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Kennste eine, kennste alle

Martin Suter: «Unter Freunden und andere Geschichten aus der Business Class». Zürich: Diogenes, 2007.

Die Geschichte funktioniert so: Ein Mann reflektiert selbstgefällig die eigene Wirklichkeit. Ein kurzer Zusammenstoss mit einer Gegenwirklichkeit demaskiert den Mann als Idioten. Naturgemäss ist die eine Wirklichkeit sympathisch und die andere lächerlich und kurzsichtig. Ja, das ist amüsant – solange nur eine Geschichte gelesen wird. Dann man wartet auf das Neue, wenn man die zweite liest. Und kennt die Pointe der dritten noch vor dem dritten Satz. Das ergibt zwei Fragen, eine verlagswirtschaftliche und eine persönliche.

Erstens: Taugt die Zusammenfassung wöchentlich erscheinender, thematisch ähnlicher Kolumnen für ein Buch? Oder ist bereits die literarische Form der Kolumne so fest vorgegeben (These – Gegenthese – Aha-Effekt), dass die schnelle Leseabfolge in Buchform zwangsläufig zur Ermüdung führt? Der Verlag hat entschieden, dass sie taugt. Aus Business-Gesichtspunkten sehr vernünftig, denn die Kosten für die Zweitverwertung digitalisierbarer Produkte gehen gegen Null. Der Verkauf des Büchleins muss also nur die Druck- und Vertriebskosten einspielen, und das wird mit dem Namen «Suter» schon klappen. Die Profitchancen sind damit erheblich höher als die Risiken. Das Geschäft ist im Sack.

Die zweite Frage interessiert mich mehr: Spiegelt die Quintessenz der Kolumnen das Leben in der Businessclass tatsächlich wider? Ist, wer nach oben kommt, tatsächlich besonders doof? Wer es weit bringt im Unternehmen, muss sich doch gegenüber den Besten durchgesetzt haben. Er ist ein Roger Federer in der Welt der Business-Profis. Und dies in einem Turnier, in dem die soziale Kontrolle gewaltig ist, wie die Karriereknicke der Wolfowitzens, Kleinfelds und Browns zeigen. Die Vorstellung, dass sich hier die besonders Doofen drängeln, ist für die weniger Erfolgreichen sicher angenehm. Aber ist sie nicht recht selbstgefällig?

besprochen von Carola Jungwirth, Vaduz

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