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Nacht des Monats mit Max Strässle
Max Strässle, photographiert von Ronnie Grob.

Nacht des Monats mit Max Strässle

Bis ins Appenzellerland istʼs gar nicht so weit, selbst von Zürich aus nicht. Das «Trogener Bähnli» – so heisst’s noch immer im Volksmund – fährt ab dem Bahnhof St. Gallen zügig in den Ort Speicher, wo ich einen der 4200 Einwohner treffe: Max Strässle, ein 22jähriger Jungunternehmer, der letztes Jahr auf die Idee kam, neben der bestehenden libertären Partei «up» eine neue Partei zu gründen, die sich das Gedankengut von Friedrich August von Hayek, Ludwig von Mises, Wilhelm Röpke und anderen zur Grundlage nimmt: «Libertas-Partei 2.0». Sie will, so Strässle, libertäre Ansätze konsensorientiert in die Praxis einbringen und umsetzen. Seither ist die Partei in der Aufbauphase, bisher konnten etwa 50 Mitglieder gewonnen werden.

Strässle empfängt mich in einer grosszügigen, mitten im Dorf gelegenen Wohnung, die gleichzeitig auch als Büro dient. Am Trading Desk erklärt er mir, wie seine Vermögensverwaltungsfirma mit an regulierten Börsen gehandelten Produkten handelt. Fünf grosse Bildschirme neben- und übereinander zeigen die neusten Daten und Statistiken über die Preise von Rohöl, Weizen und Gold an. Share Systems AG, so erklärt er mir, heisse die Firma deshalb, weil nicht – wie in der Finanzindustrie üblich – der klassische Produkteverkauf den Unterschied mache, sondern die Auswahl der Trader. Weil Strässle nach dem Tod seiner Mutter schon im Alter von 16 Jahren über eine Erbschaft verfügte, kam er früh dazu, auch mit komplizierten Finanzprodukten zu handeln. Auch sein Vater war leidenschaftlicher Unternehmer: «Ich bin stark geprägt von meinem Vater, der auch schon in jungen Jahren Firmen gründete. Er war beispielsweise mit Karibik-Ice-Tea im Detailhandel erfolgreich. Später baute er eine Firma, die Zahlungslösungen (Kauf auf Rechnung) anbot, zum Marktführer auf.»

Wir begeben uns auf die Vögelinsegg, den Höhenweg über Speicher, von der man einen wunderbaren Blick auf den Bodensee auf der einen Seite, den Säntis auf der anderen Seite und auf Österreich in der Ferne hat. Weil wir zu einer denkbar ungünstigen Zeit um 17 Uhr unterwegs sind, ist von den vielen Dorfbeizen nur der «Adler» geöffnet; an der Bar plaudern einige Dorfbewohner über das Neuste. Wir bestellen Pizza und reden über seine Erfahrungen als Jungunternehmer: «Ich habe mich gleich nach meiner kaufmännischen Lehre bei einem Vermögensverwalter im Dorf Appenzell selbständig gemacht.» Er hat sich entschieden, sofort Verantwortung zu tragen, weil er von den Vorzügen der Marktwirtschaft überzeugt ist und auch ihre Schattenseiten nicht fürchtet: «Die freie Marktwirtschaft setzt sich am Ende immer durch, davon bin ich überzeugt.»

Was sind die wichtigsten Anliegen von Politiker Strässle? Die Privatisierung der Staatsunternehmen, die Abschaffung des Agrarprotektionismus und von Via Secura, die Legalisierung aller Drogen. «Das FIAT-Geldsystem ist endlich. Ich glaube, wir werden zu einem System von privaten Währungen ohne Notenbanken zurückkehren, die zueinander in Konkurrenz stehen. Gut möglich, dass sich dabei auch Kryptowährungen durchsetzen. Das Problem vieler Kryptowährungen ist die absehbare Deflation aufgrund einer begrenzten Geldmenge. Eine Kryptowährung, die sich durchsetzen wird, wird eine nicht fix beschränkte Geldmenge haben.»

2018, so das Ziel, will die Libertas-Partei 2.0 ihre Mitgliederzahl mindestens verdoppeln und von 3 auf 7 Vorstandsmitglieder aufstocken. Um bekannter zu werden, sind Standaktionen zu Abstimmungsvorlagen und die Organisation der «Finance Days» in St. Gallen geplant. Es sollen auch Vorträge von Ökonomen der Österreichischen Schule über Geldpolitik und Austrian Investing stattfinden. «Wir wollen den Menschen den Liberalismus einfacher und verständlicher zugänglich machen. Auf unserer Website gibt es einen Chatbot, der spielerisch erklärt, für was die Partei steht, der allfällige Einwände seitens des Interessenten entkräftet und ihn heranführt, Mitglied zu werden», sagt Strässle, der zusammen mit Marc Wäckerlin und Nicole Ruggle die Partei führt. Als längerfristiges Ziel – sollte die Partei nicht für sich alleine überleben können – kann er sich eine Kooperation oder gar eine Fusion mit der Unabhängigkeitspartei «up» oder mit dem Hayek-Club Zürich vorstellen.

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