Leistungsträger im Gespräch: Carlos Ruiz
Carlos Ruiz, CEO von Flatev, *1982
Carlos Ruiz, Brille, Bart, weisses Hemd, bestellt seinen Kaffee in nahezu akzentfreiem Schweizerdeutsch.
Das Gespräch führen wir allerdings auf Englisch. Das ist ganz im Sinne des jungen Mexikaners, der das internationale Umfeld in der Schweiz schätzt. «In Mexiko gibt es nicht genug Ausländer! Daran leidet die Innovation», sagt er. In den frühen Nullerjahren freundete sich Ruiz während eines Sprachaufenthalts in Kanada mit einigen Schweizern an. Er entschied sich schliesslich, in Zürich Politikwissenschaften zu studieren.
Als er wegen der Finanzkrise seine Arbeit bei der Credit Suisse verlor, beschloss er, sich selbständig zu machen. Zusammen mit seinen Mitbewohnern, zwei Maschinenbauingenieuren, gründete er Flatev. Die Firma stellt eine Kapselmaschine her, die in Sekundenschnelle frische Tortillas backt und mit der passenden Füllung versieht. «Ich habe mit den Leuten von Nespresso gesprochen. Sie haben gesagt, dass sie auf so etwas nie gekommen wären. Das liegt an ihrer zentraleuropäischen Perspektive. Darum ist es gut, ein kosmopolitisches Arbeitsumfeld zu schaffen.» Carlos findet, dass die Schweizer zu sicherheitsbedürftig seien. «Die Leute hier verlassen ihre Komfortzone nur, wenn sie müssen.» Aber er betont, dass sich das in den letzten Jahren geändert habe. Mehr und mehr Menschen würden sich selbständig machen. Gefragt, was die Schweiz so erfolgreich mache, nennt er das duale Bildungssystem mit der Berufslehre und die direkte Demokratie. Er wünscht sich allerdings, dass die Stimmbürger sich vertiefter mit den Abstimmungsunterlagen auseinandersetzen und an das grosse Ganze denken statt nur an sich selbst. «Überall heisst es, dass die Reichen nicht genug stark besteuert würden. Aber die Leute müssten sich einmal ansehen, wie viel Prozent die Reichen bereits zum Staatseinkommen beitragen!» Der Jungunternehmer bekennt sich zur Leistungsgesellschaft. Er sei gegen die Mindestlohninitiative gewesen. Die Schweiz müsse kompetitiv bleiben. Auch die Isolationstendenzen bereiten ihm Sorgen: «Wenn du dir die Schweizer Start-up-Nationalmannschaft von Venturelab ansiehst, sind mindestens 60 Prozent der Gründer Ausländer. Wir brauchen ihren Unternehmergeist!»