Wir brauchen Ihre Unterstützung — Jetzt Mitglied werden! Weitere Infos

Lebenslang, aber nicht für immer

«Wer, wenn nicht der Mörder von Adeline soll lebenslang verwahrt werden?» – Nach dem Urteil des Genfer Kriminalgerichts, das Fabrice A., den Mörder der Sozialtherapeutin Adeline, zwar ordentlich, aber nicht lebenslang verwahren liess, stellten nicht nur die Eltern des Opfers diese Frage. Doch das Gericht urteilte pragmatisch: Bereits in drei ähnlich gelagerten Fällen, in denen die Vorinstanzen eine lebenslange Verwahrung angeordnet hatten, hiess das Bundesgericht in Lausanne die jeweilige Beschwerde gut und hob das Verdikt wieder auf. Warum? Die Antwort ist einfach: Der Gesetzestext der Verwahrungsinitiative, die 2004 vom Volk angenommen wurde, hält der Praxis wie erwartet nicht stand. Er sieht zwar eine lebenslange Verwahrung für «nicht therapierbare» Sexual- und Gewaltstraftäter vor, die Gutachter aber, die dies feststellen müssten und auf deren Urteil sich die Richter stützen, können gar keine lebenslange Prognose stellen, sondern höchstens für zwei bis fünf Jahre. Erschwerend hinzukommen strafrechtliche Grundsätze: Massnahmen wie eine Verwahrung, die über eine Strafe hinaus andauern, müssen begründet und regelmässig überprüfbar sein. Damit soll jedem Täter zumindest theoretisch zugebilligt werden, dass er sich bessern kann. Genauso verhält es sich auch bei der lebenslangen Freiheitsstrafe, die einem Gefangenen meist nach 10 bis 15 Jahren die Chance gibt, wieder ein Leben in Freiheit zu führen. Dass die strafrechtliche Theorie somit dem Wunsch zuwiderläuft, etwa Kinderschänder für immer und ewig hinter Schloss und Riegel zu wissen, ist so klar wie verständlich. Doch Emotionen sind für den liberalen Rechtsstaat kein Kompass, Justitia entscheidet nicht nach Gesinnung, sondern blind. Der Artikel zur lebenslangen Verwahrung wäre deshalb ersatzlos wieder zu streichen, da er nicht erfüllt, wozu er geschaffen wurde. Mit der «ordentlichen Verwahrung» ist es für die Gerichte überdies längst möglich, Täter ihr Leben lang von der Öffentlichkeit fernzuhalten – allerdings ohne das totalitäre «für immer».

»
Abonnieren Sie unsere
kostenlosen Newsletter!