Kreationistische Klimaretter

Die allermeisten sind sich einig, dass der Klimawandel eine Herausforderung darstellt. Bei der konkreten Bewertung gehen die Meinungen aber weit auseinander und reichen von «grosser Chance» bis «baldiger Apokalypse». Vor allem sehen viele nicht, worin denn die Herausforderung genau liegt: allein in der Geschwindigkeit des Wandels. Unsere feinziselierte Zivilisation, ihre Komplexität und die tiefe Reservehaltung lassen uns anfällig auf Veränderungen reagieren. Dies sieht man auch anderswo – von den Lieferkettenproblemen einer Just-in-Time-Produktion bis zu den knapperen Anschlusszeiten der SBB.

Demgegenüber ist die Wärme an sich nicht das Problem. Im Gegenteil: Historisch sorgten längere Wärmephasen für Stabilität und Prosperität, am prominentesten während der langen Pax Romana. Dagegen fielen präzis mit der Kleinen Eiszeit in der Mitte des ersten Jahrtausends die Vandalen in Rom ein und – viel später – nach dem kalten Winter 1788/89 die Jakobiner in Paris. Genauso wären heute die Schwierigkeiten wohl deutlich grösser, würde die Welt gleich schnell kälter werden, wie sie tatsächlich wärmer wird.

Vor allem aber gibt es kein per se richtiges oder falsches Klima; das aktuelle ist eben höchstens deshalb zu «schützen», weil das keinen Wandel bedeuten würde. Kurios ist deshalb, wenn «Klimaschützer» im jetzigen Klima, der heutigen Fauna und Flora und dem momentanen Pegelstand des Meeres das Optimum erkennen. Die Gletscher in der exakten Ausbreitung der eigenen Kindheit sind subjektiv vielleicht schöner, aber objektiv nicht richtiger als eine eisfreie Schweiz (was offenbar kommt) oder ein vergletschertes Mittelland (was auch einmal war). Wer meint, die Erde im zufälligen Zustand der evolutionären Millisekunden der eigenen Existenz bewahren zu müssen, ist kein Klimatologe, sondern gleicht mehr einem – normativen – Kreationisten, der in der gegenwärtigen Welt die einzig wahre sieht.