Kanada ist eine Mahnung für den Westen
Die Wahl Ende April steht im Zeichen des Handelskriegs mit den USA. Doch Zölle sind nicht die Antwort für die echten Probleme, die das Land hat.

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Stellen Sie sich vor, Sie beträten einen staatlich betriebenen Spirituosenladen auf der Suche nach Ihrem amerikanischen Lieblingsbourbon und stellten fest, dass dieser nicht mehr verfügbar sei. Stattdessen sähen Sie ein Schild mit der Aufschrift:

Der gleiche Slogan findet sich auf der Website des Liquor Control Board of Ontario (LCBO), das für die Regulierung des Alkoholverkaufs in Ontario zuständig ist – jener Provinz, in der fast die Hälfte der kanadischen Bevölkerung lebt.
Anfänglich wollte Trump nur provozieren, indem er die Diskussion über die Aufnahme Kanadas als 51. Bundesstaat anstiess. Doch nun ist die Situation jedoch zu einem Handelskrieg eskaliert. Die USA erheben neue Zölle von 25 Prozent auf eine breite Palette von Waren – von Bauholz bis Ahornsirup.
Als Gegenmassnahme hat Kanada «Vergeltungszölle» auf importierte Waren aus dem Nachbarland eingeführt – und der Handelskrieg begann. Das Verkaufsverbot für Alkohol aus den USA ist dabei nur eine der vielen Nebenwirkungen. Natürlich stellt sich kaum jemand die Frage: Was, wenn ein Kanadier einen Bourbon trinken möchte? Weder die kanadischen Ökonomen noch die beiden rivalisierenden Kandidaten in den Parlamentswahlen am 28. April – Mark Carney von der regierenden Liberalen Partei und Pierre Poilievre von der Konservativen Partei – haben eine Antwort.
Kanada steht vor zwei grundlegenden Problemen, die auch Europa und den Rest der Welt betreffen: ein erstaunliches mangelndes Verständnis für Ökonomie und die fehlende Bereitschaft, die Grundsätze des Kapitalismus und die Möglichkeiten eines freien und ungehinderten Marktes anzuerkennen.
Zwischen den Liberalen und den Konservativen gibt es weitaus mehr Ähnlichkeiten, als man vermuten würde. Die gravierendste Gemeinsamkeit ist ihre befürwortende Haltung gegenüber Zöllen. Beide Parteien haben Finanzprogramme mit höheren Ausgaben und gleichzeitigen Steuersenkungen vorgelegt, ohne transparent zu machen, woher die Mittel dafür kommen sollen. Deutlicher zeigen sich die Unterschiede im Kulturkampf: Die Liberale Partei vertritt eine «Woke»-Ideologie und wird dabei von traditionell links orientierten Medien wie der staatseigenen Canadian Broadcasting Corporation (CBC) unterstützt. Die Konservativen fordern offen weniger Mittel für die CBC, was sich nicht unbedingt positiv auf die mediale Darstellung der Partei durch die CBC auswirkt.
Gemäss einer Umfrage der Zeitung «National Post» von vergangenem Jahr halten 60 Prozent der Kanadier die Einwanderung für zu hoch – dennoch bietet keiner der beiden Kandidaten greifbare Lösungen für das Migrationsproblem. Stattdessen hat Carney laut CBC einen Plan zum Bau von 500 000 Häusern vorgestellt. Diese unvorstellbare Zahl wirft jedoch mehr Fragen auf, als sie beantwortet. Es bleibt unklar, wo und wann diese Häuser gebaut werden sollen, wie sie finanziert werden und vor allem, wer sie genau bewohnen soll.
Ähnlich wie in Europa fehlt der politischen und wirtschaftlichen Elite Kanadas eine klare ökonomische Grundlage für ihr Handeln. Das Land offenbart ein mangelndes Verständnis für menschliches Handeln, die Kraft des Individuums und die Bedeutung der individuellen Freiheit für die Steigerung des gesellschaftlichen Wohlstands. So bleibt Kanada über alle Parteigrenzen hinweg im Griff der sozialistischen Ideologie gefangen.
Die beste Antwort auf Zölle: nichts tun
Im Fall von Zöllen kann die Österreichische Schule die Sachlage präzise erklären: Ein Zoll ist nichts anderes als eine Steuer auf die eigene Bevölkerung – ein Zollkrieg gleicht daher dem Versuch, dem Gegner zu schaden, indem man sich selbst ins Bein schiesst.
«Ein Zoll ist nichts anderes als eine Steuer auf die eigene Bevölkerung – ein Zollkrieg gleicht daher dem Versuch, dem Gegner zu schaden, indem man sich selbst ins Bein schiesst.»
Betrachten wir die Situation aus Sicht der USA. Angenommen, kanadisches Bauholz koste 100 US-Dollar und amerikanisches 110 Dollar. Wenn Trump einen Zoll von 25 Prozent erhebt, müssen Amerikaner kanadisches Bauholz für 125 Dollar kaufen. Dabei wird übersehen, dass US-Produzenten ihre Holzpreise auf 124 Dollar erhöhen können und ihr Holz trotzdem immer noch billiger ist. Der Zoll garantiert dies sogar, da kanadisches Holz nicht unter 125 Dollar angeboten werden kann. Damit entfällt für US-Produzenten jeglicher Anreiz, ihre Preise zu senken.
