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Mehr Autonomie und Solidarität im Bundesstaat Schweiz

Zur Neugestaltung des Finanzausgleichs

Die «Neugestaltung des Finanzausgleichs und der Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen» (NFA) will eine der wichtigsten schweizerischen Erfolgstraditionen – den Föderalismus – modernisieren und revitalisieren. Es geht darum, einerseits die politische und finanzielle Autonomie der Kantone zu verstärken, anderseits aber auch einen neuen Ausgleich zugunsten wirtschafts- und finanzschwacher Regionen zu schaffen und damit den interkantonalen Steuer- und Leistungswettbewerb zu erhalten. Damit will die NFA zum einen den Staat wieder bürgernäher und effizienter machen, zum anderen die allzugross gewordenen Unterschiede zwischen den Kantonen in punkto Steuerbelastung und finanzieller Leistungsfähigkeit reduzieren, ohne den volkswirtschaftlich wichtigen Wettbewerb zwischen ihnen abzuwürgen.

Das eine Kernstück der NFA-Reform besteht in einer neuen Aufgabenverteilung zwischen Bund und Kantonen sowie in einer Verstärkung der Zusammenarbeit zwischen Bund und Kantonen und unter den Kantonen. Bisher 18 von Bund und Kantonen gemeinsam wahrgenommene Verbundaufgaben sollen politisch und finanziell entflochten werden. Im Sinne einer Konzentration auf Kernaufgaben im Landesinteresse werden sieben Aufgaben vollständig dem Bund zugeteilt, so die individuellen Leistungen aus der Alters- und Hinterlassenen- sowie der Invalidenversicherung (AHV und IV) oder die Verantwortung für Bau, Betrieb und Unterhalt der Nationalstrassen. Elf Aufgaben dagegen sollen in die alleinige Verantwortung der Kantone übergehen, u.a. die Sonderschulung, der Bau und Betrieb von Wohnheimen und Werkstätten für Behinderte, die Denkmalpflege bei Objekten von regionaler und lokaler Bedeutung oder die Ausbildungsbeihilfen unterhalb der Hochschulstufe.

Mit der vorgesehenen Kantonalisie-rung von Staatsaufgaben will die NFA die Erbringung steuerfinanzierter öffent–licher Leistungen effizienter, gün-stiger, demokratischer und bürgernäher machen. Bisherige Doppelspurigkeiten zwischen Bund und Kantonen werden beseitigt, und dank neuen Entscheidungskompetenzen und einer ebenfalls verstärkten kantonalen Finanzautonomie können die staatlichen Leistungen regional differenzierter und zugleich bedürfnisgerechter erbracht werden.

Entgegen anderslautenden Behauptungen droht trotz Wegfall von rund zwei Milliarden Franken Bundessubventionen kein Sozial- und Leistungsabbau zu Lasten behinderter Menschen. Denn im Gegenzug werden die Kantone verfassungsmässig zur alleinigen Aufgabenerfüllung in diesem Bereich verpflichtet und dafür von ihren bisherigen Abgaben an die Sozialwerke des Bundes (AHV, IV) in der Höhe von rund 2,2 Milliarden Franken entlastet.

Das zweite Kernstück der NFA-Reform besteht in einem Um- und Aus–bau des bisherigen, mit rund 2,4 Milliarden Franken jährlich dotierten Finanzausgleichs. Erstens sollen die bisher mehrheitlich zweckgebundenen Ausgleichszahlungen durch ausschliesslich zweckfreie Beiträge ersetzt werden. Damit werden bisherige Fehlanreize zur undisziplinierten Verwendung von Bundessubventionen durch die Kantone beseitigt. Zugleich müssen die Kantone keine Eigenmittel mehr einschiessen, um überhaupt Ausgleichsbeiträge zu erhalten. Zweitens fliessen mehr Mittel an die wirtschafts- und finanzschwachen Kantone, nämlich insgesamt 2,6 Milliarden Franken pro Jahr. In diesem neuen Ressourcenausgleich noch nicht eingerechnet sind weitere 600 Millionen Franken pro Jahr im Rahmen des Lastenausgleichs, mit denen der Bund in Zukunft einerseits spezifische Sonderlasten unserer Gebirgskantone abgelten will. Anderseits sollen mit dem Lastenausgleich auch Zentrumskantone und Kernstädte für übermässige Sonderlasten entschädigt werden.

Der vom Bund und den finanzstarken Kantonen gemeinsam finanzierte Ressourcenausgleich ist der Preis für einen weiterhin lebendigen Föderalismus. Denn der Föderalismus als eines der Markenzeichen unseres Landes stirbt, wenn die Kantone immer mehr zu reinen Vollzugsorganen des Bundes degradiert und zugleich die Leistungs- und Steuerunterschiede zwischen ihnen allzu gross werden. Diesen beiden gefährlichen Entwicklungen will die NFA im Interesse von Autonomie und Zusammenhalt im gemeinsamen Bundesstaat Schweiz entgegentreten. Der neu konzipierte Ressourcenausgleich ohne Zweckbindung stärkt die finanzpolitische Eigenständigkeit aller Kantone. Dadurch gibt er auch den finanzschwachen Kantonen die Chance, im interkantonalen Leistungs-, Standort- und Steuerwettbewerb wieder mithalten zu können.

Ohne die Solidarität der wirtschafts- und finanzstarken Kantone wäre dieser Wettbewerb bedroht. Als Folge davon würden politische Bestrebungen für eine materielle Steuerharmonisierung und für eine verstärkte Aufgabenzentralisierung beim Bund in jedem Fall Auftrieb erhalten. Weder das eine noch das andere liegt im Interesse der ressourcenstarken Kantone, ganz abgesehen davon, dass deren Wachstumsdynamik und hohe Standortattraktivität durch den neuen Finanzausgleich nicht beeinträchtigt wird. Im Gegenteil: durch die NFA wird die politische Stabilität gestärkt, weil dem Auseinanderdriften finanziell stärkerer und schwächerer Regionen Einhalt geboten werden kann.

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