Könnte Bitcoin den US-Dollar als Reservewährung ersetzen?
Duell des Monats November
PRO
«Als neutrale Währung,
die keiner nationalen
Geldpolitik untersteht,
eignet sich Bitcoin vortrefflich
als Ausgleichsventil im
internationalen Handel.»
Ja, denn Bitcoin eignet sich hervorragend als Wertaufbewahrungsmittel über längere Zeiträume, da sich die Anzahl neugeschöpfter Bitcoin alle vier Jahre halbiert und die maximale Anzahl der sich im Umlauf befindlichen Bitcoin auf 21 Millionen begrenzt ist. Sofern die Nachfrage nach Bitcoin stabil bleibt oder zunimmt, ist langfristig mit einer stabilen oder zunehmenden Kaufkraft pro Bitcoin zu rechnen.
Auch als Recheneinheit kann Bitcoin problemlos dienen, lässt er sich doch in kleinere Einheiten mit bis zu acht Nachkommastellen teilen. Die kleinste Einheit bildet ein «Satoshi» und dieser könnte in Zukunft durchaus als gängige Recheneinheit verwendet werden. Anders als beispielsweise Gold können Bitcoin mühelos als internationales Zahlungsmittel verwendet werden, schliesslich lassen sie sich elektronisch auf einfachste Weise übermitteln.
Wie der Ökonom Robert Triffin aufzeigte, hat das Konzept einer staatlichen Leitwährung seinen inhärenten Schwachpunkt: Die nationalen, geldpolitischen Interessen stehen im Widerspruch zu den internationalen Handelsinteressen. Deshalb löst irgendwann eine neue Reservewährung die alte ab. Als neutrale Währung, die keiner nationalen Geldpolitik untersteht, eignet sich Bitcoin vortrefflich als Ausgleichsventil im internationalen Handel. Bitcoin repräsentiert die vieldiskutierte Lösung einer supranationalen Währung, die niemand kontrollieren kann.
CONTRA
«Wenn ein Kilo Brot heute
3000 Satoshi kostet, vor ein
paar Monaten noch 8000 Satoshi
und nächstes Jahr vielleicht
noch 1000 Satoshi, dann
erschwert dies den Abschluss
von internationalen
Handelsverträgen in Bitcoin.»
Nein, und wenn, könnte es das Ende von Bitcoin bedeuten. Die ungeheure Volatilität von Bitcoin macht das Kryptoasset als primäres Wertaufbewahrungsmittel denkbar ungeeignet. Die hohe Volatilität erschwert zudem den Einsatz von Bitcoin als Recheneinheit: Wenn ein Kilo Brot heute 3000 Satoshi kostet, vor ein paar Monaten noch 8000 Satoshi und nächstes Jahr vielleicht noch 1000 Satoshi, dann erschwert dies den Abschluss von internationalen Handelsverträgen in Bitcoin.
Dass dieses Auf und Ab bei Bitcoin einmal aufhören wird, ist unwahrscheinlich, zumal die Volatilität in keiner Weise bewältigt werden kann. Seit der Einführung von Bitcoin im Jahr 2009 ist klar vorgegeben, wann wie viele Bitcoin maximal existieren werden. Auf Nachfrageschocks kann über die Angebotsseite aber nicht reagiert werden. Würde sich die Weltwirtschaft so entwickeln, dass Zentralbanken mehr Bitcoin kaufen wollten, könnte dem eintretenden Nachfrageüberhang nichts entgegengesetzt werden. Dasselbe wäre der Fall, wenn sämtliche Zentralbanken gleichzeitig ihre Bitcoin wieder in nationale Währungen tauschen wollten (Gold hatte dasselbe Problem in den 1990er Jahren).
Bitcoins Existenz ist Software zu verdanken. Damit lässt sich das theoretische Risiko nicht ausschliessen, dass die Bitcoin-Software versteckte Fehler enthält oder dass das ihr zugrunde liegende Konzept irgendwann ausgehebelt werden kann. Die gesamte Weltwirtschaft daher auf etwas zu bauen, das potentiell «unbekannte Unbekannte» hat, wäre fahrlässig. Fiatwährungen sind mit ihren bekannten Unbekannten (z.B. künftige Geldpolitik) zwar nicht der Weisheit letzter Schluss, doch kennt man wenigstens die damit verbundenen Risiken.
Doch der Umstand, dass Bitcoin primär als Software lebt, wäre in einer Welt, wo Bitcoin als primäre Reservewährung eingesetzt würde, möglicherweise auch sein Untergang. Tatsächlich beruht ein wesentlicher Teil des Sicherheitskonzepts von Bitcoin darauf, dass die Kryptowährung genügend oft eingesetzt wird, um die Miner zu motivieren, durch die von ihnen eingebrachte Rechenleistung das Netzwerk zu schützen. Wenn nun in erster Linie ein paar Dutzend Zentralbanken noch Bitcoin halten würden, bräche die Profitabilität des Mining zunehmend ein, nicht zuletzt, weil langfristig das Netzwerk von den Transaktionsgebühren leben muss und es genügend Transaktionen geben muss, um das Netz auszulasten.