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Kein Recht auf Vergessen

Seit dem Google-Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) ist das «Recht auf Vergessen» in aller Munde. Was steckt dahinter? Mit dem Entscheid haben die Richter entschieden, dass Google einen Link zu einem (persönlichkeitsverletzenden) Suchresultat nicht zugänglich machen darf. Aber: Es gibt weder in den schweizerischen noch in den europäischen Rechtsordnungen ein grundsätzliches Recht auf Vergessen. Das […]

Kein Recht auf Vergessen

Seit dem Google-Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) ist das «Recht auf Vergessen» in aller Munde. Was steckt dahinter? Mit dem Entscheid haben die Richter entschieden, dass Google einen Link zu einem (persönlichkeitsverletzenden) Suchresultat nicht zugänglich machen darf. Aber: Es gibt weder in den schweizerischen noch in den europäischen Rechtsordnungen ein grundsätzliches Recht auf Vergessen.

Das sogenannte Recht auf Vergessen ist vielmehr das Resultat einer Interessenabwägung zwischen den Interessen der Öffentlichkeit und dem Wunsch des Betroffenen, von Suchplattformen in «Ruhe gelassen» zu werden. Wenn beispielsweise Rolf Meier in der Jugend in einer Lokalzeitung mit einer gelungenen Strolchenfahrt geprahlt hat, kann er aufgrund der neuen Rechtsprechung Google Jahre später anweisen, den Link zum entsprechenden Web-Archiv zu löschen. Das Urteil sagt aber nichts über die Löschung der Publikation auf der Plattform des Urhebers. Nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) wird das öffentliche Interesse am Zugang zu Pressearchiven im Internet durch die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) geschützt.

Grundsätzlich hat man in solchen Web-Archiven höchstens einen Anspruch auf Berichtigung, auf einen Bestreitungsvermerk, also eine Gegendarstellung, oder auf Nachschreiben. Es besteht aber kein Anspruch auf Löschung, weil dies ein unverhältnismässiger Eingriff in die Medienfreiheit wäre. Rolf Meier müsste wohl damit leben, dass seine Strolchenfahrt auf der Homepage der Lokalzeitung abrufbar bleibt.

Das Recht auf Vergessen ist also nicht mehr als ein Verwertungsverbot eines bestimmten Links für die abgemahnte oder eingeklagte Suchmaschine. Das Netz wird, so viel ist klar, auch weiterhin nicht vergesslich, obschon es für den Betroffenen schon viel bedeuten kann, wenn die Allgemeinheit unerwünschte Informationen nicht mit wenigen Mausklicks abrufen kann. Aber: Wer sucht, der findet. Das gilt auch für Rolf den Strolch.

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