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Lasst sie dampfen!

E-Zigaretten dienen als Ausstiegsdroge. Die saubere Alternative zu Tabakprodukten kann Leben retten. Doch Ärzte und Gesundheitsbehörden stel-len sich gegen sie – warum nur?

Angenommen, jemand erfände eine Pille, die eine Krankheit heilt, der weltweit jährlich fünf Millionen Menschen zum Opfer fallen, 100 000 von ihnen allein in Grossbritannien. Die Götter in Weiss würden die Pille sicher fördern, vielleicht mitfinanzieren oder gar ihre Verwendung vorschreiben. Eines würden sie aber sicher nicht tun: sie verbieten.

Studie um Studie aus der ganzen Welt belegen, dass E-Zigaretten den grossen Tabakfirmen die Kunden stehlen – und den Krebskliniken ihre zukünftigen Patienten. Alleine in Grossbritannien nutzen inzwischen zwei Millionen Menschen diese Geräte regelmässig. Wissenschafter weisen nach, dass E-Zigaretten Leuten dabei helfen, erfolgreich mit dem Rauchen aufzuhören – nichts deutet bis heute darauf hin, dass sie Nichtraucher zum Tabakkonsum verleiten. Und sicherer als die giftige Konkurrenz sind die elektronischen Glimmstengel auch noch.

Wie lässt es sich dann erklären, dass die höchste Gesundheitsbeamtin der britischen Regierung, Sally Davies, im März gegenüber der Zeitschrift «New Scientist» zu Protokoll gab, die E-Zigarette sei eine der drei grössten Herausforderungen, derer sich die Gesundheitsbehörden künftig annehmen müssten? Das ist so intelligent, wie das Kondom zu verbieten, damit die Leute keusch bleiben. Denn nicht nur der britische Gesundheitsdienst NHS meint, dass diese Geräte etwa 1000mal weniger schädlich sind als herkömmliche Zigaretten, sogar die Regierung hat mir diese Zahl in einer schriftlichen parlamentarischen Antwort bestätigt. Denn es ist der Teer, der tötet, nicht das Nikotin – eine Substanz, die etwa so schädlich ist wie Koffein.

Wir wissen ausserdem, dass das «Dampfen» besser als alle anderen Methoden dabei hilft, das Rauchen aufzugeben. Eine vor kurzem erschienene Studie von Professor Robert West vom University College London fand heraus, dass E-Zigaretten bei der Rauchentwöhnung etwa 60 Prozent effektiver sind als Nikotinpflaster, Kaugummis oder der kalte Entzug. Diese Produkte aus der Privatwirtschaft liefern also massiv bessere Resultate als die regulierten medizinischen Geräte. Und für viele Interessenverbände ist wohl genau dies das Problem.

Es ist bekannt, dass die meisten Leute E-Zigaretten benutzen, um weniger zu rauchen oder ganz damit aufzuhören. Das bestätigen drei grosse Umfragen. Die neuste wurde von der Anti-Raucher-Gruppe «Ash» publiziert. Zwei Drittel der befragten «Dampfer» waren Raucher, ein Drittel Ex-Raucher. Das heisst, dass in den wenigen Jahren, in denen diese Produkte bisher erhältlich sind, hunderttausend Leute sie nutzten, um mit dem herkömmlichen Rauchen aufzuhören – oder ihren Zigarettenkonsum einzuschränken.

 

Beinahe-Wunderheilmittel aus der Privatwirtschaft

Es ist bekannt, dass E-Zigaretten nicht als Einstiegsdroge taugen. In der grössten globalen Umfrage waren bloss 0,4 Prozent der «Dampfer» früher Nichtraucher. Kein einziger davon hat angefangen, später Zigaretten zu rauchen. In Grossbritannien sind 20 Prozent der Fünfzehnjährigen regelmässige Raucher. Es sind vor allem sie, die das Dampfen als Alternative ausprobieren. Selbst für die Jugend sind E-Zigaretten also keine Einstiegs-, sondern eine Ausstiegsdroge. (Klar, denn ohne Tabakfahne knutscht es sich besser!) Und wie reagiert unsere Regierung darauf? Indem sie den Verkauf von E-Zigaretten an Kinder verbietet.

Man rechne: Wenn E-Zigaretten 1000mal weniger schädlich sind als Zigaretten, so müssten für jeden Jugendlichen, der vom Rauchen zum Dampfen wechselt, 1000 Jugendliche neu zu dampfen beginnen, damit unter dem Strich ein Schaden entsteht. Die Konstellation ist aber ohnehin eine andere: einer amerikanischen Studie zufolge haben neun von zehn Schülern, die E-Zigaretten benutzen, als Raucher begonnen.

