Mut, der diesen Namen auch verdient
Der Aktivist Hassan Geuad hat sein erstes Buch vorgelegt.

In Zeiten, in denen sich Journalistinnen auf Twitter primär über Geschichten des Zeichners Janosch entrüsten, weil sie diese für übergriffig halten, oder Tiraden gegen Kollegen absetzen, die sie als angebliche Repräsentanten eines sexistischen Totalitarismus denunzieren, ist daran zu erinnern, dass genau diese Klientel zu Hochzeiten des Islamischen Staates keinen Finger gekrümmt hat, um auf die Versklavung jesidischer Frauen durch europäische Jihadisten hinzuweisen – geschweige denn, etwas dagegen zu unternehmen.
Auch aus diesem Grund sind jene zu würdigen, die scharfsinnigen Aktivismus nicht mit dem Betreiben eines Twitter-Accounts verwechseln und wissen, dass wirklicher politischer Einspruch erhebliche Courage erfordert. Dazu zählt etwa der im Irak geborene und im Kindesalter als Flüchtling nach Deutschland gekommene Hassan Geuad. Als in seinem Geburtsland das Terror-Kalifat wütete, initiierte er die Kampagne 12thMemoRise mit, die in Fußgängerzonen Exekutionsszenen und Sklavenmärkte nachstellte, um mit theatralischer Drastik auf Verbrechen hinzuweisen, die auffallend Wenige aus Empörung auf selbige Straßen trieb, um dagegen zu demonstrieren. Der aktivistische Zusammenschluss wusste, dass es mit der Abwehr-Floskel «Das hat doch nichts mit dem Islam zu tun!» nicht getan sein darf – und forderte moslemische Gläubige ausdrücklich zur Auseinandersetzung von Verbrechen auf, die andere moslemische Gläubigen verübten. Geuad hat nun mit «Möge Allah dich in die tiefste Hölle schicken!» sein erstes Buch im Westend-Verlag veröffentlicht, das «allen Terroropfern auf der Welt und insbesondere den Opfern des IS-Terrors gewidmet» ist und darlegt, warum der Autor trotz aller Anfeindungen, von denen eine exemplarische im Titel zitiert wird, für «Vielfalt, Toleranz und Freiheit kämpft». Darin berichtet er, wie 12thMemoRise entstand und wie die Beteiligten um Unterstützung baten – um beispielsweise von der CDU abgespeist zu werden mit dem Satz: «Ihr könntet gut in unsere Junge Union passen, wieso werdet ihr keine Mitglieder?» Geuads Antwort auf diese sowie auf viele weitere, tief blickende Bemerkungen aus allen Richtungen: «Deutschland, wir haben ein Problem!» Wie gut, dass er es angeht. Man kann nur wünschen, dass sein Beispiel Schule macht.