Verkannt wird zudem, dass Menschen beim Warenkauf nicht nur den Preis berücksichtigen. Kanadisches Bauholz könnte eine höhere Qualität aufweisen und deshalb begehrter sein. Amerikaner müssen nun die gleichen kanadischen Produkte zu höheren Kosten kaufen. Mit den Zöllen schaden sich die USA also selbst. Kanada sollte diesem Beispiel nicht folgen.
Keine der grossen politischen Parteien zeigt ein grundlegendes Verständnis für Zölle. Das gilt auch für die CBC und die Wissenschaft. Eigentlich wäre der beste Weg, wie Kanada auf die Trump-Zölle hätte reagieren können, der einfache, marktwirtschaftliche Ansatz gewesen: nichts tun. Wenn Trump die Amerikaner für ihre Importe besteuern möchte, ist das seine Entscheidung. Aber das hat nichts damit zu tun und sollte keinen Einfluss darauf haben, was Kanadier importieren sollten.
Während Trumps Sticheleien gegen die Kanadier die Bevölkerung aufgerüttelt und die bevorstehende Wahl zu einer Frage der US-kanadischen Beziehungen gemacht haben, verpasste Kanada eine grosse Chance. In einer vernünftigeren Welt würde Kanada sein eigenes Ministerium für Regierungseffizienz (DOGE) einführen. In den USA hat DOGE nach eigenen Angaben bereits 140 Milliarden Dollar eingespart.
«In einer vernünftigeren Welt würde Kanada sein eigenes Ministerium für Regierungseffizienz (DOGE) einführen.»
Ein kritischer Blick zeigt: Die von DOGE aufgedeckten Probleme sind nicht nur auf die USA beschränkt, sondern weisen auf ein systemisches Problem hin – eine globale sozialistische Agenda, die Steuergelder für Projekte wie «die weltweite Verbreitung des Atheismus» verwendet.
Eine neue Welle sozialistischer Politik
Schliesslich zeigte sich ein unerwartetes Phänomen. In den ersten Monaten nach Trumps Rückkehr ins Präsidentenamt kam es zu einer schnellen Abkehr von «Woke»-Richtlinien und Initiativen für Diversity, Equity und Inclusion (DEI). Die linksgerichteten Medien und die Demokratische Partei hielten dennoch an ihrem Widerstand gegen die von DOGE identifizierten Milliardeneinsparungen fest. Ein Gefühl aufkeimender Freiheit beginnt sich durchzusetzen, und die USA könnten die globale Bewegung anführen.
Doch nun hat die Einführung von Zöllen eine neue Welle des nationalen Protektionismus ausgelöst. Dieser Ansatz widerspricht nicht nur den Prinzipien eines freien Marktes, sondern erinnert auch an sozialistische Massnahmen, die im 20. Jahrhundert verheerende Folgen hatten. Wenige Wochen vor der kanadischen Wahl vertritt Mark Carney – ein Zentralbanker und enger Verbündeter des World Economic Forum (WEF) – mit seinem Streben nach Distanz zu Amerika eine Position, die den Bemühungen um mehr wirtschaftliche Freiheit diametral entgegensteht.
Die Folgen sind tiefgreifend und beunruhigend. Ein Sieg Carneys würde eine Fortsetzung der Politik der Liberalen Partei des vergangenen Jahrzehnts bedeuten, einschliesslich der gleichen, wenn nicht sogar verschärften Masseneinwanderungspolitik seines Vorgängers sowie einer verstärkten Tendenz zum Wirtschaftsprotektionismus.
Poilievre setzt sich für eine Politik des «gesunden Menschenverstands» ein und lehnt etwa die Bevorzugung sexueller Orientierung gegenüber fachlicher Kompetenz bei Einstellungen ab. Seiner Kampagne würde es allerdings helfen, wenn er sich klarer positionieren würde – insbesondere in Bezug auf die WEF-Agenda, die Risiken protektionistischer Politik und die Bedeutung vernunftbasierter Entscheidungen.
Die Lehre für Europa liegt in dem, was Kanada kontinuierlich immer wieder übersieht: Eine Gesellschaft ohne klaren wirtschaftlichen Denkrahmen und erkennbares theoretisches Fundament verliert ihre Orientierung. Kanada wird von einer politischen Elite geführt, der eine klare Vermittlung ihrer Vision fehlt, hat eine Bevölkerung mit mangelndem kritischem Denkvermögen und unterhält staatliche Institutionen wie das LCBO oder die CBC. Die Wissenschaft verharrt in einer passiven Rolle; sie beschränkt sich auf das Verfassen von Artikeln, die auf fehlerhaften ökonomischen Modellen basieren und an der Realität vorbeigehen. Diese Entwicklung Kanadas steht beispielhaft für die gesamte westliche Welt.