Karambolage mit dem Rechtsstaat
Wenige Debatten haben eine liberale Sichtweise aktuell so nötig wie der Streit um die Ausweitung der «Anti-Rassismus-Strafnorm» auf Homosexuelle.
Als Kolumnist dieser Zeitschrift ist es stets mein Anspruch, linke und rechte Denkfaulheiten aufzuspiessen und so geistigen Raum für liberale Alternativen zu schaffen. Wenige Debatten haben diese «freie Sicht» aktuell so nötig wie der Streit um die Ausweitung der «Anti-Rassismus-Strafnorm» auf Homosexuelle. Denn: Die liberale Perspektive ist in dieser Debatte kaum zu vernehmen, vielmehr scheinen die Fronten klar – die Linke will Homosexuelle «schützen», die Rechte dagegen will sie benachteiligen dürfen.
Und die liberale Position? Sie liegt – wie so oft – quer zu allen Fronten. So quer, dass sie öffentlich kaum mehr vermittelbar scheint, denn: Aus liberaler Sicht ist eine Ausweitung der Strafnorm nicht wünschenswert. Mit Reaktionären machen sich Liberale dennoch nicht gemein: Selbstverständlich treten Liberale auch in dieser Sache für eine strikte Neutralität des Staates ein und lehnen jede willkürliche Diskriminierung durch ihn ab. Die Gleichberechtigung Homosexueller in Frage zu stellen, wäre für Liberale ebenso absurd wie jene von Mann und Frau. Es ist aber eben gerade das liberale Verständnis von Gleichberechtigung – und Diskriminierung –, das Liberale daran hindert, Seit’ an Seit’ mit den linken Kämpen gegen reaktionäre Muffel anzumarschieren, denn gleiche Rechte haben Individuen im liberalen Verständnis gegenüber allen, Sonderrechte hingegen haben sie nicht; auch nicht, wenn es um Schutzrechte geht. Umgekehrt gilt das Diskriminierungsverbot explizit gegenüber dem Staat, denn nur er besitzt ein Gewaltmonopol und darf darum unter keinen Umständen Willkür walten lassen.
Das linke Anliegen provoziert dagegen die Karambolage mit dem Rechtsstaat liberaler Prägung: Hier richtet Vater Staat Sonder(schutz)-rechte für manche Gruppen ein, damit nun ausgerechnet Private untereinander nicht mehr diskriminieren dürfen. Das mag vieles sein, liberal ist es nicht. Darum: Liebe Linke, mit dieser Idee liegt ihr leider genauso falsch wie die Rechte!