Macher mit Lösungen:
Neues Leben für altes Plastik
Plastogaz will Plastikverpackungen von Supermarktprodukten recyceln. Das verhindert CO2-Emissionen und schafft einen neuen Bereich der zirkulären Ökonomie.
In der Schweiz landen jährlich rund 650 000 Tonnen Kunststoff in Verbrennungsanlagen. Weltweit sind 36 Prozent des gesamthaft produzierten minderwertigen Plastiks Einwegverpackungen, die derzeit nicht recycelt werden können.
In Saint-Sulpice, einem Vorort von Lausanne, treffe ich Felix Bobbink, den 32-jährigen Mitgründer von Plastogaz, in seinem Labor. Sein 2020 gegründetes Unternehmen hat sich zum Ziel gesetzt, eine Kreislaufwirtschaft für Kunststoffabfälle zu schaffen. Aufgewachsen ist Bobbink im französischen Grenzgebiet von Genf, er studierte Chemie an der EPFL in Lausanne.
Im Labor, das etwa neun Meter lang und drei Meter breit ist, setzen wir Schutzbrillen auf, und Bobbink zeigt mir eine kleine Maschine, die er als «Schnellkochtopf für unseren Plastik» bezeichnet; sie ist etwa so gross wie eine durchschnittliche Kaffeemaschine. Darin werden der Kunststoff, der Wasserstoff und die Katalysatoren gemischt, um Naphtha zu erzeugen. Naphtha ist die transparente Flüssigkeit, ein Kohlenwasserstoffgemisch, aus dem in sogenannten Steamcrackern Plastik hergestellt wird. Ein Stück weiter unten im Labor steht eine viel grössere Version der Maschine (etwa so gross wie ein Kleinlaster).
«Unsere Technologie», erklärt er, «ermöglicht es, all die Plastikverpackungen, etwa für Salat oder für Fleisch, die man im Supermarkt kauft, zu recyceln, sodass sie wieder für denselben Zweck verwendet werden können.» Derzeit werden diese Produkte in die Kehrichtverbrennungsanlage geschickt, was zu CO2-Emissionen führt, keinerlei Möglichkeit zur Wiederverwertung des verbrannten Materials bietet und Kosten verursacht.
Zu den Produkten, die Plastogaz recyceln würde, gehören jedoch keine hochwertigen Kunststoffe wie PET, die durch mechanisches Recycling recycelt werden, bei dem keine chemischen Bindungen aufgebrochen werden. Bobbink arbeitet am chemischen Recycling, bei dem die chemischen Bindungen minderwertiger Kunststoffe aufgebrochen werden, um Naphtha herzustellen.
Das Naphtha, das es aus gebrauchtem Kunststoff herstellt, will Bobbink an Steamcracker – riesige industrielle Anlagen, die es in der Schweiz nicht gibt – schicken. Er verrät: «Wir haben bisher nur etwa ein Kilogramm Naphtha produziert, das für einen Steamcracker in Deutschland oder Frankreich geeignet ist; für den Cracker braucht man aber eine LKW-Ladung von dem Zeug.» Plastogaz betreibt daher Forschung und Entwicklung und hofft, die Erfolge vermarkten und zu etwas viel Grösserem ausbauen zu können.
«Bei der herkömmlichen Methode des Recyclings solcher Kunststoffe, Pyrolyse», erklärt er weiter, «wird der minderwertige Kunststoff einfach bei hohen Temperaturen zersetzt, um Pyrolyseöl herzustellen, das dann nach verschiedenen Raffinierungsprozessen in Naphtha umgewandelt wird.» Plastogaz hingegen will der Umwandlung von Kunststoff in Naphtha auch Wasserstoff und Katalysatoren hinzufügen. Katalysatoren erleichtern und beschleunigen die gewünschten chemischen Reaktionen, und der Wasserstoff verhindert, dass die geschmolzenen Kunststoffe unerwünschte chemische Reaktionen eingehen, die die Reinheit des entstehenden Naphthas beeinträchtigen könnten.
Plastogaz beschäftigt sechs Personen, fünf davon sind Wissenschafter. Ob sie eine ihrer Maschinen in der Schweiz aufstellen wollen? «Vielleicht», antwortet er, «aber wir möchten in der ganzen Welt tätig sein, und in der Schweiz gibt es keinen Steamcracker.» 2026 will Plastogaz eine grosse Maschine in einem ihr eigens gewidmeten Chemiepark für Demonstrationszwecke bauen – ein grosser Bruder der Maschinen im Labor.