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Mehr Klarheit für das Bankgeheimnis

Gedanken zu einer helvetischen Institution und ihrer Zukunft

Seit der Übergabe der Daten von rund 250 UBS-Kunden durch die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (Finma) an die USA im Februar 2009 vergeht kaum ein Tag, an dem das Bankgeheimnis nicht Resonanz erzeugt. Dazu trägt die Eigenlogik der Massenmedien bei. Eine von aussen inszenierte Drohkulisse wird im Innern lauthals verstärkt und versetzt die schweizerische Öffentlichkeit in einen Alarmzustand, der auf die unterschiedlichsten Akteure als Handlungsimperativ wirkt – mit dem Ergebnis einer schrillen Kakophonie. Dass dabei selbst bürgerliche Politiker mit der Preisgabe des Bankgeheimnisses in der Schweiz liebäugeln, unterstreicht die Tragweite der mit Händen zu greifenden Unsicherheit.

Drei Unterscheidungen sollen helfen, Klarheit in die aktuelle Debatte zu bringen.

Zunächst gilt es zu unterscheiden zwischen Prinzip und Geltungsbereich des Bankgeheimnisses. Von seinem Prinzip her ist es ein «Bankkundengeheimnis», gründet in der Tradition eines legitimen Rechts auf Schutz der (finanziellen) Privatsphäre und bezeichnet ein Verbot der Weitergabe von Bankdaten durch Finanzdienstleister an Dritte (Private und Staat).

Diese Tradition speist sich aus der Überzeugung, dass die Freiheit grundsätzlich durch institutionelle Schranken geschützt werden muss, weil sie sonst unter der Einwirkung willkürlicher gesellschaftlicher wie staatlicher Interessenlagen Schaden nimmt. Das Recht auf Schutz der Privatsphäre umfasst ebenso den Bereich des Datenschutzes, der nicht nur in der Schweiz, sondern auch in Europa einem elementaren Bedürfnis der Bürger entspricht.

Dieses Prinzip gilt allerdings nicht uneingeschränkt. Der Anspruch auf Schutz der Privatsphäre hört dort auf, wo er ins Gehege der vom Gesetzgeber den Banken auferlegten Auskunftspflichten, insbesondere im Rahmen des Strafrechts, kommt. Nur heisst dies noch lange nicht, gleich alle Schranken niederzureissen. Genau dies geschieht jedoch im Gefolge der Finanzkrise und der neuangehäuften Staatsverschuldung in zahlreichen demokratischen Staaten der Nachbarschaft.

Ebenfalls Ausdruck einer liberalen Tradition ist die Selbstdeklaration in Steuerfragen. Da die Bürger keine Steuerexperten sind, müssen Unrechtsgehalt und Schwere des Verschuldens im Fall einer Steuerverkürzung berücksichtigt werden. Mit der Unterscheidung von Steuerbetrug und Steuerhinterziehung hat der Gesetzgeber eine solche Abstufung vorgenommen und sanktioniert nur da mit dem Strafrecht, wo Arglist oder ein Urkundendelikt vorliegt. Dagegen wird der Tatbestand der blossen Steuerhinterziehung (Nichtdeklaration) nicht kriminalisiert, sondern mit – durchaus schmerzhaften – Bussen belegt.

Diese Balance zwischen Vertrauen des Staates in die Steuerehrlichkeit der Bürger und Möglichkeit der missbräuchlichen Steuerverkürzung durch sie muss eine freiheitliche Gemeinschaftsordnung aushalten. Mit dem Instrument der Verrechnungssteuer wird der Missbrauchsspielraum zudem deutlich eingegrenzt, womit die Schweiz punkto Steuermoral und Schattenwirtschaft, gerade im Vergleich mit dem Ausland, nicht schlecht gefahren ist.

Dass das Schweizer Bankgeheimnis auch für diesen Aspekt der Fiskalität Geltung hat(te), schafft(e) freilich die Möglichkeit für ausländische Steuerzahler, ihre in ihrem Wohnstaat geschuldeten Steuern über den Weg der Verwaltung ihrer Vermögen in der Schweiz zu umgehen, weshalb das Bankgeheimnis als «Steuerhinterziehungsgeheimnis» kritisiert worden ist. Das legitime Recht auf Schutz der Privatsphäre kollidiert hier mit dem ebenso legitimen Recht ausländischer Staaten zur Durchsetzung ihrer Steuergesetze.

Mit dem Entscheid des Bundesrats zur Übernahme von Art. 26 des OECD-Musterabkommens wird der Tatbestand der ausländischen Steuerhinterziehung für die Schweiz amtshilfefähig. Im Verhältnis zum Ausland verliert das Bankgeheimnis somit seine fiskalische Geltung, und die Schweiz wird OECD-konform.

Das Recht auf Schutz der finanziellen Privatsphäre, wie es die Schweiz bisher gewährt hat, wird aber mit der Übernahme von OECD 26 nicht ausser Kraft gesetzt.

Es wurde lediglich das Recht ausländischer Staaten zur Durchsetzung ihrer Steuergesetze als vorrangig eingestuft. Nun aber gleich auch noch das fiskalische Bankgeheimnis im Binnenverhältnis abschaffen zu wollen, käme für die Schweiz einem Bruch mit dem gewachsenen Verhältnis zwischen Staat und Bürger gleich. Die mit der Übernahme von OECD 26 entstandene Dualität unterschiedlicher Rechtsbehandlung inländischer und ausländischer Personen ist dafür kein hinreichender Grund – im Gegenteil: sie erlaubt ausländischen und schweizerischen Steuerbehörden gleichermassen die Durchsetzung ihrer jeweils demokratisch legitimierten Steuergesetzgebung.

Wenn das Ausland «gläserne Bürger» will, dann ist das seine Sache; jene der Schweiz ist es nicht.

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