Besuchern in guter Erinnerung bleibt.

Angeordnet in Reihenfolge ihres Beitritts zur Eidgenossenschaft, schmücken die bunten Flaggen der Kantone den Ehrenhof. Die angrenzende, holzvertäfelte Gästekantine ist reich mit Gemälden geschmückt. Man erkennt, wie sich Uniformen und Kampfstile im Verlauf der Jahrhunderte gewandelt haben. Wir begeben uns in die Armerie. Hier finden sich glänzende Harnische und Helme, prachtvolle Uniformen, altgediente Schwerter, Gewehre wie auch die Werkstatt. Wer nun denken mag, dass sich die älteste, kleinste und wohl meistfotografierte Armee der Welt im Ernstfall nur mit Hellebarden verteidige, irrt. Die Schweizergarde, als Militärkorps des Vatikans, verfügt über modernste Waffen: «Wir repräsentieren den Papst in unseren mittelalterlichen Uniformen, aber in jeder Renaissanceuniform steckt ein Gardist aus dem 21. Jahrhundert mit dem Sicherheitsdenken von heute.» Seit 2016 werden Rekruten bei der Kantonspolizei Tessin in Isone ausgebildet. Im Oktober 2019 waren Instruktoren der Luzerner Polizei zur Weiterbildung der Garde im Vatikan. Die Schweizergarde weiss also auf die heutige Bedrohungslage angemessen zu reagieren, obwohl sie nicht wie das italienische Militär wenige Meter weiter in Tarnanzügen und mit umgehängtem Gewehr vor den Eingängen zum Vatikanstaat Wache hält. Aber: «Wir sind eine friedliebende Schutztruppe.»

Kleiderkammer, fotografiert von Nicolas A. Rimoldi.

Tradition und Moderne gehen Hand in Hand. Die Schweizergarde ist auch auf Social Media präsent. So veröffentlicht sie unter anderem auf Instagram regelmässig Fotos und Videos ihrer Aktivitäten.

Aus dem 19. Jahrhundert stammt die aktuelle Kaserne, die Unterhaltskosten sind hoch, bauliche Probleme häufen sich. Mit dem Neubau der Kaserne, die 2027 zum 500-Jahr-Jubiläum der Plünderung Roms eingeweiht werden soll, ist die Schweizergarde am Puls der Zeit: Die Kaserne wird vollständig autark sein. Was die Jahrhunderte jedoch überdauert, sind unerschütterliche Werte: «Europa ist so, wie es ist, dank seinen christlichen Wurzeln», ist Breitenmoser überzeugt. In einer Zeit rapider Umbrüche und allgemeiner Unsicherheit kann ein Rückbesinnen auf bewährte Werte wohltuend sein. Dafür steht die Schweizergarde als Garant seit ihrem Bestehen.

  1. Paul de Vallière: Treue und Ehre. Neuenburg: F. Zahn, 1913

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