Mausklicks und Tampons in Strassburg
Nico Semsrott gewährt einen Einblick in seine Tätigkeit als EU-Abgeordneter.
Der Satiriker Nico Semsrott sitzt in seinem Büro. Neben ihm steht Pierre M. Krause, der ihn im Rahmen seiner gleichnamigen Late-Night-Show begleitet. Seit Ausbruch der Coronapandemie stimmen die EU-Parlamentarier nicht im Ratssaal, sondern überwiegend virtuell von ihrem eigenen Rechner ab. Auf seinem PC öffnet Semsrott die Abstimmungsübersicht, dann erscheint eine ellenlange Liste mit Fragen, über die er in kürzester Zeit befinden muss. Es sind Grundsatzentscheidungen und Gesetzesänderungen von oft bedeutender Tragweite.
Die sogenannten «Voting Indications» sollten für die Parlamentarier als Entscheidungshilfe dienen: Die Fraktionen erstellen Dokumente mit konkreten Stimmempfehlungen, die ihren Mitgliedern unterbreitet werden. Semsrott, der bis Januar 2021 zur satirischen «Die PARTEI» gehörte und sich nicht sonderlich mit den Abstimmungsvorlagen befasst zu haben scheint (was er zumindest behauptet), übernimmt die Empfehlungen seiner Fraktion, der Grünen/EFA, lässt sich seine Antworten durch seine persönliche Assistentin ausdrucken und unterschreibt das Dokument. So werde Politik gemacht. Anschliessend schlendern die beiden Deutschen durch die Räumlichkeiten des Europäischen Parlamentes und geben auf sehr humoristische Weise einen Einblick in Semsrotts Tätigkeit in Strassburg. Semsrott sieht die Tatsache, dass er für 25 000 Euro Tampons aus seinem Budget an Bedürftige verteilt habe, als einzige konkrete und sinnvolle Aktion an, mit der er einen greifbaren Erfolg verbuchen konnte in seiner Zeit als Abgeordneter.
Seine Aufgabe im Parlament bestehe nicht darin, sich in Gesetzestexte einzuarbeiten, um im Paragrafendschungel zurechtzukommen, sondern Öffentlichkeit über den Ratsbetrieb zu schaffen. Ob er seinem Anspruch bis Ende seiner Amtsperiode gerecht wird, bleibt abzuwarten. Der Late-Night-Beitrag trägt möglicherweise dazu bei, und auch wenn nicht: Witzig ist er allemal. (ms)
Das Video in voller Länge gibt’s auf YouTube.