Leistungsträger im Gespräch: Olga Steidl
Olga Steidl, Growth bei Linko, *1985
Die Russin Olga Steidl ist das Paradebeispiel einer digitalen Nomadin. In einer Kleinstadt aufgewachsen, stieg die inzwischen 29jährige bald zur Vizepräsidentin der russischen Suchmaschinenfirma Yandex, des grössten Internetkonzerns in Europa, auf. Daraufhin lebte sie einige Zeit in Singapur, Österreich und der Schweiz und gründete verschiedene Start-ups. Vor zwei Jahren schaffte es die umtriebige Unternehmerin gar in die Top Ten russischer Internetunternehmer der «Moscow Times». Inzwischen lebt sie in Berlin. Dort generiert sie für die App Linko Kunden. In Zürich möchte sie nicht mehr arbeiten. Sie findet, dass die Schweiz ein ungünstiges Biotop für Start-ups darstelle. Wir wollten wissen, weshalb.
«In der Schweiz herrscht die Haltung vor, dass es besser sei, für eine Bank zu arbeiten, als sich mit einer eigenen Firma selbständig zu machen», erklärt sie am Telephon. Zusätzlich erschwerten bürokratische Hürden es den Menschen, eigene Ideen zu lancieren. «Eine Firma zu gründen, ist zwar machbar. Aber es dauert etwa eineinhalb Jahre, sie wieder aufzulösen, was äusserst kostspielig ist.» Schlimmer noch: «In den USA ist es kein Problem, wenn dein Start-up scheitert. Du fängst einfach wieder von vorne an. In der Schweiz wirst du gleich schief angesehen.» Die meisten Leute aus
der hiesigen Gründerszene kämen frisch von der Uni und seien nicht auf die Realwirtschaft vorbereitet. Selbst die Suche nach Investoren gestalte sich hier schwieriger als im «grossen Kanton».
In der Schweiz sei es zudem kompliziert, ein Visum zu bekommen. Während Steidl in Berlin problemlos Talente aus der ganzen EU anstellen kann, musste
sie sich in Zürich erst einmal durch Papierberge kämpfen. Es gibt aber auch Dinge, die der Russin an der Schweiz gefallen: «Es ist schön, wie sehr sich
die Schweizer um ihr Land kümmern. Die Infrastrukturen sind in einem phantastischen Zustand. Dazu kommt noch, dass ihr verantwortungsbewusst abstimmt! Ich war erstaunt, als sich 2012 die Mehrheit gegen eine sechste Ferienwoche aussprach. In Russland hätte das Resultat ganz anders gelautet.»