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Kleine Gestenmachen den Unterschied

Als Milizfeuerwehrfrau muss Martina Cantieni Risiken abwägen und minimieren.Umso mehr ärgert sie sich, wenn Gaffer für zusätzliche Gefahr sorgen.

Kleine Gestenmachen den Unterschied
Martina Cantieni in der Garage des Sicherheitsverbunds Region Wil,
fotografiert von Michael Straumann.

Seit nunmehr zwei Jahrzehnten engagiert sich Martina Cantieni als Milizfeuerwehrfrau in Wil. Zuvor arbeitete sie als Flugbegleiterin. Dort musste sie regelmässig an den obligatorischen Evakuations- und Brandbekämpfungsübungen teilnehmen – was ihr grosse Freude bereitete.

Vor 25 Jahren zog sie mit ihrem damaligen Ehemann nach Wil. Eines Tages kam ein Feuerpolizist zu ihnen nach Hause, um einen Ofen zu demontieren. Der Polizist wollte den Ehemann ­dafür gewinnen, der Feuerwehr beizutreten. Doch er war nicht interessiert – anders als seine Ehefrau. Sie wurde neugierig auf mehr und besuchte dazu die Informationsveranstaltung der ­Wiler Feuerwehr. Am gleichen Abend erklärte sie ihren Beitritt.

Martina Cantieni, aufgewachsen in Winterthur und Mutter von zwei Söhnen, besass schon als Kind einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn. Für sie bedeutet Zivilcourage – beruflich wie privat –, nicht wegzuschauen, sondern aktiv zu werden, wenn Unrecht geschieht und jemand Hilfe benötigt. «Die meisten in der Milizfeuerwehr haben ein hohes Mass an Zivilcourage.» Denn durch deren Tätigkeit sind sie es gewohnt, Menschen in Not zu helfen.

Vor 25 Jahren waren Frauen in der Wiler Feuerwehr noch eine Rarität. Cantieni war oftmals die erste Frau, sei es in einem Beförderungskurs oder in einer bestimmten Funktion. Dadurch war sie gegenüber den Männern sehr exponiert, was Mut von ihr abverlangte.

Sich selbstlos in Gefahren hineinzustürzen, macht für sie keinen Sinn. «Niemandem ist geholfen, wenn man selbst unter die Räder kommt.» Man muss realistisch bleiben und die Risiken abwägen. Sind zu wenige Leute am Unfallort, wartet sie zunächst, bis genügend Einsatzkräfte da sind.

Was Cantieni in ihrer Laufbahn am meisten schockiert hat, sind die Gaffer, die am Unfallort im Weg stehen. «Gewisse Leute besitzen die Unverfrorenheit und wollen am Leid anderer Menschen teilhaben.» Sie drängeln vor, schubsen und schiessen Fotos. «Mittlerweile muss die Feuerwehr auf der Autobahn einen Sichtschutz einrichten, damit keine Folgeunfälle auf der Gegenfahrbahn geschehen.» Das ärgert sie sehr.

Selbstkritisch meint sie, dass es immer möglich sei, sich in den Feuerwehreinsätzen noch mehr einzubringen und über das hinauszugehen, was in der eigenen Funktion ordnungsgemäss erwartet werde. Oftmals sind es die kleinen Gesten, die den Unterschied machen. «Die Angehörigen am Unfallort schätzen es sehr, wenn man sich ihnen empathisch zuwendet und die Hand reicht.» Auch hierfür ist Mut erforderlich. Denn nicht selten müssen die Feuerwehrleute mit emotionalen Ausbrüchen und Zurückweisungen rechnen.

Demut und Hingabe sind bei der Feuerwehr entscheidend. «Wer bei der Feuerwehr ist, muss gewillt sein, Dienst an der Öffentlichkeit zu leisten.» Wer nur an sich denkt und gross aufspielen möchte, ist hier fehl am Platz.

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