Die Firmen, die E-Zigaretten herstellen – grösstenteils Start-ups, die Technologie stammt ursprünglich aus China –, dürfen trotzdem nicht damit werben, dass sie Leben retten könnten. Man male sich einmal aus, wie viel sie verkaufen könnten, so sie dürften! Stattdessen richten sie ihre Werbebotschaften so aus, dass das Dampfen «cool» erscheint – was den puritanischen Verdacht nährt, dass sich irgendwer irgendwo amüsiert.

Das daraus resultierende «Argument», dass E-Zigaretten das Rauchen wieder «salonfähig» machen, wie die British Medical Association behauptet, ist aber eindeutig Nonsens. Selbst «Ash» hat sich von der Idee mittlerweile verabschiedet.

Es gibt keine besseren «Argumente» dafür, dass Werbung, Gebrauch und Produktion dieser lebensrettenden Technologie so stark reguliert werden. Der Grund dafür könnte deshalb ein anderer sein: Ich glaube, manche Mediziner können sich einfach nicht mit dem Gedanken anfreunden, dass ein Beinahe-Wunderheilmittel aus der Privatwirtschaft kommt und nicht vom Nanny-State. Die Leute, die diese Dinge herstellen und verkaufen, tun das – verdammt! –, weil es sich unternehmerisch lohnt. Und nicht, weil sie Leben retten möchten.

In mehreren Gesprächen mit führenden Medizinern wurde ich denn auch sehr schnell auf die grauenhafte Tatsache hingewiesen, dass sogar die Tabakindustrie vor kurzem damit begonnen habe, E-Zigaretten herzustellen. Für sie war dies das überzeugendste Argument gegen die Technologie. Für mich nicht, ich hielt diesen Umstand für die beste Nachricht überhaupt! Denn dass selbst die Tabakindustrie dem eigenen Produkt Konkurrenz macht, zeigt doch, dass die Tabaklobby die Zeichen der Zeit lesen kann und umsattelt, bevor es ihr ergeht wie dem Kamera- und Filmhersteller Kodak, der Opfer des Fortschritts wurde, weil er eben das nicht tat. Denn die Zahl der herkömmlichen Raucher sinkt rapide: Imperial Tobacco verzeichnete im letzten Jahr einen UK-Verkaufsrückgang von 16 Prozent. Und ein amerikanischer Investitionsmakler rechnet sogar damit, dass das Dampfen bis 2023 wichtiger sein wird als das Rauchen. Logisch, dass die Tabakindustrie angesichts dieser Vorzeichen die Hosen voll hat.

Den Ärzten sage ich: Damit habt ihr doch endlich gewonnen! Vergesst mühsame Rauchverbote für Autos, in denen Kinder sitzen, vergesst das Verbieten von Markennamen auf den Packungen. Denn das hätte sowieso kaum Auswirkungen gehabt. Wenn ihr jetzt die sicherere, sauberere Alternative fördert, wird es der Zigarette so gehen wie einst dem Zylinder und dem Reifrock. Wir kennen nun eine lebensrettende Technologie, die nicht einmal subventioniert werden muss! Wollt denn ihr, die den hippokratischen Eid geleistet haben, wirklich die sein, die dieser Technik bis zuletzt im Weg stehen, obwohl alle anderen die Vorteile klar erkennen?

Leider zeigt der Widerstand gegen E-Zigaretten bereits heute Wirkung. Indem sie darauf bestanden, dass E-Zigaretten in die Tabakprodukteverfügung der EU eingeschlossen werden, haben die «Dampfer»-Gegner es fertiggebracht, den Markt bis 2017 von allen Regulierungen freizuhalten, um ihn dann ab 2017, wenn die Verfügung in Kraft tritt, einer konsequenten Überregulierung anheimzuliefern. In den nächsten zweieinhalb Jahren kann also erstens nicht effektiv verhindert werden, dass zwielichtige Firmen gefälschten oder gepanschten E-Zigaretten-Treibstoff importieren, den sie irgendwelchen Betrügern abgekauft haben und der womöglich auch schädlich sein kann. Und ab 2017 wird ein Kampf um die Regulationen ausbrechen, der dann – wie so oft – den Grossen nützen und den Kleinen schaden dürfte.

Das nächste Mal, wenn Sie Leute sagen hören, die potentiellen Risiken von E-Zigaretten bereiteten ihnen grosse Sorgen, sollten Sie ihnen Voltaires Maxime in Erinnerung rufen: Lass das Bessere nicht zum Feind des Guten werden!

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